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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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neben sich. »Du solltest auch reinkrabbeln. Langsam wird es echt frisch.«
    Erst jetzt merkte ich, wie ausgekühlt ich war. Zögerlich öffnete ich meine Jeans und machte sie dann gleich wieder zu.
    »Ohne Hose ist mir zu kalt«, erklärte ich verlegen.
    Und ehe Jérôme etwas darauf erwidern konnte, war ich schon in meinen Schlafsack geschlüpft.
    Eine Weile lagen wir regungslos beieinander, bis Jérômes Hände aus dem Schlafsack kamen und sich um meinen Oberkörper schlangen.
    »Warte«, murmelte ich und zog den Reißverschluss meines Schlafsacks weiter auf. Seine rechte Hand lag auf meinem Rücken, während die linke sanft über meinen Nacken strich. Mir wurde heiß. Nicht nur an den Stellen, an denen Jérôme mich berührte, sondern überall. Bis hinunter in die Zehenspitzen. Ich rückte noch näher an Jérôme heran und überlegte, ob ich es wagen sollte, meine Hände ebenfalls in seinen Schlafsack zu schieben.
    Als ob er meine Gedanken erraten hätte, küsste Jérôme meine Nasenspitze und lächelte mich an. »Schlaf gut, Anna.«
    »Du auch, Jérôme«, flüsterte ich.

12.
    Lautes Vogelgezwitscher weckte mich. Ich blinzelte und bedeckte schnell meine Augen, weil das helle Morgenlicht mich blendete. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, wo ich war.
    »Guten Morgen«, sagte Jérôme.
    Ich spreizte die Finger ein wenig und lugte durch den schmalen Schlitz hindurch. »Hi.«
    Jérôme sah mich zärtlich an. »Im Schlaf kräuselst du deine Nase.«
    »Echt?« Langsam hatten sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnt. Ich richtete mich auf, streckte die Arme in die Höhe und gähnte.
    Jérôme beobachtete mich. »Und, hast du gut geschlafen?«
    »Oh Gott, mir tut jeder einzelne Knochen weh«, stöhnte ich.
    »Und mir die Ohren«, erwiderte Jérôme spöttisch.
    Ich erschrak. »Hab ich etwa geschnarcht?«
    Jérôme grinste. »Nö, du nicht, aber die Vampire. Grausam, sag ich dir, ganz, ganz schrecklich.«
    »Du Ekel!«, schimpfte ich und wollte mich lachend auf ihn stürzen. Aber ich hatte den Schlafsack nicht bedacht, in dem ich noch immer steckte. Ungeschickt purzelte ich zur Seite.
    Jérôme lachte. »Wie ’ne alte Kartoffel.«
    Ich streckte ihm drohend den Zeigefinger entgegen. »Du solltest es dir lieber nicht mit mir verscherzen. Du weißt doch, ich beherrsche einen astreinen Würgegriff.«
    Jérôme hob beschwichtigend die Hände. »Okay, okay, du hast gewonnen. Komm, ich helfe dir aus deinem Kartoffelsack.«
    »Na gut«, sagte ich großzügig, »jeder hat eine zweite Chance verdient.«
    Jérôme versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken. »Dafür musst du mir aber etwas geben.«
    »Was denn?«
    »Das hier«, sagte er, beugte sich über mich und gab mir einen Kuss.
    Ich musste kurz daran denken, dass mein Atem bestimmt nicht der frischeste war. Aber dann hörte ich Jérômes Herz schlagen, vergrub meine Hände in seinen Haaren und hatte im nächsten Augenblick alles um mich herum vergessen.
    Als ich den Schlüssel ins Schloss steckte, war ich froh, dass Jérôme bei mir war. Im Flur strömte uns der Duft von frischem Kaffee entgegen. Ich blieb stehen. Unsicher griff ich zur Seite und suchte Jérômes Hand.
    Komischerweise beunruhigte mich diese Stille viel mehr, als wenn meine Mutter sich direkt hinter der Tür auf mich gestürzt hätte.
    Jérôme schien die Stille auch ein wenig zu irritieren. »Alles ruhig«, murmelte er. Aber dann lächelte er mir aufmunterndzu und sagte: »Ist bestimmt ein gutes Zeichen. So schlimm wird es schon nicht werden.«
    Ich nickte gelassen. Aber in mir sah es ganz anders aus. Ich war angespannt bis in die Haarspitzen. Eigentlich waren meine Eltern okay und ernsthaften Stress hatten wir bisher nie gehabt. Klar, meine Mutter und ich gerieten uns zurzeit häufiger in die Haare, weil sie mir mit ihrem Beste-Freundinnen-Getue ziemlich auf den Geist ging, aber eigentlich war das nicht der Rede wert. Nur jetzt hatte ich mir eine Sache geleistet, die meine Eltern bestimmt nicht mit einem lockeren Schulterzucken abtun würden. Da war ich mir ziemlich sicher.
    Und trotzdem bereute ich nichts. Der Abend mit Jérôme war es wert gewesen – dafür nahm ich jeden Ärger dieser Welt in Kauf.
    Ich drückte die Schultern durch, holte tief Luft und ging entschlossen Richtung Küche. Jérôme blieb dicht hinter mir.
    Als ich die Tür öffnete, setzte mein Herz für eine Sekunde aus. Claudia saß am Tisch und blickte mich aus großen Augen stumm an. Sie sah total fertig aus.
    »Mama«,

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