Tallinn-Verschwörung
schüttelte erneut den Kopf. »Graziella Monteleone, sagen Sie? Da habe ich auch etwas auf den Schreibtisch bekommen.« Der Major rief einen zweiten Bildschirm auf und schaute angespannt hinein. Als er den Kopf wieder hob, wirkte sein Blick streng.
»Ihre Begleiterin, Renk, wird in Italien steckbrieflich gesucht. Man verdächtigt sie, im Zustand geistiger Umnachtung die Villa ihres Onkels angezündet zu haben und anschließend ziellos geflohen zu sein. Zuletzt wurde sie auf einer Fähre nach Albanien gesehen. Dort ist sie anscheinend auf Sie gestoßen und hat Ihnen den Kopf mit ihren wirren Geschichten verdreht.«
»Das ist nicht wahr! Ich habe nichts angezündet! Ich bin entführt worden!« Auch Graziellas flammender Protest konnte Wagner nicht überzeugen.
Er klopfte mit der flachen Hand auf den Schreibtisch und
starrte grimmig in die Kamera. »Renk, Sie bringen Frau Monteleone umgehend zur italienischen Botschaft und übergeben sie den dortigen Sicherheitskräften. Diese werden dafür sorgen, dass sie nach Italien zurückgebracht wird und in psychiatrische Behandlung kommt. Sie selbst kehren auf schnellstem Weg hierher zurück und werden sich in den nächsten Wochen in einem Sanatorium erholen. Ich hätte Sie in Ihrem Zustand nie in den Kosovo schicken dürfen.«
»Und was ist mit der EU-Ratsversammlung? Soll Hoikens die Regierungschefs fröhlich in die Luft sprengen können?« Torsten wurde laut und war gleichzeitig froh um die schalldichte Tür von Frau Meindls Büro.
Wagner lachte leise auf. »Ihre Besorgnis in allen Ehren, Renk. Aber diese Versammlung in Tallinn wird von mehreren tausend Sicherheitsbeamten überwacht. Selbst Ihr Hoikens, dem Sie anscheinend übernatürliche Kräfte zuschreiben, würde nicht einmal in die Stadt gelangen, geschweige denn in die Nähe des Veranstaltungsorts. Und nun auf Wiedersehen. Ich habe zu tun!«
Damit wurde der Bildschirm dunkel. Torsten fluchte leise, während Graziella ihn hilflos ansah. »Was sollen wir tun? Wenn ich wirklich in unsere Botschaft gehe, werden mich Don Batistas Handlanger aus dem Verkehr ziehen oder gleich ermorden.«
Torsten rieb sich über seine stoppelige Wange und sah sie durchdringend an. »Ist es nicht seltsam, wie geschickt mein Vorgesetzter präpariert worden ist? Unsere Feinde müssen verdammt gute Beziehungen zu höchsten Kreisen besitzen, und zwar sowohl in Deutschland wie auch bei euch in Italien. «
ACHTUNDZWANZIG
W ährend Torsten noch fieberhaft nachdachte, klopfte es an der Tür, und Anna Meindl steckte den Kopf zur Tür herein. »Wenn Sie fertig sind, ich habe frischen Kaffee aufgebrüht. Sie sehen beide aus, als könnten Sie ihn brauchen. «
Torsten drehte sich angespannt zu ihr um. »Mir wäre es lieb, wenn Sie mir Ihr Büro noch eine Weile überlassen könnten. Ich habe nämlich noch einiges zu tun.«
»Kein Problem. Aber vergessen Sie nicht, der Kaffee wartet auf Sie. Oder soll ich Ihnen die Kanne und zwei Tassen bringen?«
»Vielleicht später!« Torstens Reaktion zeigte deutlich, dass er sich von Anna Meindl gestört fühlte. Diese zog sich mit einem nachsichtigen Kopfschütteln zurück. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, sah Graziella Torsten fragend an.
»Was hast du jetzt vor?«
»Auf alle Fälle nicht aufgeben. Bis Wagner misstrauisch wird, haben wir einen, vielleicht sogar zwei Tage Zeit. Das könnte reichen, um uns einen Vorsprung zu verschaffen.«
»Aber …«, begann Graziella, doch Torsten winkte ihr zu schweigen. Rasch tippte er eine Telefonnummer ein und wählte sie an. Es dauerte einige Augenblicke, bis die Leitung durchgeschaltet wurde, und dann erschien Petra Waitls rundliches Gesicht auf dem Bildschirm. Sie wirkte verschlafen, so als hätte sie bis in den Morgen hinein an einem ihrer Experimente gearbeitet. Als sie Torsten erkannte, war sie sofort hellwach.
»Grüß dich, Torsten! Schön, dass du dich auch mal wieder meldest. Wie geht es dir denn so im Kosovo?«
»Ich bin derzeit in Tirana in Albanien, und es würde mir besser gehen, wenn du mir zuhörst«, unterbrach Torsten sie.
Petras Gesicht nahm einen interessierten Ausdruck an. »Also schieß los! Worum geht es?«
»Kannst du mir dein ganz spezielles Computerprogramm rüberschicken? Ich gebe dir die Nummer des Anschlusses.«
»Die habe ich hier auf dem Schirm. Aber das kannst du dir abschminken. Ich schicke es nicht per Fernleitung. Wenn du eine Kopie brauchst, holst du sie dir gefälligst selbst ab.« Petra klang ärgerlich,
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