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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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jemand zu trampen, nicht einmal außerhalb von Oslo. Also hatte er, als er anhielt, um sie zu fragen, wohin sie wollte, wissen wollen, ob sie keine Angst vor Aquarius hätte.
    »Ach was, so’n Quatsch!«, hatte sie in dem breiten Dialekt der Gegend geantwortet. » Mir passiert schon nichts. Hier doch nicht!« Sie hatte sich neben ihn gesetzt und den Rucksack auf die Rückbank gelegt. Sie hatten sich unterhalten. Sie war nach einem Streit zu Hause abgehauen und wollte ein paar Freunde in Oslo besuchen und vielleicht eine Weile bei ihnen wohnen. »So ein Zufall«, hatte er gesagt, »mein Untermieter ist gerade ausgezogen. Falls du Interesse hast…?«
    Jesses, ja, sie war sehr interessiert. Hauptsache, es war nicht zu teuer.
    Nein, er verlangte nicht viel. Hatte sie einen Job?
    Hatte sie nicht. Noch nicht. Aber sie rechnete damit, im Laufe weniger Tage einen zu finden. In einem Laden oder Büro. Oder sonst wo. Garantiert.
    Kurios. Er sagte, dass er eine kleine Firma hätte. Und eine Bürohilfe suchte. Telefondienst, Kaffee kochen… solche Dinge eben. Wäre das was für sie?
    Volltreffer! Sie sei die weltbeste Kaffeekocherin, und ihr hätten schon mehrere Leute gesagt, sie hätte eine total schöne Telefonstimme. »Dann komm doch am besten gleich mit zu mir und sieh dir die Wohnung an«, hatte er vorgeschlagen. »Ob sie dir gefällt.« »Super«, hatte sie geantwortet.
     
    So einfach war das gewesen. Und jetzt liegt sie wimmernd auf der Matratze im Keller. Marianne. Ein ganz anderer Typ als Una und Anita. Die hatten sich still und ruhig verhalten. Würdevoll. Mit Marianne gab es nichts als Ärger. Bring mich nicht um, vergewaltige mich nicht, ich tue, was du willst, aber bring mich nicht um, bitte – quengel, quengel, quengel. Jedes Mal, wenn er die Tür zu ihrem Raum öffnet, geht die Leier von vorne los. Sie geht ihm auf die Nerven. Bringt er ihr was zu essen, fängt sie an zu heulen. Und wenn er sie durch den Spiegel betrachtet, ruckt und zerrt sie an der Kette. Sie erinnert ihn an einen verzweifelten Fuchs, der in ein Fangeisen geraten ist.
     
    Als es dämmert, nimmt er sich den linierten DIN-A4-Block vor und den Kugelschreiber. Er zieht sich die Latexhandschuhe über. Schlägt die Bibel auf.
     
    LIEBE KRISTIN, schreibt er.
    Er starrt vor sich hin. Kristin. Der Name schmeckt wie Honig. Wenn sie wüsste!
    Er erinnert sich noch genau, als er ihre Stimme zum ersten Mal gehört hat. Das erste Mal, als er ihr begegnet ist. Sein Erstaunen, sie plötzlich im Fernsehen zu sehen.
    Er blickt auf die fremd wirkenden Blockbuchstaben, die er so lange geübt hat. Lässt den Blick über die winzigen Lettern auf der Bibelseite gleiten. Er atmet tief ein. Und schreibt so fest, dass die Kugelschreiberspitze fast durch das Papier drückt.
    DAS MÄDCHEN IST NICHT GESTORBEN; ES SCHLÄFT. DOCH SIE VERLACHTEN IHN. NACHDEM ER SIE ABER ALLE HINAUSGETRIEBEN HATTE, GING ER WIEDER HINEIN UND NAHM SIE BEI DER HAND; UND DAS MÄDCHEN STAND AUF.
    Er lächelt vor sich hin und setzt den Stift aufs Papier.
    EIN NEUES MÄDCHEN FÜR DICH, DU WEISST NICHT, WER SIE IST. SIE KÖNNTE SONST WER SEIN. ABER SIE IST VON LILITHS GESCHLECHT. LILITHS BLUT FLIESST IN IHREN ADERN.
    Er lehnt sich zurück und liest mit leiser Stimme, was er geschrieben hat. Fragt sich, wie lange es dauern wird, bis sie einen Weg aus dem Irrgarten herausfinden.
    SIE HAT EINE BITTE AN DICH. SIE WILL LEBEN. DU HAST DIE WAHL, DIE BITTE ZU ÜBERHÖREN – WIE BEIM LETZTEN MAL. ODER DU TUST, WORUM SIE DICH BITTET. UND RETTEST DAMIT MÖGLICHERWEISE IHR LEBEN. VIELLEICHT AUCH NICHT. IN DER SCHRIFT STEHT GESCHRIEBEN:
     
    UND LASS IHN FÜR DICH BETEN, SO WIRST DU AM LEBEN BLEIBEN. WENN DU SIE ABER NICHT WIEDER-GIBST, SO WISSE, DASS DU DES TODES STERBEN MUSST UND ALLES, WAS DEIN IST.
    AQUARIUS

Dämon der Nacht

I
    Ihr Gesicht ist fahl und schmutzig. Das Haar hängt ihr in Strähnen in die Stirn. Die großen Augen sind vom Weinen gerötet.
    »Ich heiße Marianne«, sagt sie. Ihre Stimme bebt. Sie schluchzt, befeuchtet die Lippen und sieht mit zusammengekniffenen Augen auf einen Punkt hinter der Kamera. Sie macht mehrere Ansätze weiterzureden, aber die Worte verhaken sich.
    »Aber jetzt trage ich den Namen… Lilith. Aquarius hat mich gebeten, diese Worte zu sagen: ›Wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan aus seinem Gefängnis losgelassen.‹ Die tausend Jahre sind jetzt vollendet.«
    Sie zögert, sieht fragend auf einen Punkt (einen Menschen? ein Plakat?) hinter der

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