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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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vergeben», hörte Karla ihn murmeln. «Zu den Füßen des Herrn sollst du knien und dein Kind lachen hören.»
    Die Glenbäuerin aber baute sich in der Mitte des Hofs auf, war mit einem Mal nicht mehr blass und schwach. Sie stemmte die Fäuste in die Hüften und sagte mit klarer, energischer Stimme: «Es reicht. Das Maß ist voll. Wenn niemand handelt, so werde ich es tun. Die Einzigen, die uns jetzt noch helfen können, sind die Männer von der Bruderschaft. Höchste Zeit ist es, das wir nach ihnen schicken.»
    Einen kurzen Augenblick standen die Dörfler wie erstarrt, als plötzlich der Himmel aufriss und einen schmalen Streifen Mondlicht auf die Erde schickte. Das Licht erhellte das Gesicht der toten Dorfschulzin, zeigte ihr verbranntes Haar, die im Schmerz verzerrte Miene.
    «Das ist ein Zeichen», flüsterte die Bernadette, und ihr Mann nickte bekräftigend.
    «Ein Zeichen, ein Zeichen», flüsterten auch die anderen. Dann fielen sie auf die Knie, reckten die Hände und beteten.
    Pater Fürchtegott stand dabei, die Kinnlade unten, der Blick fassungslos. Der Glenbauer erhob sich, packte mit beiden Händen die Schultern des Paters und drückte ihn nach unten. «Bete du auch!», schrie er. «Bete, verdammt noch mal, für unsere Seelen.»
    Wie benommen sank Karla auf die Knie, murmelte das Vaterunser. Dabei ließ sie ihren Blick schweifen. Alle lagen am Boden. Nur eine nicht. Es war Alrun, die am Rande des Hofes stand, ihr Gesicht voller Trauer und Wehmut.
    Karla erhob sich nach dem Gebet und ging zu Alrun. «Die Lazarusbrüder. Kennt Ihr sie?», fragte Karla.
    Alrun schüttelte den Kopf. «Nicht jetzt, Mädchen. Frage lieber die Else danach. Komm morgen zu mir. Morgen in der Früh. Und bring den Pater mit. Ich muss euch etwas erzählen.»
    «Über die Lazarener?»
    «Nein, Kind. Über die Michelsmüller. Doch nicht jetzt. Morgen.»
    Dann tätschelte sie Karla die Wangen und verschwand in der Finsternis der Silvesternacht.
    Der Glen stand noch immer mit verzerrtem Gesicht auf dem Hof, trat von einem Bein auf das andere. «Ich reite los», rief er schließlich. «Auf der Stelle sattle ich mein Pferd. Ich werde die Lazarener zu uns holen. Mein Weib hat recht: wenn uns jetzt noch jemand helfen kann, dann die Bruderschaft.»
     
    Nach dem Gebet stoben die Dörfler auseinander, als fürchteten sie die Gegenwart der anderen. Nur der Dorfschulze lag noch immer neben seiner toten Frau und weinte. Rieke und Trudl, die beiden Mägde, packten die tote Frau und trugen sie ins Haus, während die Lori den Dorfschulzen stützte.
    Langsam gingen Karla, Else und der Pater die Straße hinauf zum Pfarrhaus. Else zitterte noch immer, hielt ihren Rosenkranz fest umklammert.
    «Die Lazarusbrüder», fragte der Pater. «Wer sind sie?»
    «Pscht!», fauchte Else. «Man darf ihren Namen nicht ohne Not nennen.» Sie blieb stehen und raunte: «Ein geheimer Orden sind sie, die Brüder. Ins Leben gerufen vor Jahrhunderten vom Papst. Sie sind sehr mächtig und tragen das göttliche Wissen in sich.»
    «Woher weißt du das?», fragte der Pater.
    Else sah ihn verwundert an. «Jeder weiß das. Der Papst ist weit weg, aber die Lazarusbrüder sind hier. Sie vertreten den Papst.»
    «Hier? Hier im Dorf?» Pater Fürchtegott blickte sich um, als erwarte er, hinter der nächsten Hausnische einen der Brüder zu entdecken.
    «Nicht hier. In der Burg sollen sie leben, heißt es. Nicht weit von hier. Aber in allen Dörfern ist einer, der sie kennt und rufen kann.»
    «Hast du sie schon einmal gesehen?»
    Else schüttelte den Kopf. «Niemand hat sie gesehen. Höchstens der Glen. Damals …» Sie brach ab.
    «Was war damals?», fragte Karla nach.
    Jetzt sah sich Else um, als hätte sie Angst davor, belauscht zu werden. Sie setzte an, doch dann winkte sie ab. «Es ist lange her. Fast schon vergessen. Niemand spricht darüber. Es ist zu gefährlich.»
    Der Pater packte Else bei ihrem Umhang und schüttelte sie, doch Else riss sich los und lief davon.

[zur Inhaltsübersicht]
    Achtundzwanzigstes Kapitel
    Der Pater wollte Else nachlaufen, aber Karla hielt ihn fest. «Wir müssen reden», sagte sie.
    Fürchtegott blieb stehen und zog ein schuldbewusstes Gesicht. «Ja, das müssen wir. Ich bin ein schlechter Gefährte, nicht wahr? Ich habe mich nicht um dich gekümmert. Auch du hast sicher Angst.»
    «Das ist jetzt nicht wichtig», erklärte Karla. Und dann berichtete sie von den Michelsmüllern, die im Wald in einer Hütte lebten, erzählte auch von den

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