Steirerkind
dieses Thema anzusprechen und ihn damit auch noch aufzuziehen. Was hatte sie sich dabei nur gedacht?, rügte sie sich selbst. Offenbar färbten Bergmanns Angewohnheiten auf sie ab. Es war wirklich höchste Zeit für einen Urlaub.
Die nächsten 40 Minuten ließ sie sich von Julius berieseln, während sie das deftige Erdäpfelgulasch genoss, das ihre Lebensgeister wieder wecken sollte.
Kein Wunder, dass ihr Freund beim Radio gelandet war. Seine Stimme klang nicht nur sexy, er hatte auch stets unterhaltsame Themen parat, mit denen er seine Zuhörer zu fesseln vermochte. Auch im Privatleben.
Dennoch war Sandra nach dem Essen hundemüde. Da half auch der Espresso nichts, den sie sich ausnahmsweise genehmigte.
*
Pünktlich um 14 Uhr schleppte sich Sandra in die KT, um mit Manfred Siebenbrunner die Daten, die seine Leute ausgewertet hatten, zu besprechen. Dass sie dabei nicht einschlief, grenzte an ein Wunder, zumal sie nicht wesentlich mehr erfuhr, als sie schon von Miriam wusste. Wenigstens war Siebenbrunner diesmal etwas besser gelaunt als bei ihrer letzten Begegnung am Steirischen Bodensee. Sandra war trotzdem heilfroh, dem staubtrockenen Kriminaltechniker nach 40 Minuten wieder den Rücken kehren zu können. Gegen diesen verdorrten Frosch war Bergmann der reinste Prinz. So gesehen hatte sie ja noch Glück im Unglück mit ihrem direkten Vorgesetzten. Und mit der entzückenden Miriam sowieso.
Als Sandra ihr Büro betrat, stand der Chefinspektor mit verschränkten Armen hinter der jungen Kollegin am Schreibtisch und blickte wie diese aufmerksam auf deren Bildschirm. Am Ton aus den Lautsprecherboxen erkannte Sandra, dass sich die beiden die Aufzeichnung der Pressekonferenz anschauten, die die Presseabteilung inzwischen zum Download bereitgestellt hatte. Sandra hörte mit einem Ohr hin, während sie sich dem Papierkram zuwandte, den sie zu erledigen hatte, bis Bergmann die Einvernahmen für den nächsten Tag besprechen wollte.
»Den Wirten sollten wir ganz besonders genau unter die Lupe nehmen«, meinte er.
»Warum? Gibt’s dafür einen konkreten Grund?«, fragte Sandra.
Bergmann nickte.
»Tobias Autischer hat mir auf Anraten seines Anwalts eine alte, hoch interessante Geschichte erzählt.«
»Ach ja? Und zwar welche?«, fragte Sandra.
Bergmann griff zu Bleistift und Spitzer. Wieder einmal schien es dem Chefinspektor einen Heidenspaß zu bereiten, seine Kolleginnen ein wenig auf die Folter zu spannen, ehe er mit den Neuigkeiten herausrückte.
Kapitel 5
Donnerstag, 7. Februar 2013
Im Verhörraum erkundigte sich Sandra als Erstes, wie es Jakob und Jonas ging und erfuhr von deren Mutter, dass die beiden Buben wohlauf waren. Keine Spur von Alpträumen oder auffälligem Verhalten, versicherte ihr Astrid Knobloch.
»Stimmt es, dass Sie mit Roman Wintersberger ein Verhältnis hatten?«, kam Bergmann ohne Umschweife zur Sache, kaum dass sie Platz genommen hatten.
Die Fischerwirtin zog Farbe auf.
»Mein Gott, ja«, stammelte sie und räusperte sich verlegen. »Das ist doch schon eine Ewigkeit her. Roman war meine große Jugendliebe«, gab sie mit leiser Stimme zu.
»Die wie lange genau gedauert hat?«, hakte Bergmann nach.
»Ich war 19, als das mit Roman begonnen hat. Gekannt haben wir uns schon länger. Schluss gemacht hab ich mit ihm, nachdem ich meinen heutigen Mann kennengelernt hab. Das muss drei Jahre später gewesen sein.«
»Sie haben uns also eine dreijährige intime Beziehung mit dem Mordopfer verschwiegen«, fasste Bergmann zusammen.
»Wieso denn verschwiegen? Ich dachte nicht, dass diese Beziehung von Bedeutung für Sie wäre. Sie ist doch schon seit zehn Jahren beendet.«
»Es geht uns auch weniger um Ihre Beziehung zum Mordopfer«, erklärte Bergmann. »Vielmehr interessiert uns zum Beispiel, wie Ihr Mann zu Ihrem Ex-Geliebten stand.«
Astrid Knobloch seufzte und verschränkte ihre Finger, beide Ellenbogen auf die Tischplatte gestützt.
»Mein Bruder hat es Ihnen also erzählt … Das war ja zu erwarten gewesen.«
»Ja, davon durften Sie ausgehen«, sagte Bergmann. »Immerhin sitzt er in der JVA und hat genügend Zeit, über alles Mögliche nachzudenken. Da fällt einem bestimmt so Einiges wieder ein. Auch, dass Ihre Beziehung zu Roman Wintersberger noch nicht beendet war, als sie bereits mit Ihrem Mann zusammen waren.«
Astrid Knobloch atmete tief ein und blies die Luft hörbar wieder aus. Sie löste ihre Finger und ließ die Hände unter der Tischplatte
Weitere Kostenlose Bücher