Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
nicht ›denke dasselbe ‹, sondern ›denke das andere ‹. Denke ein bisschen anders, denke eine Menge anders, denke anders. ›Think differently‹ hätte für mich den Sinn nicht getroffen.«
Um die Stimmung aus Der Club der toten Dichter heraufzubeschwören, wollten Clow und Jobs Robin Williams bitten, der Geschichte seine Stimme zu leihen. Dessen Agent sagte, dass Williams keine Werbung mache, woraufhin Jobs versuchte, direkt mit ihm zu sprechen. Am Telefon meldete sich Williams’ Frau, die ihn aber nicht mit dem Schauspieler reden lassen wollte, weil sie wusste, wie überzeugend Jobs sein konnte. Auch Maya Angelou und Tom Hanks kamen in die engere Wahl. Bei einer Benefizgala mit Bill Clinton im Herbst jenes Jahres nahm Jobs den Präsidenten beiseite und bat ihn, Hanks anzurufen und zu überreden. Der Präsident verwahrte sich jedoch gegen dieses Ansinnen. Letzten Endes übernahm Richard Dreyfuss die Aufgabe, ein Apple-Fan mit Leib und Seele.
Zusätzlich zu den Werbespots im Fernsehen schufen sie eine der unvergesslichsten Kampagnen in der Geschichte der Printmedien. Auf jeder Werbeseite war immer nur ein Schwarz-Weiß-Porträt einer historischen Kultfigur zu sehen, nur mit dem Apple-Logo und dem Slogan »Think Different« in der Ecke versehen. Das Besondere daran war, dass es keine Bildunterschrift unter den Porträts gab. Einige von ihnen – Einstein, Gandhi, Lennon, Dylan, Picasso, Edison, Chaplin, King – erkannte man natürlich sofort. Aber bei anderen stutzten die Leute, kramten in ihrem Gedächtnis und fragten manchmal sogar Freunde nach den dazugehörigen Namen: Martha Graham, Ansel Adams, Richard Feynman, Maria Callas, Frank Lloyd Wright, James Watson, Amelia Earhart.
Der größte Teil dieser Kultfiguren waren Jobs’ persönliche Vorbilder. Sie zählten zu den kreativen Personen, die Risiken eingegangen waren, sich über Niederlagen hinweggesetzt und ihre Karriere aufs Spiel gesetzt hatten, indem sie Dinge auf andere, unkonventionelle Weise angegangen waren. Als begeisterter Fotograf vergewisserte sich Jobs selbst, dass es die perfekten Kultporträts waren. »Das ist nicht das richtige Bild von Gandhi«, blaffte er Clow einmal an. Clow erklärte ihm, dass das berühmte Foto von Margaret Bourke-White, das Gandhi am Spinnrad zeigt, Time & Life Pictures gehöre und für gewerbliche Nutzung nicht zur Verfügung stehe. Jobs rief Norman Pearlstine an, Chefredakteur von Time Inc., und piesackte ihn, eine Ausnahme zu machen. Die Nächste auf seiner Anrufliste war Eunice Shriver, die ihre Familie überreden sollte, ein Bild ihres Bruders Bobby Kennedy auf einer Wanderung durch seine geliebten Appalachen freizugeben. Mit Jim Hensons Kindern redete er persönlich, um das richtige Bild von dem verstorbenenErfinder der Muppet Show zu bekommen.
Auch Yoko Ono bat er um ein Bild ihres verstorbenes Mannes John Lennon. Sie schickte ihm eines, aber es war nicht sein Lieblingsbild. »Bevor die Kampagne startete, war ich in New York. Ich ließ sie wissen, dass ich in dieses kleine japanische Restaurant gehen würde, das ich sehr mag«, erinnerte er sich. Als er eintraf, kam sie an seinen Tisch. »Das hier ist besser«, sagte sie und übergab ihm einen Umschlag. »Ich dachte, ich würde Sie hier treffen, und habe es mitgebracht.« Es war das berühmte Foto von ihr und John im Bett mit Blumen in der Hand – es war das Bild, das Apple letztendlich verwendete. »Ich kann verstehen, warum John sich in sie verliebt hat«, sagte Jobs später.
Das Einsprechen des Textes mit Richard Dreyfuss lief gut. Dann aber kam Lee Clow mit einer anderen Idee daher. Wie wäre es, wenn er, Jobs, das Voice-Over selbst übernähme? »Du bist davon wirklich überzeugt«, so Clow. »Du solltest es machen.« So kam es, dass Jobs in einem Aufnahmestudio saß, ein paar Probeaufnahmen machte und bald darauf eine Audioaufnahme produziert wurde, die jeder gut fand. Der Hintergedanke dabei war, dass, sollte die Aufnahme verwendet werden, niemand etwas über die Identität des Sprechers erfahren sollte, genauso wie die Bilder der Kultfiguren keine Bildunterschriften hatten. Irgendwann würden die Leute schon herausfinden, dass es Jobs war. »Deine Stimme wird die Macht dahinter vermitteln«, so Clow. »Es ist ein Weg, die Marke wieder zurückzuerobern.«
Jobs konnte sich nicht entscheiden, ob sie die Version mit seiner Stimme nehmen oder bei der von Dreyfuss bleiben sollten. Schließlich nahte der Abend, an dem der Spot geliefert werden musste.
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