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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Augen zumachte, die Kehle durchschneiden würde -, sondern lehnte sich, die Flinte in der Hand, sitzend gegen einen Baum. Zave erfuhr nie etwas von diesen Nachtwachen. Am zwölften Tag hatte Finlay sich endlich von der Harmlosigkeit Campbells überzeugt. »Zave«, platzte er heraus, »niemand kann besser mit einer Herde umgehen als du.
    Wenn wir in Texas sind und unser Land haben, sollst du einen Anteil bekommen. Du hast ihn dir verdient.«
    So wanderten sie dahin, trieben das Vieh über das einsame Land, wie es ihre Vorfahren vor zweihundert Jahren im schottischen Hochland getan hatten, und erreichten schließlich Natchez, diese schöne französisch-spanisch-englischamerikanische Stadt, auf einem Hügel über dem Mississippi gelegen, wo die großen Schiffe anlegten, die Saloons nie zumachten und wo Bootsleute aus Kentucky und Tennessee in einer Stunde verloren, wofür sie vier Monate lang geschuftet hatten.
    Während sie ihre Rinder durch die von großen, eleganten Häusern gesäumte Hauptstraße trieben, begriff Otto instinktiv, daß er und seine Gefährten sich hier nicht aufhalten durften. Die drohenden Blicke der elegant gekleideten Passanten sagten ihm das mehr als deutlich. Unten am Hafen betraten sie dann plötzlich eine ganz andere Welt: schwitzende schwarze Lastträger, Dampfschiffe, die zu einem anderen Liegeplatz gezogen wurden, und dröhnende Musikkapellen. Natchez-under-the-Hill, das untere Natchez, war eine eigene Stadt von mehreren tausend Einwohnern. Hier kamen die Warenströme, die auf den großen Flüssen - Ohio, Missouri, Mississippi -transportiert wurden, vorübergehend in riesigen Lagerhallen zur Ruhe.
    Der Hafen war ein Durcheinander von Schwarz und Weiß, Menschen aus Virginia und New York, Käufern und Verkäufern, Sklaven und Freien, und so mancher, der jetzt auf dem Hügel eines der großen weißen Häuser mit Säulen besaß, hatte hier im unteren Teil der Stadt mit dem Verkauf von Fisch und Bauholz angefangen.
    Es wurde Zeit, das Vieh nach Süden, nach New Orleans weiterzutreiben. Als Macnab die nötigen Vorbereitungen treffen wollte, erfuhr er zwei schmerzliche Wahrheiten: Der
    Transport mit dem Dampfschiff war viel zu teuer, und die Idee mit der Rinderherde war die größte Dummheit seines Lebens gewesen. »Mann«, sagte man ihm, »in New Orleans gibt es so viel Vieh, wie man nur brauchen kann. Die Rinder kommen von überallher auf den Markt.« Finlay wies darauf hin, daß er sie ja eigentlich nach Texas mitnehmen wollte. Sein Gesprächspartner hielt sich den Bauch vor Lachen. »He, Hector, komm doch mal her und hör dir das an!«
    Hector war ein kleiner Dicker, der wegen seines Übergewichts dauernd schwitzte. »Rinder nach Texas? Das ist das Verrückteste, was ich je gehört habe. Das Vieh rennt dort frei herum, Millionen Stück. Bei mir sind zwei Mexikaner angestellt, die nichts anderes zu tun haben, als das verdammte Vieh von meinem Besitz fernzuhalten!«
    »Ist das wirklich wahr?«
    »Seit Menschengedenken oder vielleicht auch erst, seitdem die Spanier kamen, vermehren sich die Rinder in Texas unkontrolliert. Sie sind überall, riesige Tiere mit großen Hörnern - das beste Fleisch, das Gott je geschaffen hat, und der Teufel soll mich holen, wenn sie nicht frei herumlaufen. Sie nehmen sich einfach Ihr Lasso.«
    »Fällt mir schwer zu glauben, was Sie da erzählen.«
    »In Texas ist alles anders, Freundchen, das müssen Sie mir glauben. Wenn Sie Ihr Vieh wirklich dorthin bringen wollen, können Sie es dort nur noch verschenken. Verkaufen bestimmt nicht.«
    »Was soll ich denn jetzt tun?«
    »Hier als Schlachtvieh verkaufen.«
    »Da bekomme ich doch längst nicht so viel, wie ich in Nashville dafür bezahlt habe.« Er spuckte aus. »Und die viele Mühe auf dem Weg hierher!«
    Macnab und Campbell verbrachten fünf Tage damit, den besten Preis für ihr Vieh herauszuschlagen. Otto staunte nicht schlecht, als er sie eines Nachmittags zu einem in Aussicht genommenen Kunden sagen hörte, daß sie dreiunddreißig Stück zu verkaufen hätten, denn er wußte, daß sein Vater Nashville mit dreißig Stück verlassen und unterwegs zwei davon verkauft hatte. Mit Hilfe einer fünfhundert Jahre alten Praktik waren der Herde fünf zusätzliche Tiere einverleibt worden.
    Macnab mußte einen beträchtlichen Verlust hinnehmen, aber das Geschäft hatte auch sein Gutes. Der Käufer war ein Mann, der eine Reparaturwerkstatt für Dampfschiffe betrieb, eine Art binnenländischer Schiffszubehörhandlung. Im

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