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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Balkwill wie eine Lehrerin, die sich beim Elternsprechtag über einen Schüler äußert.
    »Ganz und gar nicht«, betonte Derek.
    »Aber ein bisschen wundert man sich schon … Sie wissen ja, die menschliche Natur. Wie gut man jemanden überhaupt kennen kann. Das ist doch so, nicht wahr?«
    »Aber gewiss doch«, stimmte Pewe geschmeidig zu.

Im nachfolgenden Schweigen rührte Margot Balkwill in ihrem Tee. Pewe fiel auf, dass sie schon zum dritten Mal umrührte, obwohl sie gar keinen Zucker genommen hatte. »Ist Ihnen an der Art und Weise, in der Roy mit Ihrer Tochter umging, jemals etwas aufgefallen? Hat Sie etwas daran gestört? Anders gefragt, führten die beiden eine glückliche Ehe?«
    »Ich weiß nicht, ob es so einfach ist, mit einem Polizisten verheiratet zu sein. Vor allem, wenn er so ehrgeizig ist wie Roy.« Sie schaute ihren Mann an, der zustimmend nickte. »Sie war sich oft allein überlassen. Oder wurde enttäuscht, wenn er in letzter Minute zu einem Einsatz gerufen wurde.«
    »Hatte sie einen eigenen Beruf?«
    »Sandy hat ein paar Jahre in einem Reisebüro gearbeitet. Die beiden wünschten sich ein Kind, aber es klappte nicht. Der Arzt sagte ihr, sie solle sich eine nicht so stressige Arbeit suchen. Also kündigte sie und arbeitete halbtags am Empfang eines Ärztezentrums. Sie hatte gerade gewechselt, als sie …« Ihre Stimme verklang.
    »Verschwand?«
    Sie nickte, Tränen in den Augen.
    »Es war schwer für uns«, erklärte Derek, »vor allem für Margot. Sie und Sandy standen einander sehr nahe.«
    »Natürlich.« Pewe schrieb etwas in sein Notizbuch. »Wie lange haben sich die beiden um ein Kind bemüht?«
    »Mehrere Jahre«, erwiderte Margot mit erstickter Stimme.
    »Das kann eine Ehe ziemlich belasten.«
    »Keine Ehe ist jemals einfach«, meinte Derek.
    Wieder herrschte langes Schweigen.
    Margot trank von ihrem Tee und fragte dann: »Wollen Sie andeuten, es könnte mehr dahinter stecken, als man uns bisher gesagt hat?«
    »Das zu behaupten, wäre verfrüht. Ich sage einfach nur, dass die Methoden, nach denen die Ermittlungen geführt wurden, im Licht meiner neunzehnjährigen Erfahrung bei der führenden britischen Polizeibehörde zu wünschen übrig lassen. Mehr nicht.«
    »Wir verdächtigen Roy nicht«, sagte Margot Balkwill. »Sie sollten keine falschen Schlüsse ziehen.«
    »Das ist mir klar. Eines sollte ich vielleicht noch hinzufügen. Meine Ermittlung ist keine Hexenjagd. Es geht nur darum, den Fall endlich abzuschließen. Damit Sie und Ihr Ehemann nach vorne schauen können.«
    »Das hängt aber davon ab, ob unsere Tochter lebt oder tot ist.«
    »Absolut«, sagte Cassian Pewe. Er trank noch etwas Tee und fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. Dann holte er eine Visitenkarte aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. »Falls Ihnen noch irgendetwas einfallen sollte, das mir weiterhelfen kann, rufen Sie mich bitte an.«
    »Vielen Dank«, sagte Margot Balkwill. »Sie sind ein guter Mensch. Das spüre ich.«
    Pewe lächelte.
    51
    OKTOBER 2007 Abby blinzelte. Ein seltsames Surren riss sie aus dem verwirrenden Traum. Ihr Bauch tat weh. Ihr Gesicht fühlte sich taub an. Sie zitterte vor Kälte. Starrte auf cremefarbene Wandfliesen. Einen Augenblick lang wähnte sie sich in einem Flugzeug – oder war es eine Schiffskabine?
    Allmählich dämmerte ihr, dass etwas nicht stimmte. Sie konnte sich nicht bewegen. Roch Plastik, Fugenmörtel, Desinfektionsmittel.
    Dann kehrte langsam die Erinnerung zurück und eine maßlose Angst durchflutete ihren Körper. Sie versuchte, das Gesicht mit dem rechten Arm zu berühren, merkte aber, dass sie sich nicht bewegen konnte.
    Auch den Mund konnte sie nicht öffnen.
    Ihr Kopf war so weit zurückgebogen, dass ihr Nacken wehtat. Etwas Hartes bohrte sich in ihren Rücken. Der Wasserkasten. Sie saß auf der Toilette. Konnte nur geradeaus sehen und musste die Augen aufs Äußerste verdrehen, um nach unten schauen zu können. Sie bemerkte, dass sie nackt war. Graues Klebeband war um ihren Bauch, ihre Brüste, Handgelenke und Knöchel gewickelt, klebte auf Mund und Stirn.
    Sie befand sich im Gästebad ihrer Wohnung. Da waren die Duschkabine mit dem Stück teurer Seife, das noch verpackt in der Schale lag; das Waschbecken, die Handtuchstangen und die wunderschönen Wandfliesen im mediterranen Stil. Rechts von ihr befand sich die Tür zum winzigen Hauswirtschaftsraum, in dem eine Waschmaschine und ein Wäschetrockner standen. Von diesem wiederum führte eine Brandschutztür

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