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Sozialisation: Weiblich - männlich?

Titel: Sozialisation: Weiblich - männlich? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Hagemann-White
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dieser Art Forschung genommen zu werden.
    Einer großen Beliebtheit erfreuen sich nach wie vor Vergleiche zum
Tierverhalten,
um die „natürlichen“ Differenzen zwischen den Geschlechtern zu beweisen.
Wittig/Petersen
(1979), deren Sammelband bewußt in Richtung auf biologische Faktoren gewichtet ist, lassen die Forschung mit Tieren als prinzipiell auf Menschen nicht übertragbar ganz außer Acht
(Petersen in Witte/ Petersen
1979, S. 198-99). Im allgemeinen hat es den Anschein, daß Tiervergleiche umso stärker herangezogen werden, je schwächer die Datenbasis für Aussagen über Menschen ist, und daß die Wahl der als vergleichbar betrachteten Tiere nach Thema schwankt.
    Besonders häufig im Bereich der Aggression werden Ratten, Katzen, Hunde und Hühner angeführt. Diese Tiere haben phylogenetisch wie im Verhalten relativ wenig mit den Menschen gemein; Verallgemeinerungen auch zwischen den genannten Tierarten untereinander wären kaum zulässig. Sie werden deshalb oft erwähnt, weil sie in großer Zahl für Laborexperimente zur Verfügung stehen. Außerdem scheint es besonders bei Ratten eine sehr niedrige Hemmschwelle gegenüber massiven Eingriffen, Verstümmelungen, Herbeiführung von Mißbildungen und Krankheiten zu geben. So werden Ratten unmittelbar nach (oder sogar vor) der Geburt kastriert bzw. werden die Eierstöcke entfernt; die intern fehlenden Hormone werden dann später eingespritzt, um die Wirkung festzustellen.
    Der Vergleich mit dem Verhalten von Tieren in freier Wildbahn beruft sich vorwiegend auf die Tierprimaten. Mehrere Strategien stehen hier zur Verfügung:
Mögliche Geschlechtsunterschiede werden nacheinander durchgenommen; der allgemeine Hinweis auf „Affen“ oder „Primaten“ wird dann bei der Nennung der Belege jeweils im Hinblick auf bestimmte Affenarten konkretisiert. Oft fehlt sogar die Bemerkung, daß der betreffende Unterschied bei anderen Affenarten nicht vorkommt. In diesen Texten werden uns abwechselnd Paviane, Makaken, Rhesusäffchen, Schimpansen, Orang Utans vorgeführt. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind bei den verschiedenen Affenarten sehr unterschiedlich ausgeprägt, sie summieren sich aber, wenn man sie alle zusammen nimmt, zu einem stattlichen Haufen. Obwohl die Daten vor allem die Unterschiedlichkeit der Geschlechterdifferenzierung unter den Primaten belegen, entsteht bei der Lektüre meist der Eindruck einer eher einheitlichen Tendenz.
Aufgrund ihrer Verfügbarkeit im Labor und wegen des Vorhandenseins einer relativ ausführlichen Literatur über sie wird ausschließlich auf Rhesusäffchen bezug genommen. Das Problem der Übertragbarkeit stellt sich hier schon bei Schimpansen, wird aber meist nicht erörtert.
Diejenigen Affen werden zum Vergleich herangezogen, deren Sozialverhalten und Lebensweise nach Meinung des Autors die größte Ähnlichkeit mit der „ursprünglichen“ Lebensweise der Menschen in Urzeiten aufweisen. Die Argumentation verläuft dann natürlich im Zirkel, da das Sozialverhalten dieser Affen nun wiederum zum Beweis für die eigentliche Natur der Menschen genommen wird. L. Tiger wählte z.B. die bodenlebenden Paviane gerade, weil deren Geschlechtsunterschiede im Verhalten denen entsprechen, die er für die „natürlichen“ Unterschiede zwischen Frauen und Männern hält. Zudem sind die im Steppenland lebenden Paviane aus weiter Entfernung beobachtbar, sodaß relativ viel über ihr Leben in freier Wildbahn bekannt ist. Th. Rowell hingegen hat waldlebende Paviane beobachtet und erheblich andere Verhaltensweisen gefunden, und zwar insbesondere hinsichtlich Dominanz, Rigidität der Sozialstruktur und männlicher Aggressivität. Umweltfaktoren scheinen selbst unter den Affen erhebliche Unterschiede im Sozialverhalten, insbesondere im Geschlechterverhältnis bewirken zu können
(Martin/Voorhies
1975, S. 134ff.;
Haraway
1978, S. 47 ff.).
Am ehesten leuchtet das Verfahren ein, die morphologisch und physiologisch den Menschen ähnlichsten Affen auszumachen und ihr Verhalten zu betrachten, wiewohl auch dieses Vorgehen allenfalls Hypothesen über den Übergang zur Menschwerdung bereichern könnte. Die Wahl muß hier auf die Schimpansen fallen, die nicht nur anatomisch den Menschen am nächsten stehen, sondern auch biochemisch: Sie besitzen zu 99 % mit dem menschlichen identisches Genmaterial
(Tanner/ Zihlmann
1976). Körperliche und verhaltensmäßige Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind jedoch bei Schimpansen recht gering. Sie werden

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