Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
Vom Netzwerk:
verdächtige Bewegung macht, schieß’ ich ihn tot.«
    Dieser bärtige Kaintuck, reizbar und mit finsterem Blick, war auf dem Weg nach Norden, um in Cincinnati oder Pittsburgh ein weiteres Schiff zu besteigen, und die unpassierbaren Wasserläufe machten ihn wütend.
    »Was zum Teufel hast du mit diesen Rindern vor?« waren die ersten Worte, die er über den Wildbach schleuderte.
    »Ich bringe sie nach Texas«, brüllte Finlay zurück.
    »Du bist ein gottverdammter Narr, wenn du das versuchst.« Damit endete das Gespräch, denn Finlay hatte keine Lust, sein Unternehmen einem Fremden gegenüber zu rechtfertigen. Bei Einbruch der Dunkelheit nahm der Kaintuck einen neuen Anlauf: »Wie heißt denn dein Hund, Kleiner?«
    »Betsy.«
    »Ein verdammt guter Name, und sie sieht auch aus, als ob sie ein verdammt guter Hund wäre.«
    »Ist sie auch. Sie hilft uns.«
    »Und ich wette, bei den vielen Rindern könnt ihr ihre Hilfe gut gebrauchen.«
    »Ohne sie kämen wir nicht weiter.«
    »Ich wette, du bist auch eine große Hilfe.«
    »Ich bemühe mich.«
    In den zwei folgenden, ermüdenden Tagen unterhielt sich Otto, nur fünfeinhalb Meter von ihm entfernt, viel mit dem Kaintuck. Die beiden redeten miteinander, als ob sie gleichwertige Partner wären, und in gewissem Sinn waren sie das auch, denn der Mann hatte seine Ausbildung auf der Stufe beendet, auf der Otto die seine gerade begann, und je länger sie miteinander sprachen, desto mehr Gefallen fanden sie aneinander.
    Am späten Nachmittag des dritten Tages wurde erkennbar, daß das Wasser in der Nacht zurückgehen würde. Kurz bevor es dunkel wurde, begann der Kaintuck, inzwischen wesentlich friedlicher geworden, noch einmal ein Gespräch:
    »Wie ist Ihr Name, Mister?«
    »Macnab, Finlay. Und wie heißen Sie?«
    »Zave.«
    »Zave!« rief Otto. »Was ist denn das für ein Name?«
    »Der schönste der Welt. So hieß einer der großen Heiligen, Francis Xavier.«
    Es wurde ganz still. Nach einer Weile fragte Macnab: »Heißt das, daß Sie ein Papist sind?«
    »Ja, aber ich dränge meinen Glauben niemandem auf.«
    Macnab schwieg. Daß er in dieser Wildnis ausgerechnet auf einen Papisten gestoßen war, bereitete ihm großes Unbehagen.
    Als sich die Dunkelheit herabsenkte, sagte der Kaintuck plötzlich ganz ruhig: »Sie brauchen Hilfe mit den Rindern, Macnab.« Keine Antwort. »Sonst kriegen Sie sie nie nach Natchez.« Keine Antwort. »Und ich habe mir gedacht, wenn das Wasser zurückgeht und wir hinüberkönnen. Also, ich habe mir gedacht, daß wir ja vielleicht Partner werden könnten.«
    »O Poppa!« Der Junge stieß einen Schrei des Entzückens aus und begann einen Freudentanz.
    »Also, wie wär’s, Macnab?«
    »Woher kommen Sie wirklich, Zave?« Es klang argwöhnisch.
    »Aus einem Dorf in Kentucky. Ein armseliges Nest.«
    »Wie lautet Ihr voller Name, Zave?«
    »Francis Xavier Campbell.«
    Guter Gott! Mitten in der Wildnis des Mississippi war ein verräterischer Campbell aus dem Moor von Rannoch auf einen
    Macnab aus Glen Lyon getroffen! »Campbell ist ein verhaßter Name!« rief Macnab ins Dunkel. »Seit Glencoe.«
    »Ich weiß über die Sache in Glencoe Bescheid«, antwortete die Stimme vom anderen Ufer, »aber das ist schon lange her. Ich bin ein Campbell aus Hopkinsville, nicht aus Glencoe, und ich möchte mich Ihnen anschließen.«
    In dieser Nacht erzählte Finlay seinem Sohn, wie die Campbeils die Gastfreundschaft der Macdonalds mißbraucht und alle abgeschlachtet hatten. Ihm war, als trüge jeder Campbell auf der Welt die Blutschuld von Glencoe. Im Morgengrauen packte Zave Campbell seine Sachen zusammen, watete durch den nur mehr seichten Bach und kam auf die Macnabs zu. Zu Tode erschrocken hob Finlay sein Gewehr und schrie: »Keinen Schritt weiter!« Aber Otto lief auf Campbell zu und stürzte sich in seine Arme. »Komm mit uns, Zave!« rief er, und schließlich ließ Finlay sich überreden. Von da an wanderten sie zu viert über den Trampelpfad.
    Noch waren es mehr als dreihundert Kilometer bis Natchez, und während sie so dahinmarschierten - sechzehn Kilometer legten sie jetzt am Tag zurück -, beklagte sich Zave ab und zu: »Erst bin ich das ganze lange Stück raufgelaufen, und jetzt laufe ich’s wieder runter.«
    »Du wolltest ja unbedingt mitkommen«, brummte Finlay. Die ersten zehn Tage hindurch beobachtete er Campbell scharf. Wenn die Nacht hereinbrach, legte Finlay sich nicht etwa schlafen - denn er war fest davon überzeugt, daß Campbell ihm, sobald er die

Weitere Kostenlose Bücher