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Susanne Barden 04 - Weite Wege

Susanne Barden 04 - Weite Wege

Titel: Susanne Barden 04 - Weite Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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Typhuspatienten hatte sie jetzt nicht mehr viel Arbeit, weil sie seit Susys Unterricht vorbildlich von ihren Angehörigen versorgt wurden. Immer lagen sie in sauberen Betten, und ihre schmutzige Wäsche wurde sorgsam von der übrigen Wäsche getrennt. Ihr Geschirr wurde in Extraschüsseln abgewaschen und ausgekocht. Die Thermometer steckten in kleinen, mit Alkohol gefüllten Gläsern. Auch war immer ein Tisch mit Zeitungspapier bedeckt, wenn Susy eintraf, damit sie ihre Tasche darauf stellen könnte.
    Aber ausgerechnet heute gab es unerwartete Zwischenfälle. Bei einem Patienten entdeckte Susy einen verdächtigen roten Fleck am Ende des Rückgrats, der auch nicht verschwand, nachdem der Kranke sich auf die Seite gelegt hatte. Das war ein sicheres Zeichen für beginnendes Durchliegen. Susy massierte die Stelle zuerst mit Alkohol und darauf mit Kakaobutter. Sie mußte einen Ersatz für einen Gummiring erfinden, drehte ein kleines Laken zu einer Rolle zusammen und umwickelte sie mit Bandagen. Dann legte sie den Patienten so hin, daß die verdächtige Stelle innerhalb des Ringes ruhte, so daß sie sich nicht weiter entzünden konnte.
    Ein anderer Typhuskranker, den sie aufsuchte, hatte plötzlich hohes Fieber bekommen. Die Angehörigen wollten auf keinen Fall Bill hinzuziehen, und Dr. Howard war nicht aufzufinden. Susy machte dem Kranken eine kalte Abreibung und atmete erleichtert auf, als das Fieber daraufhin um ein paar Grad fiel.
    Ihr nächster Patient war ein Grippekranker, den unerträgliche Kopfschmerzen quälten. Einen Eisbeutel gab es natürlich nicht auf der Gebirgsfarm. Die Leute besaßen nicht einmal eine Wärmflasche. Sie waren wohlhabend, lebten jedoch spartanisch. Die kleinen Gummiflaschen erschienen ihnen als unnütze Spielerei. Ihnen genügte Großmutters alter Tonkrug oder ein heißer Stein. Von Eisbeuteln hatten sie noch nie etwas gehört.
    »Aber Sie können doch keinen Tonkrug mit Eis auf den Kopf des Patienten legen«, ereiferte sich Susy. »Haben Sie vielleicht einen alten Autoschlauch?«
    Da die Farmer in Neu-England ihre Reifen selber zu flicken pflegen, fand sich ein alter Autoschlauch, den Susy gut verwenden konnte. Sie schnitt ein etwa fünfundzwanzig Zentimeter langes Stück heraus und klebte ein Ende mit Gummizement zusammen. Dann konstruierte sie mit Hilfe von Gummiflicken und einem Stück Draht, den sie nach dem Muster von altmodischen Lockenwicklern zu einer Klammer zusammenbog, einen ausgezeichneten Eisbeutel. Aber ihre Uhr war zehn Minuten bis fünf, als sie das Haus endlich verließ.
    Da es zu spät geworden war, um Bill abzuholen, beschloß sie, direkt zu Jul hinauszufahren. Hoffentlich fand sie seine Hütte! Sie sollte weitab von der Straße irgendwo hinter Martha Edgetts Farm liegen. Vielleicht konnte Frau Edgett ihr den Weg zeigen.
    Ja, Frau Edgett kannte den Weg. »Fahren Sie noch ein Stück die Straße hinauf«, sagte sie. »An der zweiten Biegung müssen Sie Ihren
    Wagen stehen lassen und zu Fuß weitergehen. Sie brauchen nur immer dem kleinen Pfad zu folgen, der dort abbiegt. Was wollen Sie denn bei Jul? Ist er krank?«
    Susy gab eine ausweichende Antwort. »Dr. Barry hatte mich gebeten, gegen fünf hinaufzukommen, falls ich Zeit habe.«
    Frau Edgett lächelte freundlich. »Sie haben in letzter Zeit viel Arbeit gehabt. Ein Glück, daß wir Sie damals anstellten! Ich weiß wirklich nicht, was wir jetzt noch ohne Sie machen sollten. Alle Klubmitglieder sind begeistert von Ihnen. Sie haben eine ganz andere Vorstellung von Krankenschwestern bekommen, nachdem sie Ihre Berichte gelesen haben. Aber ich will Sie nicht länger aufhalten. Sausen Sie los - sonst komme ich noch ins Schwatzen.«
    Susy »sauste los«. Sie fand den Fußpfad ohne Schwierigkeit, denn Bills Wagen stand an der Stelle, wo er von der Straße abbog. Nachdem sie ihren Wagen dahinter abgestellt hatte, stapfte sie durch den Schneeschlamm bergauf. Kahle Erlenzweige hingen über den Weg. Susy bemerkte erstaunt, daß sie schon große Knospen hatten. Der Frühling kündigte sich an, obwohl der Schnee in den Wäldern noch hoch lag. Susy blieb stehen und blickte zu den Bergen hinüber, die sich wie gefrorene Meereswogen hinter dem Tal auftürmten. Auch auf den Bergen lag noch eine Schneedecke, aber sie wurde bereits dünner. Die Wasserläufe zogen sich wie braune Adern durch das Weiß, und große graue Granitfelsen reckten sich kahl der Sonne entgegen.
    »Ich hab die Berge lange nicht mehr in Ruhe betrachtet«, dachte Susy.

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