Teufelsmond
Zwiebeln darin angebraten. Nun stand die Pfanne mitten auf dem Tisch, und Pater Fürchtegott und Karla saßen einander gegenüber und tunkten ihre Brotkanten in das heiße, duftende Fett, als die Else zur Tür hereingestürmt kam.
«Ihr sitzt hier und esst, als hättet Ihr keine Sorgen auf dieser Welt!», keifte sie mit hochroten Wangen und bebendem Busen.
Pater Fürchtegott biss genüsslich von seinem Sauerteigbrot ab. Ein wenig Fett rann ihm dabei über das Kinn. «Was sollten wir sonst tun, liebe Else? Es ist Abendbrotzeit.»
«Jaha!» Else zeigte mit dem Finger auf den Pater. «Ihr habt gut reden. Ihr könnt gehen, wann immer es Euch gefällt. Ihr müsst nicht bleiben, genauso wenig wie die Trudl, die heute ihren Abschied vom Glenbauern verkündet hat. Zu Maria Lichtmess geht sie fort und sucht sich einen neuen Herrn. Und die Lori, die geht mit ihr. Der Bernadette, ihrer Herrin, hat sie’s schon gesagt. Und das Schankmädchen vom Krüger hat auch um Entlassung gebeten, und der junge Knecht vom Glenbauern ebenso. Nur der alte bleibt auf dem Hof, weiß ja nicht, wo er hinsoll, in seinem Alter. Beim Glen kriegt er jedenfalls das Gnadenbrot. So sieht es aus!»
Pater Fürchtegott tunkte einen neuen Brotkanten in den ausgelassenen Speck, fischte nach ein paar Zwiebelringen. «Das tut mir alles sehr leid, aber sag selbst, Else, was kann ich dagegen tun?»
Wieder zeigte Elses Finger auf den Pater. «Es ist Eure Schuld, so sieht’s aus. Erst nachdem Ihr exorziert habt, haben die Dienstboten ihren Abschied eingereicht. Woanders werden sie jetzt ein schönes Leben haben. Keine Angst mehr, nichts.»
Karla wischte sich die fettigen Finger an ihrer Schürze ab und musterte Else eingehend. «Warum gehst du nicht auch, wenn du es hier so unerträglich findest?», wollte sie wissen. Sie selbst wäre auch am liebsten an einem anderen Ort gewesen, wenn, ja wenn der junge Michelsmüller nicht wäre.
Else ließ sich auf den Stuhl sinken, den Kopf auf der Brust hängend und die Hände im Schoße ringend. «Weggehen. Pah!»
Die ersten Tränen tropften auf den Stoff ihres Kleides.
«Wohin soll ich denn gehen? Mich will doch keiner. Nicht so, wie ich bin. Der Dippel, der MUSSTE mich ja nehmen, nach allem, was geschehen ist. Der musste wegen der Nächstenliebe.»
Jetzt weinte sie ungehemmt. Ihre Schultern bebten, die Hände zitterten im Schoß.
«Was ist denn geschehen?», fragte Karla. Sie stand auf und füllte für Else einen Becher mit Wasser. «Da, trink, und beruhige dich.»
Die Else schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. «Beruhigen? Ich soll mich beruhigen? Niemals in meinem ganzen Leben kann ich mehr ruhig sein.» Sie hob den Kopf und zeigte erneut anklagend auf Pater Fürchtegott. «Und das alles ist Eure Schuld. Ihr habt befohlen, die Gräber zu öffnen. Ihr wart es, der dem Bösen den Weg ins Dorf gewiesen hat. Schlimm war es, als der Teufel nur drüben an der Mühle hauste, aber jetzt ist er ins Dorf gekommen, und kein Gott kann uns helfen.»
Jetzt richtete sich auch Pater Fürchtegott auf. «Ein Exorzismus befreit niemals das Böse», erklärte er energisch. «Hör auf, solchen Unfug zu erzählen. Du machst dich der Blasphemie schuldig.»
Da heulte die Else erneut auf. «Das ist mir egal. Ich weiß nur, was ich weiß. Und ich weiß, dass der Beckmann krank liegt. Bescheid sagen soll ich Euch, dass er die letzte Ölung haben will. Ich hab seine Magd auf der Straße getroffen, die hat’s mir aufgetragen. Und wisst Ihr auch, was er hat, der Beckmann? Dasselbe wie die von der Michelsmühle da drüben.»
Karla hatte während des ganzen Gesprächs Elses Gesicht nicht aus den Augen gelassen. Jetzt fragte sie: «Wo, Else, warst du überhaupt den ganzen Nachmittag?»
Da fuhr die Else herum mit flackerndem Blick und fauchte: «Was geht’s dich an? Ich war, wo ich war.»
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Vierundzwanzigstes Kapitel
«Ihr solltet zum Beckmann gehen», erklärte Karla.
Pater Fürchtegott nickte. «Ja, die Sakramente. Womöglich kann er sie brauchen. Hole mir das Kännchen. Ich mache mich gleich auf den Weg.»
«Ich komme mit», erklärte Karla.
Der Pater schüttelte den Kopf. «Du kannst nachkommen, wenn du magst. Aber erst einmal ist dein Platz hier im Haus.» Er zwinkerte Karla zu. «Die Else kann Beistand brauchen.»
Die saß noch immer am Küchentisch, den Umhang über der Schulter, und weinte und zitterte dabei.
Kaum war der Pater aus dem Haus, da holte Karla eine Branntweinflasche aus der
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