Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
meine Mondblutung wieder eingesetzt hat.«
Die Frau überprüfte das besudelte Leinen, und Nalia sah, dass sie stumm an den Fingern etwas abzählte. »Ja, Herrin.
Wie schade!«
»Warum sagst du das?«
»Nun, ihr habt nicht empfangen, und er hat sich so sehr angestrengt.«
Nalia war bestürzt über den angedeuteten Tadel. »Du lässt es klingen, als sei ich schuld. Habe ich seine Bemühungen nicht klaglos ertragen?«
»Selbstverständlich habt Ihr das, Herrin. Aber er hat schon Kinder mit anderen Frauen vor Euch gezeugt.«
»Anderen?«, hauchte Nalia matt. Darüber hatte sie noch nie nachgedacht.
Tomara tätschelte ihr die Hand. »Es gibt Frauen, deren Mutterleibe steinig sind, Herrin. In ihnen kann der Samen ihrer Gemahle nicht sprießen, ganz gleich, wie viele Male sie ihn pflanzen. Solltet Ihr Euch als unfruchtbar erweisen, wie soll Euer junger König dann zu einem Erben kommen?« Sie schüttelte den Kopf und machte sich daran, das Zimmer aufzuräumen.
Unfruchtbar? Nalia drückte sich die Finger auf die Lippen, um nicht die plötzliche Hoffnung zu verraten, die sie verspürte. Auch Niryns Saat war nie in ihr gekeimt. Wenn sie unfruchtbar wäre, hätte Korin keine Verwendung für sie. Vermutlich würde er sie für eine andere Frau verstoßen, und sie wäre frei!
Rasch sammelte sie sich und ergriff ihren Stickrahmen. »Du sagst, mein Gemahl hatte Kinder mit anderen Frauen? Kann davon keines sein Erbe sein? Was ist mit seiner ersten Gemahlin?«
»Das ist eine traurige Geschichte. Sie empfing zweimal, verlor jedoch das erste Kind zu früh und starb beim Versuch, das zweite zu gebären.«
»Was wurde aus dem Kind?«
»Es starb ebenfalls, das arme, kleine Würmchen. Sofern er uneheliche Sprösslinge hat, ist es mir nicht bekannt. Außerdem kommt nur ein rechtmäßiger Erbe in Frage, sagt Fürst Niryn. Deshalb seid Ihr ein so kostbares Juwel, Herrin. Ihr besitzt das Blut, und Fürst Niryn behauptet, dass Eure Familie Mädchen gebiert. Wenn Ihr dem König eine Tochter schenkt, wer könnte ihr den Anspruch auf den Thron streitig machen? Gewiss nicht dieser Schwindler in Ero!« Sie vollführte eine Geste gegen böse Omen. »Totenbeschwörerei oder reine Lügen, mehr ist das nicht. Er ist so wahnsinnig wie seine Mutter, das sagt jeder.«
»Ihr meint Prinz Tobin?«, fragte Nalia. Korin sprach selten von seinem Vetter, und wenn, dann bezeichnete er ihn als ›Thronräuber‹ und verrückt.
»Euer armer Gemahl hat ihn geliebt wie einen Bruder. Aber während der Schlacht um Ero nahm Prinz Tobin Reißaus, kehrte mit einer Horde Abtrünniger im Gefolge zurück und behauptete, ein Mädchen und die Königin zu sein!«
Nalia starrte sie an, dann brach sie in Gelächter aus, »Sag bloß, irgendjemand glaubt das?«
»Was denkt Ihr wohl, weshalb wir uns hier oben statt in der Hauptstadt aufhalten?«, gab Tomara zurück. »Verräter und Narren sind sie allesamt, aber es sind genug, um der Behauptung des Jungen Nachdruck zu verleihen. Ich wette, es gibt Krieg, wenn sie versuchen, gegen König Korin vorzugehen. Was für ein Unfug! Die Anhänger Illiors und eine Rotte wahnsinniger Priester und Zauberer stecken dahinter.«
Ihr trüber Blick wurde hart und zornig. »Der alte König hatte schon das richtige Mittel gegen sie: Verbrennen, und damit hatte es sich. Und wozu haben wir es jetzt kommen lassen? Nein, Herrin, Ihr müsst Eurem lieben Gemahl eine Tochter gebären, und zwar bald – zum Wohle des Landes.«
Wie Nalia gehofft hatte, hielt die Kunde von ihrer Blutung Korin die erforderlichen Tage fern. Sie vertrieb sich die Zeit, indem sie stickte, mit Tomara Karten spielte und ihre Bücher las, Geschichten über Ritter, die für die Liebe ihrer Herzensdamen ihr Leben ließen.
Tomara brachte ihr besondere Tees, gebraut aus Moosbeerenblättern, Honig und Sternwurzel, um ihren Mutterleib fruchtbarer zu machen.
Zu Nalias Überraschung suchten ihren Verstand Gedanken über die andere Gemahlin des Königs und andere Kinder heim, die er vielleicht gezeugt hatte. Sie war nicht eifersüchtig, nur zu Tode gelangweilt und begierig auf Klatsch jeder Art.
»Du könntest es für mich herausfinden, Tomara. Immerhin ist er mein Gemahl. Habe ich nicht das Recht, es zu wissen? Womöglich könnte es sogar hilfreich sein«, beschwatzte sie Tomara, als sie spürte, dass sie deren Aufmerksamkeit erlangt hatte. »Ich möchte ihn so sehr erfreuen«, log sie. »Unter seinen Männern muss es doch einige geben, die etwas über seine …
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