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Soldner

Soldner

Titel: Soldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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Dar floh in den Abend hinaus. Sie schnappte sich Donners Sattel und warf ihn auf das Hüttendach. Dann suchte sie sich einen Stein und warf ihn fest auf Donners Hinterläufe. Das Pferd ging hoch und galoppierte davon. Dar lief in die entgegengesetzte Richtung. Sie hielt erst an, als sie den Schutz eines Wäldchens erreichte.

20

    DAR VERSTECKTE SICH im Unterholz und beobachtete die Hütte. Als ihr Zorn verraucht war, überlegte sie sich den nächsten Schritt. Ihre Reaktion auf Kols Angriff war zwar instinktiv erfolgt, doch sie wusste, dass sie die Nacht nur überstand, wenn sie ihr weiteres Vorgehen plante.
    Sie hatte geglaubt, Murdant Kol werde fluchend und voller Wut aus der Hütte rennen. Doch er ließ sich Zeit, um ins Freie zu treten. Als er herauskam, war er still, was Dar beunruhigender fand als Gebrüll. Er hatte seinen Harnisch angelegt und trug einen brennenden Ast wie eine Fackel. Er war zu weit entfernt, als dass sie seinen Gesichtsausdruck erkennen konnte, doch er erweckte den Eindruck, als beherrsche er seine Gefühle. Er steckte das Rieddach in Brand, dann suchte er im Schein der Flammen methodisch den Boden ab. Als er merkte, dass der Sattel weg war, fluchte er leise. Er schaute in die Richtung, in die Donner galoppiert war, rief den Namen seines Pferdes und lauschte. Nach einer Zeit der Stille wandte er sich den Bäumen zu.
    »Dar!«, rief er. »Kannst du mich hören?«
    Dar antwortete nicht.

    »Komm raus, dann verzeih ich dir. Ich mag Frauen, die was im Kopf haben, aber sie dürfen nicht stur sein.« Er wartete ein Weilchen, dann fuhr er fort. »Wegrennen hat keinen Sinn. Die Bauern töten dich wegen des Kopfgelds.« Er hielt inne. »Sie steinigen dich oder erschlagen dich mit ihren Hacken.« Erneut wartete er auf eine Reaktion, die nicht kam. »Dies ist deine letzte Chance. Überleg es dir gut. Wie willst du ohne meinen Schutz weiterkommen? Die Männer haben sich nicht geändert. Es wird nur noch schlimmer werden, weil sie so lange warten mussten.«
    Als Dar einfiel, dass ein Söldner ihr beinahe die Nase abgeschnitten hatte, war sie kurzfristig verlockt, ihr Versteck zu verlassen. Ist der Dämon, den man kennt, nicht besser, als der Dämon, der einem fremd ist? Sie beantwortete ihre Frage mit einer anderen. Wenn Kol mich gebockt hat, wird er mich dann noch beschützen? Sie machte sich bewusst, dass er mit ihr gespielt hatte; dass dieser Abend das Ende seines Spiels markierte. Er hat Loral sitzen lassen. Warum sollte es mir besser ergehen? Sie mutmaßte, dass jede Kapitulation die erste in einer langen Reihe weiterer Kapitulationen sein würde – eine Kette, die nur der Tod beendete. Sie beschloss, dort zu bleiben, wo sie war.
    Auch Murdant Kol rührte sich eine Weile nicht von der Stelle, stand im Lichtschein der brennenden Hütte. Schließlich ging er in die Richtung, in die Donner verschwunden war. Dar war in Sicherheit, doch nur für kurze Zeit.
     
    Dar huschte unter den Bäumen davon, die die Grenze zwischen zwei Feldern bildeten. Sie nutzte die Felder als Deckung, bis sie den fernen Bauernhof sah. Die Offiziere und Soldaten hatten die Gebäude übernommen, doch die Frauen schliefen in ihrem Zelt. Die Unterkünfte der Orks lagen etwas abseits.
    Dar musterte das offene Gelände. Sie sah keine Spur von
Murdant Kol. Wenn ich Glück habe, sucht er Donner. Ich kann zu den Frauen ins Zelt gehen und mein Ersatzkleid anziehen. Trotzdem lähmte Dar eine einzige Frage: Und was dann? Die Frage hatte sie während der ganzen Flucht gequält. Sie hatte sich mehrere schreckliche Szenerien ausgemalt. Murdant Kol konnte sie für das versuchte Ziehen des Dolches auspeitschen lassen. Er konnte sie auch einfach nur vergewaltigen. Er konnte seine Männer auf sie hetzen. Nur eins erschien ihr unmöglich: dass er ihr verzieh und sie in Ruhe ließ. Eins wusste Dar: Den Frieden, den sie genossen hatte, hatte sie Murdant Kol zu verdanken. Er hatte die Rolle ihres mächtigen Beschützers gespielt. Jetzt ist er ein mächtiger Feind.
    Immer wenn sie über ihr Dilemma nachdachte, endete es damit, dass sie sich Murdant Kol stellte. Ihr war bewusst, dass er viele Vorteile hatte: Autorität, Stärke, Geschick im Umgang mit Waffen – und Männer, die seinen Befehlen gehorchten. Sie hatte nur ihren Grips. Sie brauchte bestimmt mehr als nur Grips, um Kol zu besiegen.
    Als sie darüber nachdachte, fiel ihr Blick auf das Lager der Orks. Ihr kam eine Idee. Wenn man sich gegen einen mächtigen Feind stellen will, braucht man

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