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Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dibdin
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calabresi non sanno fare squadra. Tutto lì! Sie können nicht im Team spielen, deshalb sind sie dazu verdammt, immer nur sinnlos rumzujammern und sich darüber zu beklagen, dass die staatlichen Zuwendungen, von denen sie leben, nicht ausreichen.«
    Als wollte er diese These beweisen, machte Giovanni Sforza den Kellner mit einem lauten »Eh!« auf sich aufmerksam und zeigte dann mit einem Finger auf den Brotkorb und die Weinkaraffe. Kurz darauf waren beide wieder gefüllt.
    »Siehst du?«, sagte Sforza. »Rumkommandieren und Schlagen ist die einzige Sprache, die sie verstehen.«
    »Du hörst dich an wie einer von diesen Rassisten, die ein unabhängiges Padanien ausrufen wollen«, erwiderte Zen.
    »Ich bin kein Rassist, ich bin Realist«, erklärte Sforza milde. »Ein Rassist glaubt, dass eine bestimmte ethnische Gruppe aufgrund einer angeborenen Schwäche niemals richtig leistungs- und konkurrenzfähig sein kann. Das glaube ich nicht. Ich behaupte nur, dass die Kalabrier einfach nicht leistungs- und konkurrenzfähig sind, obwohl ihnen jede Chance dazu gegeben wurde. Sieh dir doch im Vergleich dazu die Iren an. Sie haben jahrhundertelang unter sehr ähnlichen historischen und wirtschaftlichen Bedingungen gelebt, trotzdem ist ihr Land heute pro Kopf eines der reichsten und der erfolgreichsten Länder in Europa.«
    Zen wollte nicht über Irland reden. Eigentlich wollte er überhaupt nicht reden, aber Giovanni hatte ihn zum Mittagessen eingeladen, und es wäre unhöflich gewesen abzulehnen. Sforza war ein übergewichtiger, melancholischer Mann aus Bergamo, der offen zugab, dass er seinen derzeitigen Posten als stellvertretender Questore in Cosenza nur wegen der damit verbundenen Beförderung angenommen hatte. Er und Zen waren in fast allen wichtigen Dingen einer Meinung und gestanden sich taktvoll zu, in allen weniger wichtigen Dingen anderer Meinung zu sein.
    »Jetzt hab ich aber genug herumgeschimpft«, sagte Sforza, worauf Zen wieder einfiel, weshalb er ihn mochte. »Wie läuft denn der Fall Newman?«
    »Die Entführer haben sich immer noch nicht gemeldet, aber ich bin auf etwas möglicherweise Wichtiges gestoßen. Der ursprüngliche Name des Opfers war gar nicht Newman.«
    Sforza war erkennbar bemüht, Interesse zu zeigen. »Tatsächlich? Wie hieß er denn? Mickymaus? Arnold Schwarzenegger?«
    »Pietro Ottavio Calopezzati. Er wurde hier in der Provinz Cosenza geboren.«
    Sforza zuckte mit den Schultern. »In den beiden Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg hat der Süden mehr Männer durch Emigration verloren als das gesamte Land durch diesen Krieg.«
    »Die Tatsache ist in dreifacher Hinsicht bedeutsam«, erwiderte Zen. »Erstens hat er in Bezug auf seine Identität gelogen, selbst seinem Sohn gegenüber. Lügen ist immer bedeutsam, weil wir von Natur aus die Wahrheit sagen. Zweitens befinden sich die Dokumente über den Erwerb seiner amerikanischen Staatsbürgerschaft in einer Akte, die als ›Verschlusssache, nur für den Dienstgebrauch‹ gekennzeichnet ist. Und schließlich waren die Calopezzatis früher einmal die reichsten Grundbesitzer hier in der Gegend. Vielleicht hast du schon mal von ihnen gehört.«
    Sforza schüttelte den Kopf. »Na und? Das latifondo -System ist genauso überholt wie die Leibeigenschaft in Russland. So weit von uns entfernt, dass wir uns sogar ein bisschen Nostalgie erlauben können. Falls du mal rüber an die Ostküste fährst, sieh dich ein bisschen im Marchesato um. Dann wird dir sofort klar, dass der einzig gangbare Weg, diese Mondlandschaft wirtschaftlich zu nutzen, im zentralisierten Weizenanbau in großem Umfang und zu niedrigen Arbeitslöhnen besteht.«
    Zen lachte. »Du klingst ein bisschen sentimental, Giovanni. Wählst du nicht etwa doch heimlich die Lega Nord?«
    Sforza wischte diese Unterstellung mit einer entschiedenen Handbewegung vom Tisch, doch um seine Augen lag ein Lächeln. »Du kennst doch die alte Redensart - einmal Kommunist, immer Kommunist.«
    »Du glaubst also immer noch an das marxistische Credo: ›Jedem nach seinen Bedürfnissen‹?«
    »Absolut.«
    »Tja, meine Bedürfnisse bestehen im Augenblick unter anderem darin, eventuelle Überlebende des Calopezzati-Clans ausfindig zu machen und so viel wie möglich darüber zu erfahren, wo sie sich während des Krieges aufgehalten haben und was sie gemacht haben. Kannst du mir dabei helfen?«
    »Ja, aber ich muss eine rauchen. Lass uns diese Schweine hier bezahlen und in ein Café gehen.«
    Sie fanden ein geeignetes

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