Song of Blood (German Edition)
Gesicht, sein rechtes Auge war zugeschwollen, die Nase ein Trümmerhaufen und einer seiner Fangzähne war tatsächlich ausgeschlagen. Zum Glück würde er in Kürze nachgewachsen sein. Der stechende Schmerz beim Atmen sprach für gebrochene Rippen. Gebrochen war ebenfalls sein linker Arm, den er abwehrend erhoben hatte. Und von den zahlreichen wuchtigen Tritten saß der nagende Schmerz auch im Unterleib und in den Beinen.
„Far Baxter“, zischte Cailean zornig zwischen seinen blutverschmierten Zähnen hindurch. Er war wegen Bhreacs Frust auf Far Baxter derartig zusammengeschlagen worden. Warum war Lorcan nicht eingeschritten? Warum hatte er stumm geduldet, dass Bhreac ihn so zurichtete? Cailean versuchte sich aufzurichten und sank gleich darauf wimmernd in sich zusammen. Der Schmerz war unbeschreiblich und nährte seinen Hass auf Far, auf den Eiswolf, auf den Favoriten Bhreacs. Denn nichts anderes war dieser Officer. Cailean hatte sich von Anfang an nichts vormachen lassen. Er hatte Bhreacs Zuneigung zu Far in den kastanienfarbenen Augen gesehen, obwohl Bhreac den Officer zuerst ebenfalls misshandelt hatte. Bereits vor Monaten hatte er Bhreacs Wutausbrüche wegen Far über sich ergehen lassen müssen. Und wie schnell war der Officer in ihren Rängen von einem liederlichen Sklaven zum gefürchteten Eiswolf aufgestiegen? Bittere, gallige Wut überschwemmte Cailean, und er schlug zornig mit der rechten Faust auf den Boden. Dabei stellte er fest, dass ein oder zwei Finger dieser Hand gleichfalls gebrochen waren. Oh ja, Bhreac hatte sich keineswegs zurückgehalten.
Die nächsten drei Stunden verhielt sich Cailean ganz still, ehe er sich erneut aufzurichten versuchte. Dieses Mal konnte er seine zusammengekrümmte Haltung mit einem erstickten Ächzen aufgeben und sich wenigstens gegen die Wand lehnen. Sein geschwollenes Auge ließ sich nun einen winzigen Spalt weit öffnen. Vielleicht würde er es bis zum Morgen wenigstens in sein Bett schaffen, wo er sich ganz seinen Heilkräften überlassen konnte. Zum Teufel, was würde er jetzt nicht alles für einige Schlucke frisches Blut geben! Oder besser: für Far Baxters Blut! Cailean gab tief in seiner Kehle ein zorniges, hasserfülltes Grollen von sich. Er hatte gegenüber Lorcan den Verdacht ausgesprochen, dass sich sein gefühlskalter Bruder in diesen Officer verliebt hatte. Und das Bhreac alles daran setzte, um Far – den Far, den er erst vor Kurzem in Russland so leichtfertig hatte laufen lassen – wieder zu sich zurückzuholen. Lorcan war darüber nicht gerade begeistert gewesen und hatte diese Nachricht sogar zum Anlass genommen, um persönlich nach Paris zu reisen. Eigentlich hatte er seinem Bruder wegen Far auf den Zahn fühlen wollen. Was also hatte seinen Cousin und Freund veranlasst reglos zuzuschauen, wie Bhreac ihn verprügelte? Ein unangenehmer Gedanke begann in Cailean zu keimen. Lorcan hatte kein einziges Wort gesprochen. Es war allein Bhreac gewesen, der Cailean verhört hatte, während sein Bruder wie ein demütiger Diener in der Tür stand. Ein demütiger Diener … Cailean spuckte dunkles Blut auf den Boden. Hatten sich etwa die Machtgefüge innerhalb der Sippe verschoben? Ein bleischwerer Klumpen schien sich auf seinen Magen zu legen, als Cailean diesen Gedanken weiterspann. Denn sollte mittlerweile Bhreac das stille Oberhaupt der Sippe sein und Far an seine Seite holen, wo auf der verdammten Hühnerleiter blieb dann er selbst?
***
„Er ist dein Cousin!“
In aller Seelenruhe schenkte sich Bhreac ein Glas Wein ein und hielt es prüfend ins Licht. Die Farbe, ein sattes Dunkelrot, gefiel ihm ausgesprochen gut und der etwas süßliche Geschmack traf genau seine Erwartungen. Lorcan machte Anstalten ihm das Glas wütend aus der Hand zu schlagen, aber ein Blick von Bhreac ließ ihn mitten in der Bewegung gefrieren.
„Nur zu, Lorcan. Wenn du unbedingt herausfinden willst, dass ich der Stärkere von uns beiden bin, greif mich von mir aus an. Schlag mich ruhig. Du solltest bloß daran denken, dass ich im Gegensatz zu dir nicht zimperlich bin und keine Hemmungen habe, einen Nebenbuhler aus dem Weg zu räumen. Ich nehme an, dass Vater weiterhin am Leben wäre, hätte ihn Songlian damals nicht ausgelöscht. Du bist ja viel zu feige. Oder sollte ich mich da irren?“
Lorcan zögerte einen Bruchteil zu lange. Das Glas zersplitterte am Boden, als Bhreac seinen Bruder unversehens an der Kehle packte. Würgend wich Lorcan zurück, doch Bhreac folgte
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