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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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schicklich für Debütantinnen. Sie hatte nicht gewusst, was für ein Geräusch es machte, wie übelkeiterregend das Knirschen klang, das Aufspritzen von Blut.
    Der Mann sackte zu Boden.
    »Verdammter Herrgott!« Alex schüttelte seine Hand, und einen konfusen Moment lang dachte sie, er klage über den Schmerz. Bis er sie an den Schultern packte und grob zu sich herumdrehte. »Hör auf damit«, sagte er. Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    Er stieß einen tiefen Laut aus, und weil er sie so abrupt losließ, deutete sie ihn als Abscheu. »Komm«, knurrte er. »Wir müssen eine Droschke auftreiben.«
    Da ihnen Barrington auf den Fersen war, erschien es ratsam, weder in einem der besten noch in einem der zweitbesten Hotels abzusteigen. Und auch die durchschnittlichen Hotels schieden aus diesem Grund aus. Eigentlich kam überhaupt kein Etablissement mit einem guten Namen infrage. Nachdem sie in Nizza die Kutsche verlassen hatten, folgte Gwen Alex durch ein Gewirr von Straßen, die vom Zentrum wegführten. Schließlich gelangten sie in ein Viertel, in dem die französischen Fahnen nicht fröhlich aus den Fenstern flatterten, sondern in zerschlissenen Streifen von rostigen Fahnenstangen hingen. An einer Ecke blieben sie stehen, wo Alex einen in einem Hauseingang schlafenden Jungen wachrüttelte und ihn in schnellem Französisch fragte, wo man ein Bett für die Nacht finden könne. Der Junge sah aus, als wolle er nicht antworten, zeigte sich dann aber zugänglicher, nachdem er seinen Napoleon bekommen hatte. »Madame Gauthier«, sagte er und rappelte sich hoch, nachdem er ihnen versprochen hatte, ihnen gegen eine weitere Münze den Weg zu zeigen.
    Gwen machte sich auf eine sehr schäbige Unterkunft gefasst. Und Madame Gauthiers ungepflegte Erscheinung – sie öffnete die Tür in einem fleckigen Morgenrock, das Haar unter einem Tuch verborgen – vermittelte auch kein größeres Zutrauen. Aber nachdem sie einen Krug Wasser von einem Regal genommen hatte, führte die Frau sie über einen ansprechenden kleinen Hof mit weiß getünchten Mauern und Kakteen, die die Ränder säumten, und präsentierte ihnen dann ein Zimmer, das zwar karg, aber sauber war: ein Bett, groß genug für zwei; ein Nachttopf; eine Waschkommode; ein Krug und Gläser. Die Wände waren rissig, aber weiß wie Marmor.
    Als sich die Tür hinter ihrer Gastgeberin geschlossen hatte, sank Gwen auf das Bett. »Glaubst du, dass wir hier sicher sind?«
    Alex legte den Riegel vor, dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Tür und fixierte Gwen mit einem kalten Blick. »Vorläufig.«
    Sie blinzelte. Alex sah sie an, als wolle er sie für die Exekution abschätzen – seine Augen waren schmal und glitzernd, sein Kinn so hart angespannt, dass es fast ein perfektes Rechteck bildete. »Bist du … wütend?«, fragte sie verwirrt.
    »Ob ich wütend bin?« Sein Mundwinkel verzog sich. Es war ein Lächeln, das sie nie wieder hatte sehen wollen. »Was meinst du wohl, Gwen?«
    »Ich kann mir keinen einzigen Grund denken –«
    »Keinen
einzigen
Grund?« Er holte hörbar Luft. »Von deiner dummen Heldentat auf dem Rasen einmal abgesehen – du bist mit ihm in dieses Zimmer gegangen. Mit Barrington.« Jedes Wort traf sie, war wie ein Splitter aus Eis. »Du bist allein dorthin gegangen, mit einem Mann, von dem du wusstest, dass ich ihm nicht traue.«
    Erstaunen lähmte sie für einen kurzen Moment. Und dann brach sie in ein ungläubiges Lachen aus. »Du denkst also, das alles war
meine
Schuld?« Von allen Dingen, über die sie zu reden hatten – »Ich wollte Informationen von ihm. Ihm ein paar Fragen stellen –«
    »Du wolltest Informationen von ihm?« Er stieß sich von der Tür ab und sah jetzt, wenn es überhaupt möglich war, noch wütender aus. »Ich hatte dir doch gesagt, dass
ich
diese gottverdammte Befragung machen werde!«
    »Nur – nur um seine Privaträume zu sehen«, sagte sie rasch. »Um einen Überblick über das Haus zu haben. Und wärest
du
nicht dort herumgeschlichen, läge ich jetzt sicher in meinem Bett, nachdem ich dir gesagt hätte, wo du sein Arbeitszimmer finden könntest! Verstehst du?«
    Er starrte sie an.
    Genau genommen hatte sie nicht ganz unrecht. Barrington hatte von Alex’ wahrer Identität gewusst. »Er wusste, wer du bist«, sagte sie schwach. »Das haben wir nicht erkannt. Also war klar, dass etwas passieren würde. Aber – es war nicht
meine
Schuld.«
    »Es musste passieren. Richtig. Es war

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