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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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Entrüstete, oder sind Sie wirklich zornig auf mich?«
    »Als ich Matheus geheiratet habe, habe ich erlebt, wie es ist, wenn man seinen Ruf zerstört. Ich weiß, was es bedeutet, schief angesehen zu werden. Ich lege keinen Wert darauf.«
    »Bitte entschuldigen Sie.« Er setzte seinen Zylinderhut wieder auf.
    »Mein Mann fährt mit mir und Samuel für längere Zeit weg. Wir könnten uns sowieso nicht verabreden.«
    Seine Lippen wurden schmal. »Ich bin nicht der Typ Mann, der einer Frau nachläuft. Auch wenn ich vielleicht diesen Eindruck gemacht habe.«
    Gleich geht er, und dann siehst du ihn nie wieder. Cäcilie prägte sich sein Prinzengesicht ein. Ein so attraktiver Mann begehrt mich, dachte sie. Es gab ihrem Herzen Flügel. »Worüber schreiben Sie gerade?« Sie spähte auf die Bücher unter seinem Arm. Offenbar hatte er sie sich in der Bibliothek ausgeliehen. Deutscher Flottenbau , stand auf dem vorderen.
    »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.« Er hob die Hand an den Zylinder. »Machen Sie es gut.« Damit wendete er sich um und ging mit großen Schritten davon.
    Ihr Herz flog ihm nach, in der Brust blieb ein Ringen um Luft. Sie wollte ihn um Verzeihung bitten, ihn anflehen, nicht fortzugehen.
    Samuel zupfte an ihrer Hand. »Können wir nach Hause?«
    Den ganzen Weg über sah Cäcilie das schöne Gesicht Lyman Tundales vor sich und die Trauer in seinen Augen. Zu Hause kämpfte sie sich die Treppe hoch. Samuel klingelte, und Matheus öffnete die Tür. Matheus: die Haare ungekämmt, wie ein wüstes Vogelnest.
    »Ich muss mit dir reden, Cäcilie«, sagte er, als sie mit Samuel in die Wohnung trat. Wie würde sie reagieren, wenn er es ihr erzählte?
    Samuel zog sich Schuhe und Jacke aus und verschwand in seinem Zimmer, als sei es seine alltägliche Pflicht zu verschwinden. Cäcilie brauchte heute lange mit dem Mantelausziehen – vielleicht, weil sie Angst davor hatte, was er ihr sagen würde.
    »Es hat nichts mit der Titanic zu tun«, sagte er, »nur mit mir.«
    »Was ist es, Matheus?«, fragte sie müde.
    »Lass uns ins Wohnzimmer gehen.« Er ging ihr voran, wartete, bis sie ins Zimmer getreten war, und schloss hinter ihr die Tür.
    Cäcilie setzte sich in den Sessel. Sie wirkte geistesabwesend, ihr Blick hing irgendwo in der Ferne.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte er.
    Sie nickte.
    Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich ihr gegenüber. »Cäcilie, ich … Ich bin enttäuscht von mir.«
    Ihr Blick wachte auf. Sie sah ihn beinahe erleichtert an.
    »Heute wäre der Bibelkreis gewesen. Ich habe ihn abgesagt, ich habe vorgeschoben, erkältet zu sein. Das war der erste Fehler.«
    »Warum bist du nicht hingegangen?«
    »Ich nehme Englischunterricht.« Er wischte die Hände an den Hosenbeinen ab, sah wieder hoch. »Ich muss meine Kenntnisse auffrischen, für Amerika.«
    »Ach, Matheus.«
    »Ich war beim Englischlehrer, und auf dem Rückweg bin ich Georg Harteneck begegnet. Hab ihn zu spät gesehen, da hatte er mich schon bemerkt.«
    »Sie werden dir die Lüge verzeihen.«
    »Cäcilie, ich habe Husten vorgetäuscht und ihm dann auch noch gesagt, dass ich gerade von der Apotheke komme, sogar die Medikamente habe ich aufgezählt, Aspirin gegen die Kopfschmerzen, Heroin, um den Hustenreiz zu lindern, der Doktor hätte es mir verschrieben.«
    Cäcilie schwieg.
    Er beobachtete sie, wie sie in die Ferne starrte. Sie niedergeschlagen zu sehen und zu wissen, dass er, Matheus, daran die Schuld trug, bereitete ihm körperlichen Schmerz. Sein Gesicht brannte wie Feuer. Bereute sie es, ihn geheiratet zu haben?
    Es hatte so gut mit ihnen angefangen. Cäcilie war damals jeden Sonntag an ihm vorübergegangen, wenn er nach dem Gottesdienst am Kircheneingang gestanden und die Hände der Gottesdienstbesucher geschüttelt hatte. Kühl und abweisend gab sie ihm die Hand, die Tochter eines Bankdirektors, gebildet, jung, verwöhnt. Obwohl er ihren abschätzigen Blick fürchtete, fragte er sie einmal, ob sie im Chor mitsingen würde. Sie sah ihn an wie einen Käfer, der plötzlich zu sprechen begann. Dann lächelte sie wissend. Natür lich durchschaute sie, dass sie ihm gefiel, dass er sie heimlich verehrte. »Der Chor ist nichts für mich«, sagte sie. »Aber wir können einmal spazieren gehen.«
    Den Rest des Tages raste sein Herz. Es kam ihn wie ein Wunder an. Plötzlich fühlte er sich, als könnte er jede Frau für sich gewinnen. Er, der Dreißigjährige, der bisher bei keiner einzigen Erfolg gehabt hatte. Er war kein

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