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So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock

Titel: So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melda Akbas
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Vater, seiner Frau ein guter Freund und Liebhaber, soweit ich das beurteilen kann. Und er ist ungemein geduldig. Das Ehezimmer im Haus seiner Eltern in der Türkei, in dem sie ihre Hochzeitsnacht verbrachten, hat er dreimal gestrichen, ohne sich aufzuregen, weil Tante Hediye die ersten beiden Farben nicht gefielen.
    Aber so einen muss man erst einmal finden. Meine erste und bisher einzige Liebe hieß Batuhan. Ich fürchte, wenn ich ehrlich zu mir bin, hatte er wenige bis gar keine von den Eigenschaften meines Onkels. Aber dafür war ich damals
offenbar blind. Als ich ihm zum ersten Mal beim Bezirksschülerausschuss, das ist eine Art Schülergewerkschaft, begegnete, dachte ich nur: Wie süß! Ich war fünfzehn, hatte von Jungs keine Ahnung und auch kein Interesse an ihnen. Dachte ich.
    Bei Batuhan, den ich meistens nur Batu nannte, war das auf einmal anders. Dieser Junge irritierte mich, brachte meine Gedanken völlig durcheinander, und das nicht nur, weil er unverschämt gut aussah. Er war siebzehn, halb Türke, halb Koreaner, die schönste Mischung, die ich mir vorstellen konnte. Er hatte wunderschöne dunkle Augen, eine leicht gebräunte Haut, schwarze Haare. Sein selbstsicheres Auftreten faszinierte mich und auch, was er sagte. Er war in seiner ganzen Art ein großes Geheimnis, das die kleine Melda unbedingt ergründen wollte.
    Das schreibt sich hier so leicht hin. Aber sag einem Jungen mal, mit dem du dich unbedingt verabreden willst, dass du Türkin bist, dass deine Eltern nicht wollen, dass du einen Jungen triffst, und überhaupt voraussetzen, dass sich ihre Tochter an die Korangebote hält, keine Männer zu küssen, nicht Händchen zu halten mit ihnen, vom verbotenen Sex vor der Ehe ganz zu schweigen. Genauso gut könntest du ihm gleich ins Gesicht schreien: Verpiss dich! Such dir ein anderes Mädel, mit dem es nicht so kompliziert ist! Bei mir erwartet dich nur Ärger!
    Mancher könnte das trotzdem als Herausforderung auffassen, ein reizvolles Abenteuer darin sehen. Nur sagt mir meine Erfahrung, dass das eine sehr theoretische Annahme ist. Mir ist noch keiner untergekommen, der sich auf diese Weise angespornt gefühlt hätte. Die übliche Reaktion ist eher eine Verkrampfung vom Feinsten. Ich weiß nie, wie
ich einem Jungen von meinen strengen Eltern erzählen soll, ohne ihn zu verschrecken. Am liebsten würde ich es verheimlichen, am Anfang zumindest, damit es überhaupt zu einem Anfang kommt. Aber das fände ich ihm gegenüber unfair. Er muss selbst entscheiden dürfen, ob er sich auf ein heimliches Date einlassen will. Und mit mir sind nun mal alle Dates heimlich, sogar jetzt noch, wo ich achtzehn bin. Verrate ich es ihm aber, bekommt ein an sich harmloses Treffen von vornherein eine andere Dimension, wird ernster, irgendwie verbindlicher. Obwohl ich das selbst gar nicht so sehe, sondern einfach nur Zeit mit ihm verbringen möchte, um herauszufinden, ob er nett ist oder interessant oder vielleicht sogar beides. Wie das andere Mädchen in meinem Alter auch tun. Dabei bin ich gedanklich mindestens tausend Kilometer davon entfernt, in einer Verabredung gleich eine Eheverpflichtung zu sehen. Ganz schön verzwickt, das alles!
    Bei Batu kam ich gar nicht dazu, ihn in das Problem mit meinen Eltern einzuweihen. Wir hatten bisher nur bei den Sitzungen des Bezirksschülerausschusses miteinander gesprochen, allerdings nichts Persönliches, hätten ja alle zugehört. Ansonsten chatteten wir, das war seine Idee, aber auch irgendwie nicht die richtige Form, ihm so etwas anzuvertrauen. Prompt hatte ich ein schlechtes Gewissen, als wir uns das erste Mal allein trafen. Als wäre ich die böse Hexe, die ihn in eine Falle gelockt hatte.
    Unser erstes Date war das erste Date, das ich in meinem Leben überhaupt hatte. Ich war fünfzehn, fast sechzehn, ein knapper Monat fehlte noch. Heute kommt es mir vor, als könnte ich mich an jede einzelne Sekunde erinnern, die wir zusammen verbrachten. Wie bei einem Film, den man
so oft gesehen hat, dass man jede Szene auswendig kennt. Es war an einem Frühlingsabend, obwohl - vom Frühling war nicht viel zu spüren, wir bibberten vor Kälte. Anders sah es in meinem Bauch aus, mir war ganz heiß. Schmetterlinge flogen die wildesten Loopings. Oje, war ich nervös! Mein Herz pochte, dass ich dachte, es springt gleich heraus.
    Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete. Ich wusste nicht, wie man Händchen hält, erst recht nicht, wie man küsst. Wen hätte ich danach fragen sollen? Vor allem

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