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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sie, sah die Resignation in ihrem Gesicht, als sie von Larry zu Nadine und wieder zurück blickte. Er sah, wie gekränkt sie war.
    »Ich komm' gleich wieder, Lucy.«
    »Nein, wirst du nicht«, sagte sie betrübt. Tränen glitzerten in ihren Augen. »O nein, das bezweifle ich.«
    »Zehn Minuten.«
    »Zehn Minuten, zehn Jahre«, sagte Lucy. »Sie will dich holen. Hast du auch Hundehalsband und Maulkorb mitgebracht, Nadine?«
    Für Nadine existierte Lucy Swann nicht. Ihre Augen waren auf Larry fixiert, diese großen, dunklen Augen. Für Larry würden es immer die seltsamsten und schönsten Augen bleiben, die er je gesehen hatte, Augen, die einen ruhig und tief ansahen, wenn man litt oder Schwierigkeiten hatte oder vor Kummer außer sich war.
    »Ich komme gleich, Lucy«, sagte er mechanisch.
    »Sie...«
    »Geh schon mal.«
    »Ja, das werde ich wohl. Sie ist gekommen. Ich habe ausgedient.«
    Sie lief die Stufen hoch, stolperte über die oberste, behielt das Gleichgewicht, zog die Tür auf und schlug sie hinter sich zu und schnitt damit das Schluchzen ab, als es gerade anfing. Nadine und Larry sahen einander wie in Trance an. So passiert es, dachte er. Wenn man in Augen sieht, die man nie wieder vergißt, oder im Gedränge auf dem Bahnsteig der U-Bahn plötzlich jemanden sieht, der ein Doppelgänger sein könnte, oder auf der Straße ein Lachen hört, das das Lachen des ersten Mädchens gewesen sein könnte, mit dem man geschlafen hat.
    Aber er hatte einen so bitteren Geschmack im Mund.
    »Laß uns zur Ecke und zurück gehen«, sagte Nadine mit leiser Stimme. »Würdest du das für mich tun?«
    »Ich sollte lieber zu ihr gehen. Du hast dir einen verdammt ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht.«
    »Bitte? Nur zur Ecke und zurück? Wenn du willst, werde ich vor dir knien und dich anflehen. Hier. Siehst du?«
    Zu seinem Entsetzen sank sie tatsächlich auf die Knie, wobei sie den Rock ein Stück hochschieben mußte, ihm die nackten Beine zeigte und ihm die eigenartige Gewißheit vermittelte, daß darunter auch alles andere nackt war. Warum dachte er das? Er wußte es nicht. Ihre Augen sahen ihn an, daß sein Kopf wirbelte, und irgendwo schwang hier ein ekelerregendes Gefühl der Macht mit, das damit zu tun hatte, daß sie hier vor ihm auf den Knien lag und den Mund auf einer Ebene hatte mit...
    »Steh auf!« sagte er grob. Er nahm ihre Hände und zerrte sie hoch und versuchte, nicht zu sehen, wie der Rock noch weiter hinaufrutschte, bevor er wieder herunterfiel, daß ihre Schenkel cremefarben waren, von jenem weißen Farbton, der nicht blaß und tot ist, sondern voller Leben und gesund und erregend.
    »Komm«, sagte er, fast vollkommen entnervt.
    Sie gingen nach Westen, in Richtung der Berge, die eine weit entfernte negative Präsenz darstellten, dreieckige Schemen der Dunkelheit, welche die Sterne verdeckten, die nach dem Regen herausgekommen waren. Wenn er nachts auf diese Berge zuging, fühlte er sich immer irgendwie unbehaglich, aber auch irgendwie abenteuerlustig, und jetzt, während Nadine an seiner Seite ging, die Hand leicht auf seinen Ellbogen gelegt, schienen diese Empfindungen noch stärker zu sein. Er hatte immer lebhafte Träume gehabt und vor drei oder vier Nächten von diesen Bergen; er hatte geträumt, daß Trolle darin hausten, tückische Kreaturen mit hellgrünen Augen, unförmigen Wasserköpfen und kräftigen Händen mit kurzen Fingern. Würgerhände. Geistlose Trolle, welche die Gebirgspässe bewachten. Die warteten, bis  seine  Zeit gekommen war - die Zeit des dunklen Mannes.
    Ein leichter Windhauch wehte mäanderförmig die Straße entlang und blies Papierschnipsel vor sich her. Sie kamen am King Sooper's vorbei, wo ein paar Einkaufswagen wie tote Wachtposten auf dem großen Parkplatz standen, und er mußte an den Lincoln-Tunnel denken. Im Lincoln-Tunnel waren Trolle gewesen. Sie waren tot, aber das bedeutete nicht, daß alle Trolle in dieser neuen Welt tot waren.
    »Es ist schwer«, sagte Nadine immer noch mit leiser Stimme. »Sie hat es schwergemacht, weil sie recht hat. Ich will dich jetzt. Und ich fürchte, ich komme zu spät. Ich möchte hier bleiben.«
    »Nadine...«
    » Nein !« sagte sie aufbrausend. »Laß mich ausreden.  Ich will hier bleiben , kannst du das nicht verstehen? Und wenn wir zusammen sind, kann ich es. Du bist meine letzte Chance«, sagte sie mit brechender Stimme. »Joe ist auch weg.«
    »Aber das stimmt nicht«, sagte Larry und kam sich begriffsstutzig und dumm und langsam vor.

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