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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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stehend darin hätte verstecken können. Es fühlte sich an, als würden wir uns durch ein geteiltes Meer bewegen, so dass man nicht allzu weit sehen konnte. Nur die breite Straße ermöglichte uns, gut voranzukommen. Zwischen dem Raumhafen und dem Meer würde es schwieriger werden. Die gefiederten Spitzen des Grases waren knochentrocken, aber die Stängel waren feucht und immer noch grün. Später, wenn der Winter anbrach, würden Blitze die Ebene in Brand setzen. Dann wälzte sich eine helle Feuerwalze durch das Gras und bereitete die Saat auf die Keimung im Frühjahr vor. Das Feuer erhielt die Monokultur auf der Ebene, denn unter diesen Bedingungen konnten hier keine Bäume Fuß fassen. Nur gelbes Gras, hohes Gras, scharfes Gras, silbriges Gras, Peitschengras und Insekten, Nagetiere, Gebras, Schlangen und Tatzenkatzen.
    Wir brauchten eine Stunde, um den Raumhafen zu erreichen. Vier Quadratkilometer Beton schirmten die Gebäude vor den jährlich wiederkehrenden Flächenbränden ab. Genau im Zentrum befanden sich zwei kleine Häuser, drei Hangars und ein Brunnen. Zuckerweizen trötete, und Sprinter hielt an. Wir holten Joseph ein und ritten gemeinsam zur Wasserquelle. Ich stieg ab und wischte Staub und tote Motten aus dem Metalltrog. Dann betätigte ich die Pumpe, in der Hoffnung, dass die Station noch funktionierte. Klares Wasser lief in die aufgeschnittene längliche Röhre. Die Gebras tauchten ihre Nasen hinein und tranken mit schlürfenden Zügen, während wohlige Laute aus ihren Kehlen drangen. Auch wir tranken, aber aus einem Trinkwasserhahn in der Nähe. Dazu kauten wir salziges Djuri-Dörrfleisch und rissen Stücke von einem gemeinsamen Brotlaib ab.
    Wir ritten über die Betonfläche und machten eine Inventur der Schäden. Zwei lange Risse hatten sich an einer Ecke aufgetan. Ein Spalt war einen halben Meter breit. Wenn er nicht vor dem nächsten Frühling repariert wurde, wuchs er mit Gras zu, das den Beton weiter auseinandertreiben würde.
    Das Wichtigste war jedoch, dass die drei noch übrigen Raumfähren von der Weltenreise sicher in einem der Hangars standen. Sie wurden von der Kolonie benutzt, um mindestens einmal pro Jahr nach dem Mutterschiff zu sehen. Tom war einer der zehn ausgebildeten Piloten. Obwohl sie in tadellosem Zustand zu sein schienen, lief er um alle Fähren herum und berührte sie vorsichtig, indem er die Hand über den Rumpf gleiten ließ.
    Als Nächstes überprüften wir das Wachhaus. Niemand wohnte dort, abgesehen von gelegentlichen Jagdgruppen oder der Bodenmannschaft für die Raumfähren. Der letzte Start lag nun schon fast ein Jahr zurück. Von außen schien das Haus in Ordnung zu sein. Drinnen entdeckten wir einen Riss im Ofenrohr und zerbrochenes Geschirr.
    Während Tom die Scherben aufsammelte, machte ich mich mit Hüpfer auf den Weg zur Neuen Schöpfung . Sie stand aufrecht auf einer eigenen kleinen Freifläche, etwa hundert Meter vom eigentlichen Raumhafen entfernt, wie ein dicker runder Silberstab mit sich verjüngender Spitze. Hüpfers Hufe knirschten auf der toten Zone, einem Kreis rund um das Schiff, wo selbst nach zweiundzwanzig Jahren nur spärliches Gras wuchs.
    Die Neue Schöpfung ragte über mir auf, zwanzigmal so hoch wie ich. Die Metallhülle des Schiffs glänzte – auch das ein Mysterium nach so viel Zeit, so viel Regen, Sturm und Feuer. Im Schiffsrumpf gab es nirgendwo ein Anzeichen für eine Tür. Ich legte eine Hand auf die Urne an meinem Gürtel und empfand plötzlich einen doppelten Verlust. Therese und Steven hatten meine ersten Eltern besiegt, aber ich hatte sie alle geliebt. Ich verstand nicht, warum es diesen Krieg gegeben hatte, warum die Fremonter »reine« Menschen sein mussten. Warum wollten sie nicht stärker und schneller sein – so wie wir? Die Neue Schöpfung erinnerte mich daran, dass Joseph und ich anders waren, und das weckte meine Sehnsucht nach meinen ersten Eltern und nach Chiaro, die sich um uns gekümmert hatte, während sie für uns kämpften.
    Die Vergangenheit der Neuen Schöpfung beinflusste die Art und Weise, wie die Menschen uns jetzt behandelten, sie war eine Verkörperung der unterschwelligen Ängste der Kolonisten. Das Schiff war der Grund, warum die Menschen regelmäßig den Himmel beobachteten. Die Zukunft war schwerer zu erkennen als die Gegenwart. Würden die Modifizierten irgendwann zurückkehren, um uns zu holen? Selbst wenn meine Eltern noch lebten, würde ich sie jetzt, zwölf Jahre später, überhaupt noch

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