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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Stimme klang hart und entschlossen. Karla wusste, dass er nicht spaßte. Er würde sie bestrafen für das, was sie getan hatte. Sie schluckte. Würde er sie schlagen? Nein. Schlimmeres. Er kam noch einen Schritt näher. Im Mondlicht sah sie seine fettig glänzenden Lippen, das Funkeln in seinen Schweinsäuglein, die Gier in seinem Blick. Karla erstarrte. Jetzt wusste sie, was er vorhatte. Ein Schrei bildete sich in ihrer Kehle, erstarb vor Angst in ihrem Mund, sodass nur ein heiseres Röcheln zu hören war. «Nein!», raunte sie. «Nein, bitte nicht!»
    Leberecht grinste und entblößte dabei seine fauligen Zähne. Ein Schwall schlechter Atemluft traf Karlas Gesicht, und sie verzog vor Abscheu den Mund. «Doch, Täubchen. Es wird genau das passieren, was du am meisten fürchtest!»
    Blitzschnell sprang er vor, packte Karla bei den Haaren. Sie schrie auf. Leberechts andere Hand fasste nach ihrer Brust, zerrte am Tuch, grub in ihrem Mieder wie ein Wildschwein nach Eicheln. «Küss mich!», befahl Leberecht. «Küss mich richtig!»
    Er spitzte seine feuchten Lippen und drängte näher. Dabei ließ er ihr Haar fahren, fummelte mit einer Hand an seiner Hose herum. Karla nahm allen Mut und alle Kräfte zusammen, stieß Leberecht mit beiden Händen vor die Brust, sodass der Mann, dem die Hosen auf den Knien hingen, ins Straucheln geriet und hinfiel.
    Karla wartete keinen Augenblick länger, sie raffte die Röcke und hetzte den schmalen Pfad, der zum Glenhof führte, hinauf.
    Hinter sich konnte sie Leberecht fluchen hören. Viel zu schnell war er wieder auf den Beinen und hetzte hinter ihr her. Karla war nur noch wenige Schritte von der Straße entfernt, als Leberecht näher kam. Schon konnte sie sein Schnaufen hören, seinen Schweiß riechen. Noch drei Schritte! Sie stolperte über eine Astgabel, fing sich im Laufen und hetzte weiter.
    Die Straße lag still und dunkel. Nirgendwo war ein Mensch zu sehen, und hinter den meisten Läden waren die Lichter bereits erloschen. Karla ahnte, dass niemand kommen würde, um ihr zu helfen. Gegenüber befand sich die Mauer zum Hettrichhof. Sie musste dort hinüber, koste es, was es wolle. Denn wenn sie auf dem Hof um Hilfe schrie, würde der Bauer kommen. Mit einem Satz hechtete sie auf die Mauer zu, bekam den oberen Rand zu fassen. Sie spürte spitze Steinchen, die sich schmerzhaft in ihr Fleisch bohrten, ihre Knie rutschten an der Mauer entlang, die Arme schmerzten. Endlich, sie konnte Leberechts Schnaufen schon hinter sich hören, zog sie sich an der Mauer hoch, schwang umständlich und von den langen Röcken behindert ihre Beine über die Mauer, hörte Stoff reißen und sprang auf der anderen Seite wieder herunter.
    Schon sah sie Leberechts Hände oben auf der Mauer, hörte, wie er sich anstrengte, nach oben zu kommen. Da erblickte sie den Misthaufen. Ohne lange zu überlegen, warf Karla sich mitten hinein und schaufelte mit beiden Händen den Mist über sich. Sie zitterte am ganzen Leib, ihre Sinne waren zum Äußersten gespannt, und so dauerte es eine kleine Weile, bis sie ihre Umgebung ertastete. Der Mist brannte ihr in den Augen, stieg in die Nase, die Ohren. Sie konnte vor Abscheu kaum atmen. Mit beiden Händen wühlte sie im Unrat, spürte Schmieriges, Breiiges zwischen ihren Fingern. Sie lag auf etwas Weichem, Stinkendem. Es war ihr, als liege sie auf einer Leiche. Aber nein, da waren Borsten. Da waren Ohren, da war eine weiche Schnauze, die feucht war.
    Da begriff sie, dass sie auf dem toten Schwein lag. Und plötzlich war auch der Gestank kein Geheimnis mehr, sondern einfach nur noch der Geruch von verwesendem Fleisch, der sich auf ihre Haut setzte, in ihr Haar kroch, die Kleider durchdrang. Karla schüttelte es. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und davongelaufen, weg von dem stinkenden Kadaver, doch sie hörte Geräusche auf dem Hof. Leberecht war über die Mauer gekommen, stapfte hierhin und dorthin und fluchte dabei leise vor sich hin. «Verdammte Natter, wo steckst du? Glaube nicht, dass ich dich nicht finde. Du bist mein, bist mir versprochen. Ich werde mir holen, was mir zusteht.»
    «Wer da?»
    Unbemerkt war im Haus ein Laden aufgestoßen worden. Hettrichs Stimme klang durch die Nacht. «Wer da?»
    Leberecht presste sich an die Hauswand, und als der Hettrich im Fenster verschwand, schwang sich der Schmied zurück über die Mauer und war weg. Zugleich schwenkte nun der Hettrich eine brennende Fackel aus dem Fenster, erleuchtete stückchenweise seinen Hof. Als das

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