Star Trek - New Frontier 03 - Märtyrer
fanden, das sich irgendwie benennen ließ. Er wusste einfach, dass er diesen »Kriegerinstinkt« besaß. Vielleicht war es nur die Fähigkeit, eine Situation überblicken zu können und instinktiv zu wissen, dass etwas nicht stimmte, um dann entsprechend zu reagieren. Möglicherweise handelte es sich um eine Art Psi-Phänomen. Oder es war einfach nur Glück. Wenn jemand ständig misstrauisch war (wie es bei Calhoun zutraf) und bereits mit vielen Personen zu tun gehabt hatte, die einen töten wollten (wie es bei Calhoun zutraf), war es völlig natürlich, dass man anschließend sagte: »Aha! Ich hatte so ein Gefühl, dass etwas passieren würde!«
Ganz gleich, was der Grund oder die Ursache sein mochte – Calhoun war besorgt, dass auf diesem Fest eine Gefahr lauerte. Er konnte nicht genau sagen, woher sie kommen würde; so exakt funktionierte sein Instinkt nur selten. Aber in diesem Fall empfand er eine nicht näher definierbare Anspannung. Vielleicht hatte Shelby doch recht gehabt, und es wäre das Klügste, zum Schiff zurückzukehren. Aber etwas in ihm sträubte sich gegen diesen Gedanken. Er hatte sich den Mund fusselig geredet. Er hatte gedroht, gepredigt, beschwichtigt, aber in erster Linie war er mit äußerster Zuversicht vorgegangen. Es kam ihm einfach nicht richtig vor, wenn er jetzt den Schwanz einzog und sich davonmachte, nur weil er plötzlich schwache Nerven bekam. So etwas ging gegen seinen Stolz.
Etwas, das Shelby bereits viele Male zu ihm gesagt hatte, ging ihm durch den Kopf: »Hochmut kommt vor dem Fall.«
Dann spürte er, dass sich jemand an seiner Seite aufhielt. Er blickte sich um und sah Si Cwan. Cwan schien ihn mit einer Mischung aus Missbilligung und Belustigung zu beobachten. »Ich bin mir nicht völlig sicher, Captain, ob Commander Shelby mit Ihrem Verhandlungsstil einverstanden wäre.«
»Es ist auch nicht
meine
allgemein übliche Vorgehensweise, LordCwan«, erwiderte Calhoun. Ein Kellner brachte ihm ein großes Glas Wein. Er schnupperte prüfend daran, nahm einen winzigen Schluck, und schien von dem Geschmack keineswegs begeistert zu sein. Er stellte es beiseite. »Im aktuellen Fall haben die Bewohner dieser Welt mir eine beträchtliche Macht in die Hände gelegt, weil sie mich auf eine ganz spezielle Weise wahrnehmen. Hier gibt es sehr viel zu tun, sehr viele Mauern zu überwinden. Manchmal versuche ich einfach, um die Mauer herumzugehen. In anderen Fällen muss ich mich unter der Mauer hindurchgraben. Diesmal jedoch …«
»Wollen Sie direkt
durch
die Mauer brechen.«
»Genau. Eine klare und einfache Strategie …«
»Die einen großen Trümmerhaufen hinterlassen wird.«
»Dieses Volk braucht dringend Hilfe, Cwan.«
»In diesem Punkt kann ich Ihnen nicht widersprechen, Captain. Aber Commander Shelby hat recht: Wir müssen sehr vorsichtig vorgehen. Wenn Sie Ihre Macht als Heiland einsetzen, um die notwendigen Veränderungen mit brachialer Gewalt zu erzwingen, besteht die Gefahr, dass die Zondarianer von Ihnen abhängig werden und danach nichts mehr aus eigener Kraft bewegen können.«
»Ich hoffe inständig, dass Sie sich in diesem Punkt irren, Cwan«, entgegnete Calhoun. »Es ist schon schlimm genug, dass die Besatzung der
Excalibur
von mir abhängig ist – auch wenn sich das bei einem Job als Captain kaum vermeiden lässt.«
Er ließ den Blick über die Menge der Feiernden schweifen. »Schauen Sie sie an, Si Cwan. Die Leute sind glücklich. Sie können wieder hoffen. Und dafür sind wir verantwortlich. Spielt es eine Rolle,
wie
wir sie dazu gebracht haben?«
»Ja«, antwortete Si Cwan ohne Zögern.
»Ich möchte Sie an etwas erinnern, Cwan, nämlich an die Tatsache, dass Ihre Hände in dieser Angelegenheit nicht unbedingt die saubersten sind. Es war Ihr Volk, das den Zondarianern einen Waffenstillstand aufgezwungen hat, indem es einen Teil der planetaren Geografie in die Luft jagte. Die Thallonianer haben einen Präzedenzfallgeschaffen. Wenn ich in dieser Tradition weiterarbeiten muss, um zu erreichen, was wir erreichen wollen, dann bin ich vielleicht nicht glücklich damit, aber ich werde es tun.«
»Da wäre ich mir nicht sicher, Calhoun.«
»In welcher Hinsicht?«
»Dass Sie damit nicht glücklich sind. Ich glaube vielmehr, dass das genaue Gegenteil der Fall ist.« Als er sich vorbeugte, roch Calhoun seine leichte Alkoholfahne. Si Cwans Zunge war an diesem Abend allem Anschein nach gelöster als sonst. »Unter uns gesagt: Ich halte Sie für einen verdammten Mistkerl,
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