Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau

St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau

Titel: St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
dachte die junge Frau mit Blick auf die tiefen Linien in seinem Gesicht. Manche seiner Falten schienen einem alten Mann zu gehören. In diesem Moment verspürte sie einen großen Zorn auf Lyndon St. Leger. Wie konnte jemand in seinem Schmerz nur so selbstsüchtig sein? »In den Tagen, in denen es ihm noch besser ging, hat Papa anderen geholfen und sogar einige Dörfler oder den Reverend zu sich vorgelassen, wenn sie seine Hilfe benötigten. Meine Vater besaß nämlich eine besondere Gabe dafür, verlorene Dinge aufzuspüren. Nur an eines schien er sich nie erinnern zu können - wo er seinen Sohn abgelegt hatte.«
    Anatole hatte sich tatsächlich an einem Scherz versucht, konnte jedoch nicht einmal sich selbst damit erheitern. Madeline sah ihn als Junge vor sich, wie er einsam durch die Schatten geschlichen war und eine Verantwortung hatte tragen müssen, die für ihn viel zu groß gewesen war. Und so sehr er auch darauf gewartet haben mochte - die Tür zur Bibliothek hatte sich nie für ihn geöffnet. Am liebsten hätte sie ihm die Arme um die Hüften gelegt und ihm gesagt, wie gut sie ihn verstand. Doch sie befürchtete, dass sie damit alles kaputt gemacht hätte. So legte sie nur eine Hand auf seine Faust.
    Anatole starrte auf ihre Finger, als sei eine solche Geste ihm vollkommen fremd. Zu ihrer Überraschung schob er plötzlich seine Finger zwischen die ihren. »Madeline, ich«,- er verzog das Gesicht - »zur Hölle, ich habe mich schon sooft bei Euch entschuldigen müssen, dass man meinen könnte, ich verstünde mich mittlerweile besser darauf.
    Also, wegen letzter Nacht...«
    Er verstummte wieder, und die junge Frau errötete, weil die Erinnerung daran noch zu frisch war. »Mir tut, glaube ich, alles Leid. Auch, Euren französischen Freund hinausgeworfen zu haben. Ja, ich war eifersüchtig auf ihn, ich habe eben keine Manieren, und gestern war der schlimmste Tag von allen. Auf Gesellschaften habe ich mich nie wohl gefühlt, und das merkt man mir sicher auch deutlich an.«
    »Geht mir genauso.«
    Er sah sie verdutzt an.
    »Das stimmt. Ich habe diesen unseligen Hang, immer das Falsche zu sagen. Nicht nur von Eurer Tafel bin ich weggeschickt worden, Mylord.
    Und ich wollte gestern Abend ganz bestimmt nicht Eure Familie beleidigen. Und Mr. Fitzleger erst recht nicht.«
    »Das ist nicht so wichtig.«
    »Doch. Ihr habt Euch bereits Euren Verwandten entfremdet, und ich habe alles nur noch schlimmer gemacht. Niemals hätte ich das sagen dürfen, was ich über den Brautsucher und sein Tun von mir gegeben habe.«
    »Warum nicht? Ist doch bloß eine närrische Sage aus alter Zeit. Die meiste Zeit glaube ich ja selbst nicht daran.« Eigentlich hätte das Madeline erfreuen sollen, endlich ließ ihr Gatte von seinem Aberglauben ab. Doch warum erfüllten sie diese Worte mit Trauer?
    »Manchmal muss auch der vernünftigste Mensch auf der Welt feststellen, dass er sich wünscht, eine Sage könne wahr werden«, murmelte sie.
    Anatole nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. Ihr Herz reagierte ganz und gar nicht rational darauf. »Vielleicht haben wir uns nur nicht genug angestrengt«, sagte er. »Manchmal braucht wohl auch eine alte Geschichte ein wenig Hilfe von den Sterblichen.«
    »Mag sein. Aber Ihr müsst zugeben, dass uns das nicht gerade leicht fallen dürfte, wenn ich in der Bibliothek sitze und Ihr zu oft in eine Welt verschwindet, in die ich Euch nicht folgen kann.«
    »Ich wünschte, ich könnte Euch meine Welt zeigen, Madeline. Hier gibt es noch so viel, das Ihr nicht gesehen habt.«
    »Wie der alte Teil der Burg?«
    »Nein, der nicht. Ich meine vielmehr mein Land. In diesem Land findet man mehr Energie und Magie als in den Gebeinen meiner Vorfahren. Der Nebel rollt über die Hügel wie Dampf aus dem Kessel eines Zauberers. Oder das Meer während eines Gewitters. Ihr solltet den Schaum sehen, der dann wie eine Herde von Schimmeln heranstürmt. Oder die Klippen im Mondschein ...«
    Sie hatte ihn noch nie mit solcher Leidenschaft reden hören. Doch mittendrin brach er ab. »Ich muss mich wie ein Idiot anhören. Tut mir Leid, aber ich verstehe mich nur schlecht darauf, gewisse Dinge in Worte zu kleiden.«
    »Aber nein, Ihr vermögt das wunderbar!« Das Auge eines Malers, die Worte eines Dichters und das Aussehen eines Kriegers - eine verlockende Kombination. »Fahrt doch bitte fort.«
    »Wahrscheinlich wäre es besser, ich würde Euch das alles zeigen.«
    »Das hätte ich ja gern, aber dann müsstet Ihr unendlich

Weitere Kostenlose Bücher