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So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock

Titel: So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melda Akbas
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zugesagt wurden, berief die Türkische Gemeinde eine Pressekonferenz ein. Vielleicht ist das so üblich. Hacer und ich nahmen an, Kenan Kolat und seine Leute würden schon wissen, wie man so etwas anstellte. Ihre Kontakte zu den Medien schienen hervorragend. Wer da alles anrückte! Journalisten von Fernseh- und Radiosendern, von Zeitungen, deutschen und türkischen, sogar Nachrichtenagenturen waren vertreten.
    Um ehrlich zu sein: Wir hatten ganz schön Schiss. Das würde eine andere Nummer werden als die Referate in der Schule oder selbst die Präsentation vor den Frauen dieses Bundesamtes, die uns ziemlich ins Schwitzen gebracht hatte. Jetzt sollten wir gefilmt werden, und die Leute würden mitschreiben, was wir sagten. Wahrscheinlich würden sie nur darauf warten, dass uns ein Patzer unterlief. Ich hatte vorher noch nie mit Journalisten zu tun gehabt, immer nur gehört, sie würden zwar freundlich tun, aber hinterhältige Fragen stellen, um einen hereinzulegen.
    Tante Zeynep war übrigens auch mitgekommen. Sie wollte sich unseren Auftritt nicht entgehen lassen. Umso besser, wir konnten Beistand gebrauchen. Sie setzte sich in die hinterste Reihe, von da konnte sie den gesamten Raum überblicken. Es war gut zu wissen, dass sie dort saß, doch ich traute mich nicht ein einziges Mal, sie anzusehen. Sie ist ein sehr direkter Mensch und ziemlich rigoros in ihren Urteilen. Ich hatte einfach Angst, sie könnte enttäuscht sein, was ich ihrem Gesichtsausdruck sofort angesehen hätte. Und das hätte mich nur noch mehr verunsichert.
    Eigentlich guckte ich niemanden an. Ich weiß nicht, wer mir den Tipp mal gegeben hat, am einfachsten sei es, wenn man den Blick ein Stück über den Köpfen der Zuschauer
schweben ließe. So könne einen nichts irritieren, man könne sich ganz auf das konzentrieren, was man sagen wolle. Für die anderen wirke es aber, als würde man jemanden ansehen.
    Kenan Kolat hielt eine kurze Ansprache. Danach kamen wir dran, der Hauptact sozusagen. Es dauerte knapp eine Stunde, dann war sie überstanden, unsere erste Pressekonferenz. Wir waren ein bisschen erschöpft - und unendlich erleichtert. Allerdings fragten wir uns auch, warum wir so aufgeregt gewesen waren. Vielleicht gibt es Aasgeier unter den Journalisten, die vor uns gesessen hatten, mussten eher zu den handzahmen gehören.
    Natürlich flitzte ich sofort - immer noch voller Adrenalin, völlig aufgedreht - zu Tante Zeynep: »Und - wie war ich?«
    Ihr Blick hätte mich warnen müssen, Begeisterung sieht bei ihr nämlich anders aus, aber den übersah ich in der Aufregung. Sie fasste ihre Einschätzung in drei Sätzen zusammen: »Du hast zu unbestimmt geguckt. Das sah aus, als wärst du unsicher gewesen. Du hättest dir einen Punkt im Publikum aussuchen sollen, auf den du guckst …«
    Das war wieder mal typisch. Krach - bumm - bäng! Ich hätte durchaus auch etwas Positives vertragen können. Dann eben nicht.
    Trotzdem konnte ich es am nächsten Tag kaum erwarten, zu einem Zeitungsladen zu kommen. Ich kaufte gleich einen ganzen Packen deutsche und türkische Blätter, praktisch alle, von denen ich annahm, sie würden über uns berichten. Gespannt blätterte ich jede einzelne Zeitung durch, fand ich auf Anhieb nichts, noch ein zweites oder drittes Mal. Die meisten Artikel waren jedoch groß genug, dass ich
sie nicht übersehen konnte. Insgesamt entdeckte ich neun, immerhin. Und nirgends ein böses Wort. Ich schnitt alle sorgfältig aus, schrieb an den Rand, aus welcher Zeitung sie stammten, an welchem Tag sie erschienen waren, und überlegte, wo ich sie verstauen könnte. Es kam eigentlich nur ein Ordner in Frage - der, in dem ich meine wichtigsten Unterlagen aufbewahre, Geburtsurkunde, Schulzeugnisse, Zeugnisse vom Unterricht in der Moschee, Steuerkarte, Schreiben vom Finanzamt.
    Das Archivieren lenkte mich erst mal ab. Hinterher begann ich nachzudenken. Ich stellte mir vor, wie wildfremde Menschen die Artikel über uns lasen, sich die Fotos anschauten, auf denen wir abgebildet waren. Bisher kannte ich nur die andere Perspektive. Ich war mir nicht sicher, welche ich angenehmer fand. Natürlich schmeichelte es, dass wir anscheinend nicht die Einzigen waren, die unser Projekt gut fanden. Und einer schrieb über mich: »Sie will Politikerin werden. Vor Publikum sprechen kann sie schon ziemlich gut.« Darüber kann man sich auch nicht beschweren, außer vielleicht, dass ich noch gar nicht weiß, was ich werden will.
    In unserer Familie

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