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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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nicht so ein ausgehungerter Schlappschwanz wie mein Vater sein.«
    Solche Dinge sagte er jetzt immer häufiger. Er war so gehässig, daß sie nicht mehr wußte, was sie tun sollte. Aber es kam noch schlimmer. Bestürzt registrierte Emma, daß ihr nunmehr dreizehnjähriger Sohn sich immer häufiger mit Molly Yeager, der körperlich gutentwickelten elfjährigen Tochter des Verwalters, herumtrieb. Sie ging zu Mrs. Yeager, um die
    Sache mit ihr zu besprechen. »Mrs. Yeager, ich mache mir Sorgen um Molly und unseren Floyd.«
    »Sorgen?«
    »Weil sie oft allein miteinander sind. Da könnte es unliebsame Überraschungen geben.«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich meine, daß Ihre Tochter ein Baby bekommen könnte.«
    »Was!« Mrs. Yeager sprang auf und lief nervös in ihrer Küche hin und her. »Wollen Sie damit sagen, daß diese Rotzgöre.?«
    Und noch bevor Emma sie zurückhalten konnte, war Mrs. Yeager auf die Veranda hinausgestürmt und brüllte nach dem Mädchen. Als Molly erschien, ein pummeliges, ungepflegtes Kind mit einem hübschen Gesicht, ließ die Mutter Schläge auf ihren Kopf hageln und schrie: »Hinter meinem Rücken gehst du mir auf keinen Heuboden mehr!« Im Umkreis von hundertfünfzig Kilometern gab es keinen einzigen Heuboden, aber das war die Drohung, mit der ihre eigene Mutter sie stets bedacht hatte, und im Augenblick fiel ihr keine andere ein.
    Molly funkelte Emma als vermutete Urheberin der ganzen Angelegenheit böse an und versuchte wegzulaufen, doch nun packte Mrs. Yeager sie am Arm und wirbelte sie herum wie einen Kreisel, während sich Mutter und Tochter gegenseitig anbrüllten.
    Diese Form der Kindererziehung konnte Emma weder verstehen noch billigen. In ihr eigenes Haus zurückgekehrt, beschloß sie, mit Floyd ein ernstes Wort zu reden, und als er mit der barschen Frage »Wann gibt’s Essen?« hereingeschlurft kam, zwang sie ihn, sich hinzusetzen. Dann teilte sie ihm mit, daß es ihm ab sofort verboten sei, sich mit Molly Yeager davonzuschleichen.
    »Und wieso?« fragte er frech.
    »Weil es sich nicht gehört.«
    Ihr Sohn starrte sie an und deutete dann mit seinem schwammigen rechten Zeigefinger auf sie. »Und hat sich das gehört, was du mit den Indianern gemacht hast?« Damit sprang er auf und lief aus dem Zimmer.
    Dieser Zwischenfall veranlaßte Emma, mit R. J. Poteet zu sprechen, als er auf dem Weg nach Dodge City wieder einmal vorbeikam: »R. J. mein Sohn ist eine einzige Katastrophe. Würden Sie ihn bitte nach Dodge City mitnehmen? Vielleicht können Sie einen Mann aus ihm machen.«
    »Was ich bis jetzt von Ihrem Sohn gesehen habe, gefällt mir ganz und gar nicht, Emma.« Auch mit vierundsechzig redete Poteet noch ohne jede Umschweife. »Er ist ein schwieriger Fall. Ehrlich gesagt, ich mag ihn nicht.«
    »Bitte nehmen Sie ihn mit. Es ist vielleicht seine letzte Chance.«
    »Für Sie, Emma, tue ich alles.« Schon wollte sie ihm danken, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen. »Ich werde alt. Ich fühle es in den Knochen. Vorigen Winter habe ich mich entschlossen, nicht mehr nach Norden zu ziehen.« Er verstummte und warf einen Blick über das Flachland. »Nie habe ich ein besseres Team gehabt! Schauen Sie sich die prächtigen Jungen an! Das hier sollte der beste Viehzug sein, den ich je zusammengestellt habe, und jetzt drängen Sie mir Ihren nichtsnutzigen Sohn auf. Aber gut, ich nehme ihn mit. Und ich bringe ihn auch wieder zurück - was immer bei der Sache herauskommen mag.«
    Die Herde, die fünfundzwanzig Kilometer am Tag zurücklegte, benötigte vier Tage bis zum Red River, und in dieser Zeit lernte Floyd schon eine ganze Menge übers Viehtreiben. Eines Abends, als alle um den Proviantwagen herumsaßen, fragte er: »Wie lange muß ich noch am Ende reiten und den Staub fressen?«
    Poteet antwortete: »Bis nach Dodge hinauf. Es gelten die gleichen Regeln für alle. Wenn sie dir nicht gefallen, mein Junge - du kannst immer aussteigen. Aber entscheide dich, bevor wir den Red River überqueren, denn von der anderen Seite nach Hause zurückzukehren würde nicht leicht für dich sein.« Floyd nahm die Herausforderung zähneknirschend an. Obwohl er geradezu grotesk fett war, wußte er mit Pferden umzugehen und stellte sich gar nicht dumm an. »Vom Reiten verstehst du was«, lobte ihn Poteet, ohne ihn damit besänftigen zu können, und auf dem ganzen Weg durch das frühere Indianerterritorium war Floyd der mürrische, unangenehme Bursche, als den Poteet ihn kannte. Als die Herde die Grenze zu Kansas

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