Spiel der Teufel
»Hast du die Haare schon untersucht?«
»Aber sicher doch. Eine hundertprozentige Übereinstimmung.
Wer ist die Dame?«
»Eine Informantin«, wich Santos aus.
»Das glaub ich dir sogar, aber diese Informantin hat definitiv
mit Gerd in der Kiste gelegen. Ich will ja nicht zu neugierig
sein, mich würde allerdings schon interessieren, wie ihr an die
Dame geraten seid.«
»Das fällt leider noch unter die Schweigepflicht. Wir haben ihr
zugesagt, dass wir ihre Identität geheimhalten, weil sie um ihr
Leben fürchtet. Aber es ist schon richtig, sie hatte ein Verhältnis
mit Gerd.«
»Wenn dem so ist, muss ich das wohl akzeptieren. Ging das
schon länger zwischen den beiden?«
»Du stellst vielleicht Fragen. Nein«, log Santos, »die kannten
sich erst seit ein paar Wochen. Sie hat eigentlich mit dem Fall
nichts zu tun, sie und Gerd sind sich zufällig über den Weg
gelaufen, und es war eine rein sexuelle Beziehung. Sie ist nur
ein sehr ängstlicher Typ.«
»Und wie habt ihr sie gefunden? In der Zeitung stand doch meines
Wissens nach nichts über Gerd, oder hab ich da was überlesen?«
»Zufall. Aber lass uns das Thema wechseln, denn wir wollten
uns aus einem ganz andern Grund mit dir treffen ...«
»Lasst uns erst mal die Gläser heben und den unvergleichlichen
Geschmack Irlands von uns Besitz ergreifen. Auf unser Wohl.
Cheers!«
Santos, die noch nie zuvor Whiskey getrunken hatte, nippte an
ihrem Glas, verzog den Mund und fand, dass Harms recht hatte,
es schmeckte ein wenig seltsam, ungewöhnlich. Es hatte tatsächlich
etwas von Seife, doch dieser anfängliche Eindruck verschwand
schnell, und der Whiskey nahm einen ganz eigenen,
eigentümlichen Geschmack an. Sie spürte eine angenehm wohlige
Wärme allmählich in sich aufsteigen.
»Und, hab ich zu viel versprochen?« Jürgens sah Henning und
Santos gespannt an, als würde er erwarten, dass sie gleich in
Jubelschreie ausbrechen würden.
»Sehr gut. Ist mein erster überhaupt.«
»Was, du hast noch nie ... ?«
»Nein. Ich genieße hin und wieder ein Glas Rotwein, die harten
Sachen hab ich bisher nicht an mich rangelassen. Aber der
ist gut.«
»Und du?«
»Hm.«
»Hast du was?«, fragte Jürgens und sah Henning forschend an,
der noch immer ein melancholisches Gesicht machte.
»Nee, alles bestens, ich lass nur Lisa den Vortritt.«
»Na dann, warum sind wir hier?«
»Was wir dir jetzt sagen, bleibt unter uns, es muss unter uns
bleiben, denn wir haben etwas erfahren, das fast zu unglaublich
klingt, als dass es wahr sein könnte. Wir gehen aber mal davon
aus, dass es der Wahrheit entspricht.«
Santos hielt inne, trank ihr Glas leer und drehte es zwischen
den Fingern.
»Jetzt spann mich nicht so auf die Folter«, sagte Jürgens.
»Bin gleich so weit.« Sie beugte sich ein wenig weiter nach vorn,
obwohl auch so keiner hätte mithören können, da sich nur wenige
Gäste im Pub aufhielten und dazu noch irische Musik gespielt
wurde. »Hast du schon mal was von Organhandel gehört?«
Jürgens zog die Stirn in Falten, kippte den Inhalt seines Glases
in einem Zug hinunter und gab mit den Fingern ein Zeichen,
dass er noch eine Runde bestellte.
»Hab ich, aber nur das, was man so in der Zeitung liest oder
irgendwo aufschnappt. Hat das was mit Gerd zu tun?«
»Möglich, muss aber noch verifiziert werden. Du hast also
noch nie etwas damit zu tun gehabt?«
Jürgens schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, nur davon gelesen
und gehört, aber das war auch nichts Weltbewegendes. Um welche
Dimension geht es? Nierenspender, die sich für 'n Appel
und 'n Ei eine rausschnippeln lassen?«
»Wenn's das bloß wäre!«, stieß Santos hervor. »Nieren, Herzen,
das volle Programm. Eigentlich alles, was transplantiert
werden kann.«
»Du machst mich immer neugieriger. Erzähl.«
»Es handelt sich um über tausend Menschen, vorwiegend junge,
die jährlich herkommen und als Organspender missbraucht
werden.«
Jürgens sah Santos zweifelnd an und meinte: »Moment, du
sprichst von lebenden Menschen?«
»Ja.«
»Aber ohne ein Herz oder eine Leber kann keiner überleben.«
»Das ist es ja. Das funktioniert wie ganz normaler Menschenhandel, nur mit dem Unterschied, dass hier Endstation ist. Final
Destination Kiel. Das Prinzip ist das gleiche wie zum Beispiel
bei Zwangsprostituierten - verlockende Versprechen, ein
Studienplatz in Berlin oder anderswo, eine gute Gastfamilie
oder Adoptiveltern, eben die übliche Palette.«
»Und woher
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