Texas
konnten in die Nacht entkommen. Archie Macdonald, der alles mit angesehen hatte, floh den Paß hinauf über das Moor und fand Zuflucht bei mir. Er hat mir die schreckliche Geschichte erzählt. Dunessan, denkt an Euch selbst! Denkt an die Sicherheit Eurer Familie! Ich glaube, die Campbells wollen zuerst auf das Moor von Rannoch und dann über die Berge in dieses Tal.«
Der Reiter bestieg sein Pferd und ritt weiter, um andere Clans in anderen Tälern zu warnen.
»Die Campbells sind die personifizierte Perfidie«, sagte der Greis. Er stand neben dem Kuhstall, und während sich sein rostbrauner Collie Rob an seinem Bein rieb, warnte er seinen Enkel Finlay vor dem verräterischen Feind: »Vergiß es nie, mein Junge, daß dein Vater im Kampf gegen die Campbells gefallen ist und daß deine Mutter starb, als sie unser Haus niederbrannten.«
Allmählich kehrte im Glen Lyon wieder ein flüchtiger Frieden ein. Ein Fremder kam ins Tal, ein großgewachsener, ungelenker Mann, der Frömmigkeit und Gelehrsamkeit in dieses umkämpfte Gebiet bringen wollte.
Es war Ninian Gow, Magister der freien Künste der University of St. Andrews im Osten Schottlands und als Priester in der von John Knox gegründeten presbyterianischen Kirche ordiniert. Er liebte seine Kirche und hatte viel geopfert, um ihr zu dienen. Zwei feste Überzeugungen prägten sein Wesen: Schottland war unmöglich zu retten, solange die schottischen Kinder, Jungen und Mädchen, nicht lesen lernten, und Schottland war dem Untergang geweiht, wenn es nicht die Übel der Papisterei bekämpfte.
»Die Campbells sind Katholiken, müßt ihr wissen«, donnerte er bei seiner ersten Predigt im Tal. »Die ruhmreiche Reformation, die uns die wahre Religion brachte, hat die vom Pesthauch befallenen Glens nie erreicht, in denen die faulen Campbells auf der Lauer lagen. Kann es uns dann noch Wunder nehmen, daß sie nichts Verwerfliches darin erblickten, sich die Gastfreundschaft der Macdonalds zu erschleichen und sie dann abzuschlachten?«
Ninian Gow war noch nicht lange in Glen Lyon, da erkannte er, daß Finlay Macnab, der Enkel des Alten, sehr begabt war. Er sprach mit dem Schulmeister über das Kind und hörte
Erfreuliches: »Der Knabe kommt mit den Zahlen gut zurecht und liest besser als ältere Jungen.«
Gow besuchte daraufhin den alten Macnab und kam gleich auf die University of St. Andrews als mögliches Ziel für den Ehrgeiz des Jungen zu sprechen. Finlays Großvater hatte nie daran gedacht, seinen Enkel einmal auf die Universität zu schicken. »Wo ist denn dieses St. Andrews?«
»Es liegt an der Küste von Fife, an der Nordsee, eine alte Stadt aus grauem Stein. Ehrwürdige Ruinen und schöne neue Schulbauten prägen ihr Bild. Sie ist das Zentrum des Presbyterianismus in Schottland.«
Gow kam wiederholt auf das Thema zurück und betonte, wie zweckmäßig es doch wäre, den jungen Macnab dort studieren zu lassen, aber der Alte wollte nichts davon wissen: »Ich bin dagegen, daß mein Enkelsohn Geistlicher wird.« Dennoch brachte Macnab das Thema eines Tages nach dem Abendessen in Anwesenheit seiner Frau und seines Enkels zur Sprache. »Würdest du gern nach St. Andrews gehen, wie es der Pfarrer vorschlägt?«
Finlay antwortete: »Ich lese sehr gerne. Euklid habe ich gelesen und jetzt Cicero.«
»Und für was soll das gut sein?« fragte der alte Mann in ehrlicher Verwunderung.
»Das weiß ich nicht«, antwortete Finlay aufrichtig. »Ich spiele einfach gern mit Zahlen und Wörtern.«
»Was sagst du dazu, Mhairi?« fragte Macnab seine Frau.
»Ich habe ihn schon immer für einen klugen Jungen gehalten.«
»Du würdest also gern an die Universität gehen?« wiederholte der Alte seine Frage.
»Ja, sehr gern!«
Als es auf den Hochsommer zuging, mußte Macnab sich traurig eingestehen, daß er den mühseligen Marsch über die
Berge zum Viehmarkt nach Falkirk nicht mehr unternehmen konnte und daß Finlay an seiner Stelle die Tiere dorthin treiben mußte. Macnab bestimmte, daß sein Enkelsohn einen Teil des Geldes aus dem Verkauf der Rinder behalten und zur University of St. Andrews weiterziehen sollte. Im Juli war alles abgemacht, und Ninian Gow schrieb einen Brief an einen Freund in der alten, grauen Stadt:
»Ich schicke Euch einen braven und guten Jungen, Finlay Macnab von Glen Lyon. Er wird dreizehn sein, wenn er zu Euch kommt. Nehmt ihn in Eure Obhut und bereitet ihn auf die Universität vor, wo er mit vierzehn sein Studium beginnen soll. Er hat Euklid gelesen und
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