Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
sich auf den Hinterkopf des Mannes. In dem drahtigen Haar waren noch die Spuren des Kammes zu sehen. „Gab es schon eine …“ Ein Räuspern, und sie sah gerade rechtzeitig auf, um einen grimmigen Blick von Lincoln aufzufangen. Sofort klappte sie ihren Mund wieder zu. Er lächelte höflich.
„Ist das Opfer schon identifiziert?“, fragte er in dem sicheren Wissen, dass das die Frage war, die seine Chefin hatte stellen wollen.
„Nein. Wir haben nichts gefunden. Seine Taschen waren leer. Vielleicht ein außer Kontrolle geratener Einbruch.“
Lincoln schaute sich im Zimmer um. „Die Wohnung wirkt verlassen. Wem gehört sie?“
Parks reichte ihm eine Zeitung. Eine Anzeige war rot umrandet. „Sie ist frei. Wird möbliert vermietet. Ich hab schon beim Vermieter nachgefragt, er hat mir die Zeitung gegeben.“
„Das war ein Raubüberfall“, schaltete Fox sich ein. „Der Schütze wohnt vermutlich in einem der anderen Gebäude und kam her, um ein bisschen Crack zu klauen.“
„Brillant abgeleitet, Fox. Wie viele Räuber kennen Sie, die ihre Opfer auf diese Art exekutieren?“ Taylor hatte genug von diesem Unsinn. „Dreht ihn um.“
„Wie Sie wünschen, Lieutenant.“ Er machte sich an diesem Nachmittag nicht gerade beliebt bei Taylor, so viel war mal sicher. Lincoln schoss ihr einen weiteren warnenden Blick zu, der sagte: Hey, du solltest gar nicht hier sein, also verschwinde und heirate endlich. Sie starrte zurück.
Die Leiche wurde umgedreht, und Fox machte ihnen Platz. Taylor schaute den Toten an. Ihr stockte der Atem. Sie drehte sich um und brüllte die Wand an. „Dieser Mistkerl. Dieser verdammte Hurensohn.“
Lincoln starrte die Leiche eine ganze Weile lang an.
„Das ist Frank Richardson, oder?“
Taylor dröhnte der Kopf. Die trockene Luft in Captain Prices Büro zusammen mit dem Auffinden des hingerichteten Frank Richardson trieb sie in den Wahnsinn. Sie wühlte in ihrer Tasche, schluckte trocken drei Schmerztabletten. Eine Einsatznachbesprechung mit ihrem Chef war nicht das, was sie sich für den Nachmittag vor ihrer Hochzeit vorgestellt hatte. Ihr war schlecht, und die sich langsam auflösenden Tabletten steckten in ihrer Kehle fest.
„Geben Sie mir einen Überblick, Lieutenant.“ Mist. Price sprach sie nur mit ihrem Titel an, wenn er sauer war.
“Richardson und ich haben uns gestern Morgen zum Frühstück getroffen. Na ja, davor hat er mich zu Hause angerufen, das war Dienstagabend. Er war gerade aus Frankreich zurückgekommen und noch in New York. Wir haben eine Weile miteinander gesprochen. Er kannte sich mit dem Schneewittchenfall sehr gut aus und wies darauf hin, dass es eine Menge Informationen gab, die nie abgedruckt worden waren. Wir verabredeten uns zum Frühstück und wollten danach seine alten Geschichten durchgehen, um zu sehen, ob uns irgendetwas ins Auge stechen würde.
Nachdem wir gegessen hatten, gingen wir in die Redaktion. Ich wurde wegen der Vermisstenanzeige von Jane Macias abberufen. Frank wollte noch dableiben und die alten Akten durchgehen, sich ein paar Notizen machen. Er kam gestern Abend zu uns ins Büro, weil er mir etwas zeigen wollte. Lincoln und Marcus haben ihn gesehen, aber er wollte keine Nachricht hinterlassen, sondern sagte nur, dass er Informationen für mich hätte und später noch einmal vorbeischauen würde.”
„Weißt du, wonach genau er geschaut hat?“ Price zwirbelte seinen Schnurrbart. Taylor wusste, dass der seine Form nur durch großzügig eingearbeitetes Wachs beibehielt, war sich aber sicher, dass das regelmäßige grübelnde Zwirbeln seinen Teil dazu beitrug.
„Nicht genau, nein. Als ich ihn gestern bei der Zeitung zurückgelassen habe, hatte er gerade erst angefangen, alle Artikel herauszusuchen, die über die ersten Schneewittchenfälle erschienen waren. Das hier geht auf meine Kappe, Captain. Ich habe ihn aus den Augen verloren. Zuerst habe ich mich um Daphne gekümmert, Jane Macias’ Mitbewohnerin, dann hatten wir die Schießerei wegen des spanischen Mädchens, die beiden Morde im Massagesalon, den ganzen Papierkram und zuletzt unseren Ausflug in die Stripbar. Es war ein voller Tag. Ich habe Frank Richardson nicht weiter verfolgt.“
Taylor stützte die Stirn in die Hand.
„Das ist alles mein Fehler“, murmelte sie.
„Ist es nicht. Da draußen läuft jemand herum, der einen Plan verfolgt. Das ist nicht deine Schuld.“
„Natürlich ist es das. Wenn ich ihn nicht in den Fall hineingezogen hätte, wäre er jetzt nicht tot.
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