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So schoen und kalt und tot

So schoen und kalt und tot

Titel: So schoen und kalt und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Withcomb
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sie sich in einem Märchen befinden, in dem nur noch die Zauberwesen fehlten.
       Nach ein paar Schritten blieb sie erneut stehen. Das Castle hatte sie schon eine ganze Weile hinter sich gelassen und nur noch schwach war der Lichtschein einiger der erleuchteten Fenster zu sehen.
       Melanie fühlte sich wie in Trance, behütet und gut aufgehoben. Eigentlich wollte sie aus diesem Zustand gar nicht mehr aufwachen, so glücklich war sie in diesem Moment. Sie vergaß alles um sich herum, den Tod der Stiefmutter, ihre unglückliche Halbschwester, die Tote im Zug und all die Ängste, die sie mitgebracht hatte. Das einzige, das jetzt zählte, war der Augenblick, und der sollte nie vergehen.
       Leises Rascheln ließ sie zusammenfahren. Sie zuckte erschrocken zusammen und schaute sich um. Doch es war nichts zu sehen. Vermutlich hatte sie es sich nur eingebildet. Dennoch spürte sie Angst in sich aufsteigen. Der Zauber war verflogen, und jetzt erst merkte sie, dass sie sich schon ziemlich weit vom Castle entfernt hatte.
       Sie hörte in den Ohren den unregelmäßigen, ziemlich raschen Schlag ihres eigenen Herzens. Er hörte sich an wie das Pochen des Schicksals, das ungnädig an die Türe klopfte, weil es Unheil bringen wollte.
       Erregt presste Melanie die rechte Hand an die Stelle, wo das Herz schmerzhaft gegen ihre Rippen pochte. Sie lauschte. Die Geräusche, die ihr eben noch vertraut erschienen, kamen mit einem Mal drohend auf sie zu. Sie wurden immer lauter, bis sie es kaum mehr ertragen konnte. Mit einem leisen Entsetzenslaut ließ sie ihren Rocksaum fallen.
       Plötzlich kam Wind auf, der den Regen von den Bäumen schüttelte. Er war kalt und brachte einen unangenehmen Geruch mit sich. Melanie schauderte. Sie wollte so schnell wie möglich zurück in ihr schützendes Zimmer.
       Bizarre Schatten huschten an ihr vorüber, kleine helle Lichtgestalten zu ihren Füßen, die im Nichts verschwanden und deren Ursprung nicht zu erkennen war. Etwas Kühles streifte über ihren nackten Arm und verschwand dann in der Dunkelheit.
       Entsetzt schlug Melanie mit der anderen Hand dagegen, als könnte sie das unangenehme Gefühl abwischen. Aber es blieb, obwohl sie kein Lebewesen spürte, dass sie gestreift haben könnte.
       Es war jetzt ganz dunkel. Warum nur hatte sie nicht auf ihre Schwester gehört, die sie gebeten hatte, um diese Zeit nicht mehr in den Park zu gehen. War sie denn verrückt geworden? Wer oder was hatte so stark ihre Sinne verwirrt dass sie nicht mehr wusste, was sie tat?
       Endlich hatte sie die Baumgruppen hinter sich gelassen. Hier war der Weg frei und sie konnte ungehindert bis zum Castle sehen. Jetzt entdeckte sie auch ein kleines Stückchen Mond, der fast ganz hinter dunklen Wolkenbergen verschwunden war.
       Niedrige Büsche waren in gespenstisches Licht getaucht, deren Äste sich durch den Wind sacht bewegten. Dann war der Mond ganz verschwunden und es war stockdunkel. Nur ein einzelnes Licht von einem der Zimmer des Castles zeigte ihr den Weg zurück.
       Einen Moment lang stand Melanie da wie erstarrt. Sie war überzeugt davon, dicht neben sich leises Atmen hören zu können. Ein fremder Geruch drang an ihre Nase und verursachte ihr unerträgliche Übelkeit. Er erinnerte sie an Aas oder an in Fäulnis übergehende Essensreste.
       Sie hielt sich eine Hand vor den Mund und begann zu laufen, so schnell sie konnte. Sie schaute weder nach rechts noch nach links, und es war ihr auch gleichgültig, dass sie einige Male fast hingefallen wäre.
       Ihr langer Rock wickelte sich um ihre Beine und hinderte sie immer wieder an ihrer Flucht. Dennoch schaffte sie es endlich, das schützende Castle zu erreichen. Sie drückte die Türklinke herunter und zu ihrer Erleichterung war die Türe nicht abgeschlossen.
       Schwer atmend stand sie in der Halle, die nur notdürftig beleuchtet war. Sie lehnte sich an die kühle Wand und presste beide Hände an die Brust. Ihr Herz schlug laut und so schnell, dass sie glaubte, es würde sich überschlagen vor Aufregung.
       Plötzlich fiel ihr Blick auf das Gemälde, das neben einer der Zimmertüren an der Wand hing und von hier aus nur schemenhaft zu erkennen war. Wie in Trance ging sie darauf zu und starrte in das schmale Männergesicht aus einem früheren Jahrhundert. Große, fast schwarze Augen waren weit aufgerissen und starrten zurück, als könnten sie sie tatsächlich sehen. Der breite Mund war ein wenig geöffnet, als würde er

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