Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
ausstöpseln müsse, um die Inhalte mehrfach nutzbar zu machen. »Die Synchronisation dieser Geräte treibt uns in den Wahnsinn«, sagte er unter großem Gelächter. »Aber wir haben eine Lösung. Das ist unsere nächste große Erkenntnis. Wir werden Personal Computer und Mac auf die Ebene eines einfachen Geräts zurückstufen und den digitalen Knotenpunkt in die Cloud verlagern.«
Jobs war sich der Tatsache bewusst, dass seine »große Erkenntnis« eigentlich nicht wirklich neu war. Er machte sogar Scherze über den vorherigen Versuch von Apple: »Vielleicht denken Sie, warum sollte ich denen glauben? Sie waren doch diejenigen, denen ich MobileMe zu verdanken habe.« Im Publikum war nervöses Lachen zu hören. »Lassen Sie mich Ihnen eins sagen: Das war nicht unsere Sternstunde.« Als er dann iCloud vorführte, konnte die Optimierung überzeugen. Mails, Kontakte und Kalendereinträge wurden sofort synchronisiert. Dasselbe traf auf Apps, Fotos, Bücher und Dokumente zu. Den größten Eindruck machten die Deals, die Jobs und Eddy Cue mit den Plattenfirmen ausgehandelt hatten (im Gegensatz zu Google und Amazon). Apple würde 18 Millionen Songs auf seinen Cloud-Servern haben. Wenn man irgendeinen davon auf seinen Geräten oder Rechnern hatte – egal, ob gekauft oder illegal kopiert –, würde Apple den Zugriff auf eine hochwertige Version davon auf allen Geräten ermöglichen, und zwar ohne den Zeitaufwand und die Mühe, alles auf die Cloud hochzuladen. »Es funktioniert einfach alles«, sagte Jobs.
Und wie immer war es das einfache Konzept, alles nahtlos ineinander zu integrieren, das Apples Wettbewerbsvorteil ausmachte. Microsoft hatte für Cloud Power seit mehr als einem Jahr geworben. Drei Jahre zuvor hatte sein legendärer Software-Chefarchitekt, Ray Ozzie, das Unternehmen aufzurütteln versucht: »Unser angestrebtes Ziel ist, dass jeder Nutzer für seine Medien und seine Geräte nur eine Lizenz braucht, um auf seine Medien zugreifen und sie nutzen zu können.« Aber Ray Ozzie verließ Microsoft Ende 2010, und die Bestrebungen des Unternehmens im Bereich Cloud-Computing verliefen, was die Geräte der Endkunden betrifft, im Sande. 2011 boten sowohl Amazon als auch Google Cloud-Dienste an, aber keines der beiden Unternehmen verfügte über die Möglichkeit, Hard- und Software sowie die Inhalte einer Reihe von Geräten zu integrieren. Apple hingegen kontrollierte sämtliche Ablaufschritte. Alles wurde für ein absolut umfassendes Zusammenwirken entwickelt: Geräte, Computer, Betriebssysteme und Anwendungssoftware sowie Vertrieb und Speicherung von Inhalten.
Natürlich funktionierte das alles nur dann reibungslos, wenn man ein Gerät von Apple benutzte und sich nicht aus dem geschützten Apple-Umfeld entfernte. Das führte zu einem weiteren Vorteil für Apple: Kundenbindung. Wenn man erst einmal begonnen hatte, iCloud zu nutzen, würde es schwierig werden, auf ein Kindle- oder Android-Gerät umzusteigen. Für Musik und andere Inhalte gäbe es keine entsprechende Synchronisation, womöglich funktionierte gar nichts. Es war der Höhepunkt dreier Jahrzehnte, in denen man offenen Systemen aus dem Weg gegangen war. »Wir haben überlegt, ob wir einen Musik-Client für Android entwickeln sollten«, erzählte Jobs mir eines Morgens beim Frühstück. »Wir haben iTunes auf Windows untergebracht, um mehr iPods zu verkaufen. Ich sehe aber nicht, was es bringen sollte, unser Musik-App auf Android bereitzustellen – außer natürlich, dass es Android-User glücklich machen würde. Und ich möchte Android-User nicht glücklich machen.«
Ein neuer Campus
Als Jobs dreizehn Jahre alt war, hatte er sich Bill Hewletts Telefonnummer herausgesucht und ihn angerufen, um ihm ein Bauteil abzuschwatzen, das er für einen Frequenzzähler benötigte, den er gerade zu bauen versuchte. Im Endeffekt ergatterte er einen Ferienjob bei Hewlett-Packard. Im selben Jahr kaufte HP ein Stück Land in Cupertino, um seine Abteilung für Taschenrechner auszubauen. Wozniak arbeitete dort und entwickelte an diesem Standort den Apple I und den Apple II außerhalb seiner regulären Arbeitszeit.
Als HP 2010 beschloss, sein Gelände in Cupertino aufzugeben, das nur einen guten Kilometer östlich von Apples Firmensitz »One Infinite Loop« lag, kaufte Jobs ohne großes Aufsehen das Gelände und das angrenzende Grundstück. Er bewunderte Hewlett und Packard für ihr langlebiges Unternehmen, und er war stolz darauf, für Apple das Gleiche erreicht zu haben.
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