Teufelsmond
Michelsmüller dabei, so gehörte das Land dem Glen. Blieb er am Leben, so hatte sich Gott für den Müller entschieden.»
«Was?» Karla glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen, doch Pater Fürchtegott legte ihr seine Hand auf den Unterarm und sagte: «So ist es, Kind. In vielen Orten hat diese Regelung Gültigkeit. Manche einigen sich auf andere Weise, aber sogar der Erzbischof heißt dieses Vorgehen gut.»
«Aber das ist doch grausam!», empörte sich Karla.
Der Pater nickte. «Ja, das ist es. Diese Maßnahme sollte abschrecken, sollte die Menschen dazu bringen, sich gütlich zu einigen. Und nur wer das nicht zuwege brachte, von dem glaubte man, er habe diese Strafe verdient.»
«Und wie ging es weiter?»
Alrun legte den Kopf schief. «Nun, es wurde alles vorbereitet. Die Knechte des Glenbauern gruben den Michelsmüller ein. Das ganze Dorf schaute dabei zu. Die Michelsmüllerin weinte und flehte um Gnade für ihren Mann. Ihr Geheul war meilenweit zu hören. Sie sank vor dem Glenbauern auf die Knie, doch der schob sie weg, stieß sie regelrecht in den Dreck. Dann holte er den Pflug, riss ihn mit hämischem Lachen über den ungepflügten Acker.»
«Wart Ihr auch dabei?», wollte der Pater von Alrun wissen.
«Ja. Ich war dabei. Direkt neben der Michelsmüllerin stand ich, hatte sogar einen Korb mit, um anschließend den Kopf des Michelsmüllers zu bergen. Mir war nicht wohl. Jeder wusste von diesem Gesetz, aber niemand konnte sich erinnern, dass jemals einer auf der Anwendung bestanden hatte. Es war das erste Mal, dass so etwas geschah. Bis zum Schluss glaubte ich, der Glenbauer wollte dem Michelsmüller nur Angst einjagen. Ich denke, die meisten Leute im Dorf glaubten das. Aber so war es nicht. Als der Glenbauer den Pflug in Bewegung setzte, schrien alle auf. Die Weiber wandten sich ab, schlugen die Hände vors Gesicht. Die Männer glotzten mit offenem Maul. Ich weiß nicht mehr, wer der erste war, der es aussprach. Aber mit einem Mal raunten und tuschelten alle, dass der Glenbauer ein ganzer Kerl wäre, der es verstand, sich und das Seine zu schützen. Aus Entsetzen wurde Hochachtung. Bewunderung. Bis heute kann ich mir das nicht erklären.»
«Der Michelsmüller überlebte damals also», fuhr der Pater dazwischen.
«Ihr sagt es, Pater. Der Michelsmüller überlebte. Der Pflug hatte ihm nichts anhaben können. Nur einmal durfte der Glen über ihn hinüber, so wollte es das Gesetz. Und da er überlebt hatte, gehörte das Land ihm. Gott hatte so entschieden.»
Fürchtegott nickte. «Jetzt verstehe ich. Von diesem Zeitpunkt an hieß es, die Michelsmühle sei verhext, die Müller mit dem Teufel im Bunde.»
«Ganz recht», bestätigte Alrun. «Und der Glenbauer war ein Held, weil er es gewagt hatte, sich mit dem Bösen anzulegen. Der Beweis war schnell erbracht. Im nächsten Sommer war der Weizen voller Mutterkorn. Nie zuvor war so etwas geschehen. Aber jetzt war die halbe Ernte verdorben, und sogleich hieß es, der Michelsmüller habe dies vollbracht.»
Pater Fürchtegott nickte nachdenklich. «Und was glaubt Ihr?»
Alrun machte eine wegwerfende Handbewegung. «Geglaubt wurde in diesem Dorf schon viel zu viel. Ich meine, die Zeit des Wissens ist gekommen. Es ist genug. Und nun geht, Pater, und handelt, wie Ihr es müsst.»
Alrun erhob sich, stellte den Schemel zur Seite.
«Eine Frage habe ich noch. Was wisst Ihr über die Lazarusbrüder?»
Alrun schüttelte den Kopf. «Nicht viel. Niemand weiß so genau, wer sie sind und was sie tun, wofür sie stehen. Der Orden ist ein geheimer. Es gibt nur Gerüchte. Manche sagen, die Bruderschaft wäre mächtiger als der Papst in Rom. Andere behaupten das Gegenteil. Fest steht nur, dass sie sehr reich sind und immer noch reicher werden.» Alrun deutete mit dem Finger in Richtung der Nachbarortschaft. «Hinter Oberaula gibt es ein Dorf, das zu meiner Jugend blühend war. Jetzt liegen die Äcker brach, die Höfe sind verlassen. Man sagt, die Bruderschaft wäre daran schuld. Hinter vorgehaltener Hand tuschelt man, die Bewohner des Dorfes hätten sich gegen die Lazarener gestellt und dabei Hab und Gut verloren. Genaues weiß niemand.»
«Hat jemand in unserem Dorf Verbindungen zu dieser Bruderschaft?»
«Oh, ja. Ganz gewiss. In jedem Ort im Knüllwald sollen die Brüder einen haben, der ihnen berichtet. Hier sagt man, der Glenbauer wäre es. Aber ob es stimmt? Jedenfalls habe ich heute Morgen beim Holzholen seinen Knecht gesehen. Er ritt in Richtung Oberaula. Ich nehme
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