Sternenstürme
Australien wünschte, dann würde ihm das als Belohnung gewährt. Und wenn er in einem Anwesen mit vielen Dienerinnen zu residieren wünschte, würde Sar-Say auch das arrangieren. Sobald er seinen rechtmäßigen Platz als Meister der Erde eingenommen hatte, vermochte er ein Füllhorn an Wohltaten über seine Helfer auszuschütten und den anderen Leuten zu zeigen, dass Kooperation sich in klingender Münze auszahlte.
Aber das war noch Zukunftsmusik. Das aktuelle Problem bestand darin, dass er nur mit dem Versprechen zukünftigen Reichtums kein Sternenschiff chartern konnte. Und er hatte den Eindruck, dass Heinz für diese Aufgabe überhaupt nicht geeignet war. Als ein interstellarer Kaufmann verhandelte Heinz mit Schiffsagenten und anderen
Vermittlern, jedoch nie direkt mit Kapitänen oder Mannschaften von Sternenschiffen.
Also schlug Sar-Say ihm vor, ein möglichst hohes Darlehen aufzunehmen und notfalls sogar eine Hypothek auf sein Geschäft. Wenn er das Darlehen – das er freilich nicht zurückzuzahlen gedachte – erhalten hatte, sollte Heinz mit einem Sternenschiffs-Kapitän den Transport von Werkzeugmaschinen und Delikatessen zu irgendeiner Kolonie vereinbaren, die der Kapitän auf seinem nächsten Flug ansteuern würde.
Die Ladung sollte aus vakuumdichten Versandbehältern bestehen, von denen Heinz einen modifizieren würde, um Sar-Say an Bord des Sternenschiffs zu schmuggeln. Dieser Behälter würde über eine Sauerstoffversorgung und ein Kühlsystem verfügen, das für ein paar Tage mit einer geringen Ausfallwahrscheinlichkeit funktionierte.
Heinz würde zusammen mit ein paar Komplizen einen Flug mit dem Sternenschiff buchen. Sobald es in den Überlicht-Bereich gewechselt hatte, würde Heinz unter einem Vorwand in den Laderaum gehen, Sar-Say befreien und die Waffen an sich nehmen, die in den anderen Behältern eingeschmuggelt worden waren. Mit dieser Bewaffnung sollte es dann kein Problem mehr sein, die Kontrolle über das Schiff zu übernehmen.
Handelsschiffe waren weitgehend automatisiert. Das bedeutete, dass sie die Nahrungsmittelvorräte auf der jahrelangen Reise zu strecken vermochten, nachdem sie sich der anderen Passagiere und der Besatzung entledigt hatten.
Sar-Say hatte auch keine Skrupel, Heinz diese letzte Maßnahme zu unterbreiten.
Nachdem er Heinz den Plan dargelegt hatte, kratzte der sich am stoppelbärtigen Kinn und sagte: »Es wird aber viel mehr Geld erforderlich sein, als ich von der Bank beschaffen kann, um die ganze Sache durchzuziehen.«
»Was schlagen Sie vor?«, fragte Sar-Say. »Ich kenne einen Typen, der Schwarzgeldgeschäfte und Geldwäsche im großen Stil betreibt. Er ist aber teuer.«
»Ob dieser Mann auch gern eine Milliarde Kredite für die Unterstützung meiner Flucht einstreichen würde?«
»Sicher«, sagte der Geschäftsmann. »Wer würde wohl eine Milliarde Mücken ausschlagen?«
Sar-Say machte die Geste der Zustimmung. »Beschaffen Sie erst mal das Geld, und dann sprechen wir noch einmal darüber, wie viele Leute wir brauchen.«
20
Die Blockade von Boston erfolgte in der Abenddämmerung, nachdem das Bataillon der Friedenstruppen den Ring um die Stadt geschlossen hatte. In früheren Jahrhunderten wäre ein solcher Einschließungsring wegen der zersiedelten Vorstädte unmöglich gewesen.
Die Informationsrevolution hatte das Gesicht der Stadt und der Welt jedoch verändert. Die Menschen brauchten Ellbogenfreiheit.
Die meisten Städte waren nun kommerzielle Inseln in einem Meer des offenen Raums mit einer sehr geringen Bevölkerungsdichte. Ganze Städte waren während der jahrhundertelangen Diaspora verschwunden, und das Land war in seinen Naturzustand zurückversetzt oder in Ackerland umgewandelt worden.
Trotz mancher Kassandrarufe – wie schon beim Verschwinden der landwirtschaftlichen Familienbetriebe im Lauf des zwanzigsten Jahrhunderts – hatte praktisch jeder von der Ausdünnung der Vorstädte profitiert. Und falls es erforderlich wurde, einen großen Hafen wie Boston zu
sperren, vermochte man zumindest eine Linie um die Stadt zu ziehen, die alle Einwohner umfasste.
Bei der Suche nach Sar-Say kamen auch noch andere Techniken zur Anwendung. Wegen der Unruhen, die im Lauf der Zeit stattgefunden hatten – Aufstände, Streiks, Terroranschläge –, wurde jede Stadt auf der Erde unablässig von Kameras mit sich überlappenden Erfassungsbereichen überwacht. Diese hatten den Angriff in der Fußgängerzone aus drei verschiedenen Winkeln aufgenommen.
Vier
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