Sterntaler: Thriller (German Edition)
Spencer zu sprechen? Ah so, dann lassen Sie mal hören. Das ist sicher interessant.« Es war keine Spur von Ironie in ihrer Stimme.
Er räusperte sich. »Vor zwei Jahren verschwand ein Mädchen namens Rebecca Trolle…«
»Die Sie jetzt tot aufgefunden haben?«
»Genau. Wir fragen uns, ob Rebecca und Spencer vielleicht in Kontakt zueinander standen. Fällt Ihnen dazu irgendetwas ein?«
Wie zum Teufel sollte ihr da etwas einfallen? So wie er die Worte aussprach, hörte er selbst, wie dämlich es klang.
»Spencer und ich haben uns nie darüber ausgetauscht, wen wir getroffen haben.«
Er starrte sie an, ohne zu verstehen, was sie meinte.
»Nein, natürlich, aber…«
»Es war so: Spencer und ich hatten eine klare Vereinbarung über die Freiheiten in unserer Ehe. Wie genau wir uns entschieden, diese Freiheiten einzusetzen, darüber haben wir nicht miteinander gesprochen.«
Peder war sich lange nicht so dumm vorgekommen. »Ich glaube, wir missverstehen einander«, sagte er. »Was ich wissen wollte, war, ob Spencer als ihr Tutor oder Ansprechpartner fungierte.«
»Woher soll ich das wissen? Da müssten Sie seine Kollegen fragen.«
»Natürlich«, beeilte sich Peder zu sagen. »Aber ich dachte, dass er Rebeccas Namen vielleicht hier zu Hause genannt haben könnte, oder…«
»Niemals.«
Peder sah auf und nahm durch das Fenster hinter Eva Lagergren eine Bewegung wahr. »Da steht ein junger Mann in Ihrem Garten.«
»Das ist ein Freund. Der kann dort stehen und warten.«
Sie lächelte etwas schief, was ihn erröten ließ.
Ein Freund? Der jünger war als Peder?
Eines war klar. Die Eheleute Lagergren zogen übereinstimmend keine Partner in ihrem eigenen Alter vor.
»Erinnern Sie sich an eine Konferenz in Västerås im Frühling 2007? Im März?«
Sie zog die Augenbrauen zusammen und dachte nach. »Nicht so ohne Weiteres. Wir sind beide in jenem Frühling viel gereist. Spencer besuchte zahlreiche Konferenzen, ich erinnere mich nicht an alle.«
Peder lächelte und erhob sich. »Dann will ich Sie mal nicht länger aufhalten.«
»Kein Problem.«
Sie gingen zurück zur Eingangstür. Die Wände waren weiß gestrichen und mit großen Kunstwerken geschmückt.
»Eine Sache noch«, sagte er.
Sie drehte sich zu ihm um.
»Haben Sie, als Sie noch mit Spencer verheiratet waren, jemals Gerüchte vernommen, dass er mit einer seiner Studentinnen… Probleme gehabt hätte?«
»Sie meinen, im Sinne von sexueller Belästigung?«
Peder war wieder peinlich berührt.
Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Nicht ein einziges Mal. So etwas würde Spencer nicht tun. Das hat er nicht nötig. Weder zum Erhalt seiner Machtposition noch zur Bestätigung seines Ego.«
Direkte Antworten hatten etwas Befreiendes. Peder dankte ihr dafür, dass sie sich Zeit für ihn genommen hatte, und erinnerte sie noch einmal daran, mit niemandem darüber zu sprechen, dass er sie aufgesucht hatte.
Als er aus der Einfahrt zurücksetzte, sah er den jungen Mann, der im Garten gestanden und gewartet hatte, zur Tür gehen und klingeln. Er hatte Blumen unter dem Arm, und Peder kam nicht umhin, einen Anflug von Neid zu empfinden.
35
DAS LEHRBUCH LAG AUFGESCHLAGEN VOR Malena Bremberg, doch sie sah nicht, was darin stand. Sie wünschte sich, der Tag würde schnell vorübergehen. Am besten sollte die ganze Woche, die vor ihr lag, sich in Luft auflösen. Sie hatte einfach keine Kraft mehr. Seit seinem Anruf hatte das Leben seinen Glanz verloren. Sie wusste nicht, was er wollte, und sie verabscheute Thea Aldrin, die alles zu begreifen schien, sich aber dennoch weigerte, ihr Wissen zu teilen. Wenn er noch einmal anrief, dann würde sie die Alte zwingen zu sprechen. Um jeden Preis.
Das Telefon klingelte nach dem Mittagessen. Am Vormittag hatte es auch schon geklingelt, gleich nachdem sie es wieder eingesteckt hatte, aber da hatte sie einfach nicht rangehen können. Wenn er es war, der wieder anrief, diesmal mit unterdrückter Nummer, dann würde sie auflegen.
Doch er war es nicht. Verwählt.
Verwählt.
Trotzdem pochte ihr Herz so laut, als wäre sie zehn Kilometer gerannt.
Sie schloss die Augen und stützte den Kopf in die Hände. Wie lange würde sie noch durchhalten? Wie lange würde sie sich noch so komisch verhalten können, wie sie es jetzt tat, ehe einer ihrer Freunde fragen würde, was mit ihr los war? Ehe ihre Familie reagieren würde?
Am schwierigsten war es, sich gegen den Blick ihres Vaters zu wappnen. Der verlangte am hartnäckigsten eine
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