Texas
nimmt immer wieder zu.«
Bei der Sprengung des Treibholzes im Red River hatte Texas zwar ohnmächtig zusehen müssen, aber immerhin wurde schließlich der große Weidekrieg beendet. Man erließ eine Reihe von Gesetzen, mit deren Hilfe ein Schlußpunkt unter das gegenseitige Gemetzel gesetzt wurde. Wer einen Zaun beschädigte, wurde verhaftet, mit einer Geldstrafe belegt und für lange Zeit ins Gefängnis gesteckt. Ebenso erging es jedem, bei dem man eine Drahtschneidezange fand. Jeder Viehtreiber, der, wie R. J. Poteet es getan hatte, seine Herde auf eingezäuntes Land trieb, war mit Gefängnis zwischen einem und fünf Jahren zu bestrafen.
Die Großgrundbesitzer, die öffentliches Land eingezäunt hatten, wurden aufgefordert, alle Zäune abzureißen, die der Bevölkerung den Zugang zur Wasserversorgung verwehrten. Überall dort, wo die Zäune quer über öffentliche Straßen liefen, mußten Tore eingebaut werden. Die Regierung gab ihnen bis zu sechs Monate Zeit für diese Maßnahmen; wenn sie sie dann noch nicht getroffen hatten, wurden sie höflich ermahnt. Ignorierten sie diese Mahnung, dann dauerte es vielleicht drei Jahre, bis man sie ernstlich tadelte - schriftlich. Geld- oder gar Gefängnisstrafen kamen für die Großgrundbesitzer natürlich nicht in Frage.
Nachdem er die ersten vier Grundsteine für die kleine Stadt gelegt hatte - Krämerladen, Saloon, Schule, Bank -, konnte Rusk nun seine Aufmerksamkeit den nächsten drei zuwenden: Kirchen, Zeitung, Eisenbahn.
Bankier Weatherby, auch er begierig, Fort Garner und seine Bank wachsen zu sehen, trug dazu bei, das Problem der Kirchen zu lösen: »Earnshaw«, sagte er eines Morgens, als Rusk zu ihm kam, um die Zinsen für sein Darlehen zu zahlen, »es geht jeder Stadt besser, wenn sie über starke Kirchen verfügt.«
»Was können wir tun, um sie hierherzubekommen?«
»Wir werden die Zeitungen in Fort Worth bitten, bekanntzugeben, daß wir jeder anerkannten Religionsgemeinschaft ein Stück Land ihrer Wahl zur Verfügung stellen.«
Weatherbys Ratschlag erwies sich als überaus klug, denn als diese Nachricht sich in Texas verbreitet hatte, interessierten sich gleich acht verschiedene Kirchen für das Angebot, wobei sechs sich sofort ein Grundstück aussuchten und mit dem Bau begannen. Die Baptisten waren die ersten und sicherten sich die beste Lage im Zentrum der kleinen Stadt; als zweite kamen die Methodisten; die Presbyterianer suchten sich ein stilles Plätzchen, und die Episkopalen entschieden sich für den Stadtrand. Die Kirche Christi wollte sich in den ersten Jahren mit einem kleinen Holzbau zufriedengeben, und eine Gruppe, die sich »Retter der Bibel« nannte, errichtete gar nur ein Zelt.
Dies sollte eine der geschicktesten Investitionen werden, die Rusk je vorgenommen hatte, denn die Kirchen brachten Stabilität und veranlaßten Siedler aus älteren Städten, nach Fort Garner zu ziehen.
Charles Fordson, ein junger Mann, der in Harvard studiert hatte, zog schon seit einiger Zeit mit zwei Maultieren, einem Wagen und einer Fracht durch den Westen, die seit Gutenbergs Tagen Fortschritt verkörperte - eine handbetriebene Druckerpresse.
Kaum hatte Rusk von der Ankunft des jungen Mannes erfahren, suchte er ihn auf, zeigte ihm die fünf restlichen leeren Häuser und versicherte ihm: »Sie werden in ganz Texas keine besseren Arbeitsbedingungen finden. Wir sind dabei, eine Metropole zu werden! Bleiben Sie!«
Charles Fordson ließ sich von Earnshaws Lockrufen betören; eine Zeitung hier in der Stadt könnte sich rentieren, dachte er, nannte sie aber Larkin County Defender, denn er befürchtete, die Stadt allein werde nicht genügend Material liefern, um sein Blatt am Leben zu erhalten.
Im Winter 1881 veröffentlichte Fordson eine Serie von Artikeln, in denen er Nachrichten mit redaktionellen Kommentaren verband. Einige wahllos herausgegriffene Passagen lassen die Stoßrichtung seiner Angriffe erkennen:
»In den vergangenen zwei Jahren hat es insgesamt vierzehn Hinrichtungen durch Erschießen gegeben, davon vier auf den Straßen der Bezirkshauptstadt und zehn in der näheren Umgebung. Zweifellos hat mindestens die Hälfte der vierzehn Angeklagten den Tod verdient, aber es dürfte schwerfallen, die Behauptung zu erhärten, die andere Hälfte sei im Einklang mit irgendeinem Paragraphen der Rechtsordnung gestorben. Diese Menschen wurden ermordet, und dafür gibt es keine Rechtfertigung. Die einzige Lösung des Problems liegt in einer strikten Handhabung des
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