Tanz der Hexen
Chemikalien und telekinetischen Kräften zu verwandeln. Natürlich benutzten wir dieses Wort damals nicht. Wir kannten es nicht.
Sie war sich der Liebe Lashers sicher. Sie hatte die kleine Tochter bekommen, und sie würde versuchen, noch ein Mädchen, ein stärkeres zur Welt zu bringen, wenn es das war, was er wollte. Aber mit jedem Jahr, das verging, wurde ihr Interesse an Männern geringer und ihre Sucht nach den Umarmungen des Dämons größer, und insgesamt wurde sie immer sprunghafter.
Ich selbst wuchs unterdessen rasch heran, und wie ich als Dreijähriger ein Wunderkind gewesen war, so war ich es auch in jedem anderen Alter; ich setzte meine Lektüre fort, meine Abenteuer und auch meinen Verkehr mit dem Dämon.
Die Sklaven wußten inzwischen, daß ich ihn in meiner Macht hatte. Sie kamen zu mir, wenn sie Hilfe brauchten; sie baten mich um Heilung, wenn sie krank waren, und bald hatte ich den Platz meiner Mutter als Gegenstand des Geheimnisses eingenommen.
An dieser Stelle nun, Michael, stehe ich vor der Wahl. Ich kann Ihnen alles erzählen, was Marguerite und ich lernten. Oder ich kann mit denjenigen Dingen fortfahren, die am wichtigsten sind. Ich will mich für einen Kompromiß entscheiden und Ihnen eine kurze Zusammenfassung unserer Experimente geben.
Aber zuvor will ich noch sagen, daß meine Schwester Katherine prächtig gedieh, gänzlich ohne Arg, so schön wie unschuldig, eine Blume, die ich anbetete und beschützen wollte, und da ich wußte, daß es dem Dämon gefiel, wenn ich sie allerorten hütete, tat ich es um so williger. Aber ich faßte bald auch selbst eine große Zuneigung zu ihr, und nach und nach wurde mir klar, daß sie »den Mann« ebenfalls sah, daß er ihr aber angst machte. Sie schien eine Scheu vor allem zu haben, was ungesund war oder aus einer anderen Welt kam. Vor unserer Mutter graute ihr, und zwar aus gutem Grund.
Marguerites Experimente wurden immer skrupelloser. Wenn auf unserem Grund und Boden ein Baby tot zur Welt kam, wollte sie es haben. Die Sklaven versuchten, ihre verlorenen Kinder vor ihr zu verbergen, damit diese armen Wesen nicht in Gläsern in Marguerites Studierzimmer endeten. Und eine meiner eindringlichsten Erinnerungen an jene Zeit ist die an Marguerite, wie sie mit einem Bündel in der Hand ins Haus stürzt, mir ein eifriges Lächeln schenkt und das Tuch zurückschlägt, um die winzige Gestalt eines toten schwarzen Babys zu enthüllen, es dann frohlockend wieder bedeckt und sich in ihrem Arbeitszimmer einschließt.
Der Geist war unterdessen aufmerksam wie eh und je. Jeden Tag steckte er mir Goldmünzen in die Taschen. Er warnte mich, wenn ich unter meinen Cousins einen kleinlichen Feind gewonnen hatte. Er stand Wache vor meinem Zimmer und schlug einmal einen flüchtenden Dieb nieder, der die paar Juwelen hatte stehlen wollen, die ich besaß.
Und wenn ich allein war, kam er oft zu mir, liebkoste mich und schenkte mir Wonnen, die durchdringender waren als alles, was ich mit anderen erleben konnte.
Und das tat er treulich auch mit Marguerite. Die ganze Zeit aber versuchte er es mit seinen Schmeicheleien auch bei Katherine; indessen kam er bei ihr anscheinend nicht weiter.
Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, daß solche bösen Freuden, die ihr da im Dunkeln angeboten wurden, Todsünde seien. Ich glaube, sie war vielleicht die erste der Hexen, die das wirklich glaubte; wie es kam, daß diese katholischen Vorstellungen so früh so starke Wurzeln in ihr schlagen konnten – noch ehe der Dämon sie zu erotischen Träumen verführen konnte -, das weiß ich ehrlich nicht. Wenn Sie an Gott glauben, könnten Sie vielleicht sagen, daß Gott mit ihr war. Aber ich glaube es nicht.
Wie auch immer – meine Mutter und ich hatten das schreckliche Orchester meiner Großmutter bald satt und engagierten einen Pianisten und einen Geiger, die für uns spielen mußten. Der Geist schien daran zunächst ebensoviel Freude zu haben wie zuvor an der kakophonen Kapelle. In blendend schöner männlicher Gestalt erschien er im Zimmer, gebannt von der Musik und glücklich, es zeigen zu können.
Aber dann begriff er, daß wir unter den Klängen der Musik miteinander tuschelten und daß er nicht hören und verstehen konnte, was wir dachten und planten, und wilde Wut packte ihn. Wir brauchten lautere Musik, um ihn auszusperren, und holten die anderen Musikanten zurück, damit sie wieder ihr Getöse machten, und dann erkannten wir, daß Melodie und Rhythmus die wirkungsvollsten Mittel waren.
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