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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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«Ein Kleid willst du? Was meinst du denn, wie viele Kleider ich habe? Gerade einmal zwei. Kleider sind teuer. Da ist nichts zum Leihen. Außerdem wird es dir sowieso nicht passen.»
    Karla ließ die Arme sinken, sah an sich herab, auf ihr verschlissenes Unterkleid, auf die grobgestrickten Strümpfe, die auch nicht unbeschadet geblieben waren. Obwohl es in der Küche warm war, begann sie plötzlich zu frieren. Sie schlug die Arme um den Oberkörper, um das Zittern zu unterdrücken, doch es gelang ihr nicht. Hier, in der warmen Küche, kam noch einmal die Angst zurück. Karla klapperte mit den Zähnen, wurde durch- und durchgeschüttelt. Tränen stiegen in ihre Augen, rollten wie glitzernde Diamanten über ihre Wangen.
    «Deswegen brauchst du doch nicht gleich zu heulen!», schimpfte Else. «Ich gehe einmal schauen. Von meiner Vorgängerin müsste noch ein Kittel da sein. Den kannst du einstweilen haben.» Grummelnd erhob sie sich von der Bank und verschwand.
    Karla sank auf die Küchenbank, hielt noch immer die Arme um ihren Oberkörper geschlungen und weinte, wie sie noch nie in ihrem Leben geweint hatte. Alles, alles machte sich jetzt Luft. Die Angst vor Leberecht, der Ekel vor seinem Übergriff, die Sorge um den schwarzen Jo und die Ungewissheit über das, was hier im Dorf geschah. Der ganze Tag zog noch einmal an ihr vorüber. Sie roch den Duft des jungen Michelsmüllers, spürte den Atem von Leberecht, fühlte das tote Schwein neben sich … das tote Schwein. Plötzlich durchzuckte Karla ein Gedanke. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und zu Pater Fürchtegott ins Stübchen gelaufen, doch sie war halb nackt. «Das Schwein», flüsterte sie vor sich hin. «Das Schwein. Das ist die Lösung!»

[zur Inhaltsübersicht]
    Siebenundzwanzigstes Kapitel
    Es war kurz vor Mitternacht, als Pater Fürchtegott in die Küche hinunterkam. Sein rechter Zeigefinger war mit Tinte verschmiert, die Haare standen zu Berge, als hätte er sie sich beim Nachdenken zerrauft. Sein Blick war in weite Fernen gerichtet.
    «Und? Worüber habt Ihr nachgedacht?», fragte Karla, die in einem Kittel auf der Küchenbank saß, der ihr nicht nur viel zu weit, sondern auch viel zu lang war. Immer wieder roch sie an dem Stoff und verzog genüsslich die Nase, denn aus dem Kittel stieg ein feiner Wäscheduft auf und erinnerte sie an die alte Grit. In dieser Nacht, der stärksten der Raunächte, hielt sie alles für ein Zeichen. Sogar den feinen Geruch. Alles wird gut, dachte sie bei sich. Sogar die Sache mit Leberecht. Ich werde einfach nicht mehr an ihn denken. Ich muss nicht mehr an ihn denken, ich verbanne ihn einfach aus meinen Gedanken. Die alte Grit wacht über mich. Alles wird gut. Ihre Tränen waren getrocknet, die Kälte aus den Knochen vertrieben. Neben dem Feuer hing ihr Kleid und trocknete, die Stiefel standen, ausgestopft mit Stroh, vor dem Herd.
    Else hockte neben ihr, hatte ihr Haar aufgelöst und striegelte es hingebungsvoll mit einer Bürste. Alle paar Minuten wandte sie sich an Karla. «Siehst du was? Glänzt es schon?»
    Der Pater ließ sich mit einem Seufzen auf die Küchenbank fallen, langte nach dem Krug mit dem Würzwein, langte auch nach Karlas Becher und goss sich ein.
    «Worüber ich nachgedacht habe, willst du wissen?»
    «Ja.»
    «Ich habe über das Böse nachgedacht. Und darüber, wie es zu bändigen ist.» Sein Blick schweifte wieder in die Ferne, und Karla kam es vor, als wäre der Pater gar nicht wirklich mit ihnen hier in der Pfarrhausküche des Dorfes Alwerode.
    «Habt Ihr eine Lösung gefunden?», fragte Karla nach.
    «Wie?» Der Pater sah Karla an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen.
    «Eine Lösung? Wie man das Böse bändigen kann.»
    «Ach so, ja.» Jetzt sah er Karla und Else an, als hätte er sie eben erst bemerkt. Jetzt war er in der Küche angelangt. «Es ist ganz einfach. Einfacher, als man denkt.» Er räusperte sich und hob den Zeigefinger der rechten Hand. «Das Zauberwort heißt Liebe.»
    «Liebe?», fragte Karla nach.
    «Liebe! So ein Unfug!», fand Else.
    «Hört mir zu», sprach der Pater weiter. «Die stärkste Macht auf dieser Welt ist die Liebe. Und deshalb kann nur die Liebe das Böse besiegen.»
    «Ich dachte, Gott ist allmächtig», nörgelte Else und sah den Pater an, als wäre er der Dorfdepp. Aber Fürchtegott ließ sich dadurch nicht stören. «Und was ist Gott? Gott ist die Liebe. So einfach ist es. Hier im Dorf fehlt es an Liebe. An Liebe zu Gott und zum Nächsten. Nur deshalb hat

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