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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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die nur dann eingriffen, wenn ein Hochländer einem Engländer beim Feilschen die Kehle durchzuschneiden drohte. Konnte der Streit geschlichtet werden, dann zogen sich alle drei, der Viehtreiber, der Engländer und der Konstabler, unter einen der Bäume zurück, um sich ein paar kräftige Schlucke zu gönnen.
    Der Viehmarkt dauerte zwei Wochen, und in dieser Zeit arbeiteten die Hochländer mit allen Tricks, die schon ihre Vorfahren gekannt hatten, um die Tiefländer dazu zu bringen, einen mehr als günstigen Preis für das Vieh zu bezahlen; die Tiefländer verfolgten eine Taktik des Verzögerns und Hinhaltens, und oft drohten sie sogar, wieder abzureisen, um die Treiber befürchten zu lassen, am Ende ohne Käufer dazustehen.
    Die beiden Macnabs hatten ihre Verkaufschancen stark verbessert, indem sie, wie in Glen Lyon der Brauch, unbeaufsichtigte Tiere von ihren Nachbarn gestohlen hatten. Ihre Herde zählte jetzt einundneunzig Stück, und da jedes der gestohlenen Rinder ein Prachtexemplar war, konnten sie eine wirklich erlesene Auswahl anbieten.
    Drei verschiedene Käufer hatten sich die Herde der Macnabs tagelang genau angesehen und dabei festgestellt, daß sie zu Beginn des Marktes einundneunzig Stück betragen hatte, jetzt aber vierundneunzig Rinder zählte, und daß es Tiere der besten Qualität waren. »Von den Macnabs habe ich immer gern gekauft«, sagte einer der Händler aus dem Süden zu seinem Helfer. »Die kümmern sich um ihre Tiere.«
    »Und auch um andrer Leute Tiere«, entgegnete sein Treiber voll Bewunderung.
    Ein Handel kam zustande, und mit einigem Bedauern sah Finlay zu, wie seine kostbaren Tiere nach Süden getrieben wurden. Nun ging das große Spektakel des Viehmarktes von Falkirk allmählich zu Ende. Die Zelte wurden abgebrochen, die Musik verstummte. Macnab aus Corrie zeigte Finlay, wie er seine Münzen in einen Zipfel seines Kilts binden mußte: »Ich gehe jetzt mit meinen zwei Hunden nach Argyll im Westen«, sagte er. »In Glen Orchy habe ich noch ein Geschäft zu erledigen. Du ziehst ostwärts nach St. Andrews, und Rob kommt schon allein zurecht. Das schafft er leicht.«
    Der ältere Macnab machte sich mit seinen Hunden auf den Weg. Finlay führte Rob zur nördlichen Stadtgrenze und band ihm dort ein kleines Stoffsäckchen um den Hals, in das er einen Zettel legte. »Das ist Rob. Er gehört den Macnabs von Dunessan. Die Kosten für sein Futter werden erstattet. Finlay Macnab von Glen Lyon.«
    Der Junge kniete neben seinem Hund nieder und umarmte ihn. Dann tätschelte er ihn liebevoll und sagte: »Rob, geh heim!«
    Gehorsam verließ das Tier seinen Herrn und machte sich auf den langen Weg zurück nach Glen Lyon. Neun Tage würde der Hund brauchen. Hin und wieder würde er bettelnd zu einer Hütte kommen, wo man ihn füttern würde, denn der Zettel an seinem Hals versicherte jedem, daß man für das Futter des
    Hundes bezahlen würde, wenn das Macnabsche Vieh im nächsten Jahr nach Falkirk getrieben wurde.
    Es gab viele Jungen in Finlays Alter, die ganz allein aus allen Teilen Schottlands in das alte Königreich Fife an der Nordsee wanderten, wo sich die älteste Universität des Landes befand. St. Andrews war das Zentrum des presbyterianischen Glaubens, eine vornehme Universität, nach außen hin grau und still, in den verschiedenen Colleges jedoch erfüllt von sprühendem intellektuellem Leben.
    In seinem dreizehnten Lebensjahr studierte Finlay Macnab bei Eoghann McRae, dem Tutor, an den Ninian Gow ihn empfohlen hatte. Er wohnte im Haus dieses ärmlich lebenden Mannes, und wenn sie ihre dürftigen Mahlzeiten beendet hatten, holte Finlay die Bücher und brütete über seinem Griechisch, seiner Moralphilosophie und seinen Zahlen. Auf dem Spaziergang, den er jeden Morgen vor dem Frühstück mit seinem Tutor unternahm, hatte er ausgiebig Gelegenheit, St. Andrews zu bestaunen. Nach alter Tradition trugen die Studenten leuchtend rote Roben, niemals schwarze, solange sie keine akademischen Grade erworben hatten, so daß es manchmal schien, als wäre die Stadt voll von hin und her eilenden flammend roten Blumen.
    Mit vierzehn wurde Finlay in das Leonardine College der Universität aufgenommen. Während seines ganzen Studiums sah er seine Großeltern und Rob, den Hund, kein einziges Mal. Er wohnte auch weiterhin bei seinem ersten Tutor und mußte sich mit sehr kärglichen Mahlzeiten zufriedengeben, aber nun hatte er das Recht, die rote Robe zu tragen, und war sehr stolz darauf.
    In seinem letzten Jahr

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