Stille Kuesse sind tief
Leidenschaft auch ein sicherer Hafen sein konnte? Die Antworten auf diese Fragen kannte er nicht – und er war sich auch nicht sicher, ob er das Risiko eingehen wollte, es herauszufinden.
10. KAPITEL
„Ich gehe zu Fuß“, sagte Annabelle grinsend. Sie hatte bereits einen Margarita getrunken. Wenn sie noch einen bestellte, würde sie bestimmt beschwipst sein, aber sie waren schließlich hier, um zu feiern.
„Rafe kommt nachher, um mich abzuholen“, sagte Heidi glücklich seufzend und hob ihr leeres Glas. „Also kann ich noch einen trinken.“
„Ich gehe auch zu Fuß“, murrte Charlie. „Obwohl ich beleidigt bin, dass du überhaupt fragst.“
„Hab ich doch gar nicht“, widersprach Jo, die an ihrem Tisch stand, offensichtlich amüsiert. „Ich habe einfach nur gesagt, dass es heute Abend die Mini-Tacos gibt, die ihr alle so gern mögt, und dass ich euch noch eine Runde Margaritas bringen könnte. Da war nicht einmal die Andeutung einer Frage.“
„Du bist, seit du verliebt bist, ziemlich selbstgefällig“, beschwerte Charlie sich.
Jo beugte sich vor. „Der Sex ist großartig. Solltest du auch mal probieren.“
Hastig wandte Charlie sich ab, aber nicht schnell genug, sodass Annabelle den Anflug von Schmerz entdeckte, der sich in den Augen ihrer Freundin spiegelte. Jo wusste natürlich nichts von Charlies schwieriger Vergangenheit – von der Vergewaltigung, die ihr bei einer Verabredung widerfahren war, und dem Gespött, das sie anschließend noch zusätzlich hatte erdulden müssen.
Heidi war der Blick auch nicht entgangen, und sie lächelte Jo strahlend an. „Wir wissen, dass du immer gut auf uns aufpasst. Glaub mir, das schätzen wir durchaus. Noch eine Runde, bitte, und diese köstlichen Tacos nehmen wir natürlich auch. Ich denke, zwei Portionen müssten genügen.“
„Gern.“ Jo kritzelte die Bestellung auf ihren Block. „Toastet ihr noch immer die Ziege?“
Heidi zuckte zusammen. „Ich gehe mal davon aus, dass du meinst, ob wir noch immer auf sie anstoßen.“
„Na klar. Ich weiß doch, dass du deine kostbaren Tiere nicht rösten würdest.“
„Wusstet ihr, dass Ziegenfleisch weltweit die beliebteste Bezugsquelle von Tierprotein ist?“, fragte Annabelle.
Entsetzt riss Heidi die Augen auf. „Das hast du nicht gerade wirklich gesagt.“
„So traurig es ist, es stimmt“, erwiderte Annabelle. „Tut mir leid. Das ist eine von diesen absurden Fakten, die ich mir merken kann. Ich glaube, ich habe das mal bei Oprah gehört.“
„Ich vermisse Oprah“, warf Heidi ein.
„Sie ist schon betrunken.“ Jo klang nicht gerade begeistert. „Und das nach nur einer Margarita … Bei euch Mädels werde ich wahrlich nicht reich.“
„Ich bin nicht betrunken. Höchstens ein wenig beschwipst. Da besteht ein großer Unterschied.“
Jo schüttelte nur den Kopf und ging zur Bar. Als die drei Freundinnen wieder allein waren, wandte Heidi sich an Charlie.
„Die Bemerkung mit dem Sex hatte keine Bedeutung“, sagte sie leise.
„Ich weiß.“ Charlie nahm ihr Glas und trank den Rest Margarita aus. „Normalerweise reagiere ich gar nicht auf so was. Aber heute ist das irgendwie anders. Bin wohl schlecht drauf in der Beziehung.“
„Das liegt an Persephone“, stellte Heidi fest. „Die Sache mit dem Baby.“
„Ich liebe deine Ziege, aber sie hat keinen Einfluss auf mein Leben.“
„Vielleicht aber Montanas Baby“, meinte Annabelle. „Ich jedenfalls höre schon ein leises Ticken.“
„Ich auch“, gab Heidi zu.
„Ja, aber du hast einen Mann“, erinnerte Annabelle sie. „Einen Mann, der dich liebt und heiraten will. Ich vermute mal, dass ihr bereits über Kinder gesprochen habt.“
„Haben wir.“ Heidi sah überglücklich aus. „Ich weiß nicht, womit ich es verdient habe, so viel Glück zu haben, aber ich bin wirklich dankbar. Und du hast doch Shane.“
Wenn Annabelle gerade getrunken hätte, hätte sie sich bestimmt verschluckt. „Shane und ich sind nicht zusammen. Wir sind nur Freunde.“
Charlie verdrehte die Augen. „Du kannst sagen, was du willst. Damit machst du niemandem etwas vor.“
„Er bringt mir nur das Reiten bei.“
„Na klar.“
Annabelle wusste, dass sie die Sache mit dem Sex nicht mehr leugnen konnte. Schließlich hatte sie ihren Freundinnen erzählt, was passiert war. Das Ganze hatte sich schnell herumgesprochen und Shane ziemlich viel Ärger eingebrockt. Zu der Zeit war sie wütend und verletzt gewesen, daher hatte es ihr nichts ausgemacht, es ihm
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