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Splitterfasernackt

Splitterfasernackt

Titel: Splitterfasernackt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Lindner
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schlägt er mich und drückt mich zu Boden. Während er eine Hand um meinen Hals schließt, blicke ich an ihm vorbei in Richtung Tür.
    Flucht.
    Freiheit.
    Davonkommen.
    »Denk nicht einmal daran!«, raunt er, und seine Faust trifft mein Gesicht, bis ich Blut schmecke. Ich blinzele. Das schwache Licht verändert sich. Etwas streift sanft über meine rechte Hand. Ich blicke auf. Es ist das kleine Mädchen, das sich Schritt für Schritt, ganz fest an die Wand gepresst, um mich herum tastet, während der Saum seines Erdbeerkleides für einige Sekunden meine Fingerspitzen berührt. Es läuft weiter, ich lausche dem leisen Geräusch, das seine Schritte auf dem steinernen Kellerboden verursachen, und sehe zu, wie es sich schließlich lautlos zwischen zwei Mülltonnen zwängt und dort versteckt.
    Bestimmt hält es sich die Ohren zu und summt ein Lied vor sich hin, überlege ich mir. Wenn er weg ist, wird es zu der Tür gehen und sie öffnen. Es wird rennen, so weit, bis niemand es mehr halten kann. Und es wird lachen. Für mich.
    Das flüstern meine Gedanken.
    Obwohl ich es besser weiß.
    Obwohl ich weiß, dass das kleine Mädchen längst nicht mehr existiert, dass ich der Teil von ihm bin, der noch da ist und sonst nichts. Also muss ich selbst am Ende diese Tür öffnen. Oder ich muss für immer im Dunkeln bleiben.
    Mein Blut schmeckt metallisch. Salzig. Warm und kühl zugleich. Ich versuche mich darauf zu konzentrieren. Ich spüre seine Hand zwischen meinen Beinen, ich blicke hinauf zu der dunklen Kellerdecke.
    Vielleicht schlägt er mich tot, überlege ich.
    Vielleicht schlägt er mich tot, hoffe ich.
    Vielleicht schlägt er mich tot, weine ich.
    Und dann wird alles schwarz.
     
    Als ich wieder aufwache, lebe ich noch. Aber woher weiß man das, wenn man es nicht weiß. Also bin ich tot. Oder auch nicht. Das denke ich, während ich nichts mehr denken kann und mein leerer Kopf mich durch wundersame Art zum Aufstehen bewegt, meine Beine kontrolliert und mich wie einen ferngesteuerten Roboter stolpernd die Treppen hinaufwanken, die Tür aufschließen und mich mit zerfetzter Kleidung in die Badewanne fallen lässt.
    Weiß jemand, wie es sich anfühlt, in der Badewanne ein Floß zu bauen, so groß, dass ein kleines Haus darauf Platz hätte? Also kein richtiges Haus, nur ein winziges, in dem man schlafen oder sich verkriechen kann, wenn man es möchte? Weiß jemand, wie das ist, die Wellen in der Badewanne gegen das Floß schaukeln zu spüren, während man sich darauf zusammenrollt, die Holzplanken unter sich spürt, das leichte Hin-und-herSchwanken wahrnimmt, ohne es bemerkenswert zu finden, weil man eigentlich gar nichts mehr merkt und nur mit leeren Augen den Horizont anstarrt, auf den man zufährt, ganz egal, was dort auch ist. Nur weg, weit weg. Das zählt, nichts anderes. Weiß jemand, wie sinnlos es ist, in der Badewanne seinen Verstand zu verlieren, sich selbst auf einem Floß dümpeln zu sehen, während das Wasser um einen herum sich blutrot verfärbt, und der Horizont nichts weiter ist als der verdammte Badewannenabfluss?
    »Du hast ihn mit hereingelassen«, sagt das Floß zu mir, bevor es gurgelnd im Abfluss verschwindet.
    »Ja«, flüstere ich.
    »Alles ist so rot«, sagt das Floß aus dem Abfluss heraus.
    »Das bin ich«, erwidere ich.
    »Du«, sagt das Floß, »du – bist überhaupt nichts.«
    »Was für eine Schande«, murmele ich.
    »Du sagst es«, erwidert das Floß.
    Dann kommt der Punkt, an dem ich begreife, dass man sich nicht mit Flößen unterhält.
    Schade, denke ich, denn es war schön.
    Stille.
    Dröhnend.
    Sie tut weh.
    Das Wasser ist zu heiß.
    Also drehe ich es eiskalt auf. Meine Haut wird blau, aber sie ist sowieso schon blau. Und gelbgrün. Ich bin ein Alien. Wenn ich in den Spiegel gucke, bin ich bestimmt jemand anders. Ob mir meine Stimme fremd sein wird? Ich öffne den Mund, um es auszuprobieren.
    »Wozu?«, frage ich mich und schließe ihn lautlos wieder.
    Schweigen.
    Wasserrauschen.
    Plätschern.
    Kälte.
    Dann huste ich Blut. Es fließt zum Horizont. Dem Floß hinterher.
    Ich taste an meinem Körper herum. Warum fühle ich nichts? An meinem linken Oberschenkel ist irgendetwas, ich streiche mit eisigen Fingerspitzen darüber, aber sie sind zu taub, um etwas zu spüren. Also muss ich hingucken. Es dauert merkwürdig lange, bis das, was ich sehe, in meinem Kopf ankommt.
    Ich habe Zeit, überlege ich mit einer schwindligen Gelassenheit, während ich warte.
    Dann sehe ich eingeritzte Striemen

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