Stimmen der Angst
haben bereits gegessen. Und wir haben noch eine Menge zu tun, bevor die Nacht zu Ende geht.«
Martie legte Valet die Leine an, worauf sich die beiden Hunde zum Abschied noch einmal gegenseitig am Hinterteil beschnupperten.
An der Haustür zögerte Dusty kurz. »Dr. Closterman …«
»Sagen Sie Roy zu mir.«
»Vielen Dank. Roy, ich kann zwar nicht sagen, ob unsere Lage weniger prekär wäre, wenn ich mich von Anfang an auf mein Gefühl verlassen und mich nicht dauernd der Paranoia bezichtigt hätte, aber zumindest wären wir vielleicht einen kleinen Schritt weiter.«
»Paranoia«, sagte Brian, »ist in diesem neuen Jahrtausend das sicherste Zeichen für einen gesunden Geist.«
»Also … so paranoid es auch klingen mag«, fuhr Dusty fort, »ich habe einen Bruder, der in einer Entzugsklinik ist. Bereits zum dritten Mal. Das letzte Mal war er auch in der Klinik, wo er jetzt wieder ist. Als ich gestern dort weggefahren bin, hatte ich plötzlich ein beunruhigendes Gefühl, so eine paranoide Ahnung …«
»Um welche Klinik handelt es sich?«, fragte Closterman.
»Die New-Life-Klinik. Kennen Sie sie?«
»Die in Irvine. Und ob. Ahriman ist einer der Teilhaber.«
Die große, herrische Figur an Skeets Fenster vor Augen, sagte Dusty: »Hätte ich mir denken können. Gestern wäre ich über diese Information noch überrascht gewesen … heute nicht mehr.«
Nach der behaglichen Atmosphäre in Clostermans Haus schlug ihnen die Januarnacht kalt und schneidend entgegen. Heulende Windstöße rissen schmutzige Schaumfetzen von der Wasseroberfläche des Hafens und trieben sie über die Inselpromenade.
Valet zog an seiner straff gespannten Leine, und seine Besitzer beeilten sich, mit ihm Schritt zu halten.
Kein Mond. Keine Sterne. Keine Gewissheit, dass ein Morgen dämmern würde, und kein Bedürfnis zu sehen, was er wohl bringen mochte.
59. Kapitel
Keine Lichter erloschen, kein Vorhang ging auf, keine Vorschau auf kommende Sensationen kündigte Martie diesmal den Beginn der Vorstellung an, als von einer Sekunde auf die andere Bilder von toten Priestern mit nageldurchbohrten Köpfen und Szenen von offensichtlich schlimmerer Natur über die Leinwand des Multiplex-Kinos flimmerten, das im gespenstischsten Viertel ihres Bewusstseins angesiedelt war. Mit einem schrillen Schrei fuhr sie im Beifahrersitz auf, als wäre ihr eine fette, mit heruntergefallenem Popcorn und Eiskonfekt gemästete Kinoratte über die Füße getrippelt.
Diesmal war es kein allmähliches Hineingleiten in die Panik, kein langsames Abrutschen auf einer langen Rampe der Angst: Mitten in einer Unterhaltung über Skeet, mitten im Satz, stürzte Martie in eine tiefe Schlangengrube des Entsetzens. Einmal scharf einatmen, zwei harte kehlige Laute, und dann sofort das Schreien. Sie wollte sich nach vorn beugen, wurde aber durch den Sicherheitsgurt daran gehindert. Die Riemen, die sie festhielten, erschreckten sie fast ebenso sehr wie die Bilder in ihrem Kopf, vielleicht deshalb, weil in ihren blutigen Visionen so viele Fesselungen vorkamen: Ketten, Stricke, Hand- und Fußschellen, festgenagelte Köpfe und Hände. Zu panisch, um sich klar zu machen, was das für ein Ding war, das sie in ihrer Bewegungsfreiheit hinderte, zerrte sie mit beiden Händen an den Nylongurten, ohne sich an den Öffnungsmechanismus zu erinnern.
Sie befanden sich auf einer breiten, wenig befahrenen Straße, und Dusty zog den Wagen scharf über mehrere Fahrspuren nach rechts an den Rand. Mit quietschenden Reifen kam er auf einem Teppich aus trockenen Nadeln unter einer mächtigen Pinie zum Stehen, die sich dem stürmischen Wind entgegenstemmte.
Als er sich zu Martie beugte, um ihren Sicherheitsgurt zu lösen, wich sie vor ihm zurück und kämpfte noch verzweifelter und noch aussichtsloser gegen dessen Fessel an, während sie gleichzeitig nach Dusty schlug, um ihn von sich fern zu halten. Es gelang ihm trotz ihrer Gegenwehr, den Verschluss zu finden und zu öffnen.
In ihrer Hektik verhedderte sie sich zuerst in dem Gurt, doch dann schlüpfte sie heraus und ließ ihn zurückschnellen. Die gewonnene Bewegungsfreiheit brachte ihr keine Erleichterung. Valet winselte ängstlich auf dem Rücksitz, während die Schreie, die sie in zunehmender Panik ausstieß, in krampfhaftes Würgen übergingen.
Diesmal hatte sie etwas im Magen, und als sie sich in ihrer Not zusammenkrümmte, wurde aus dem trockenen Würgen fast Erbrechen. Sie zwang sich, von Ekel geschüttelt, den Mageninhalt wieder
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