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Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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befanden sich in einem dunklen, schmalen Gang. Durch kleine Schlitze, die im Abstand von ein paar Metern in die Wand eingelassen waren, fiel ein schwaches Licht, so daß keine Fackeln nötig waren.
    Als Kate in den Ruinen von Castelgard diesen Gang in ihre Burgkarte eingezeichnet hatte, hatte sie sich gefragt, warum er überhaupt existierte. Er schien völlig nutzlos zu sein. Aber jetzt, da sie hier war, begriff sie seinen Zweck.
    Das war kein Gang, um von einem Raum in einen anderen zu kommen. Es war ein Geheimgang, von dem aus man in die Gemächer im Obergeschoß spähen konnte.
    Sie bewegten sich leise vorwärts. Aus einem angrenzenden Zimmer hörte Kate Stimmen: eine Frauen-und eine Männerstimme.
    Als sie zu den kleinen Gucklöchern kamen, blieben sie alle stehen und lugten hindurch.
    Von Chris kam ein Seufzen, das fast ein Aufstöhnen war.
    Zuerst sah Chris nur die Silhouetten eines Mannes und einer Frau vor einem hellen Fenster. Es dauerte einen Augenblick, bis seine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten. Dann erkannte er Lady Claire und Sir Guy. Sie hielten sich an den Händen, berührten sich vertraut. Er küßte sie leidenschaftlich, sie hatte die Arme um seinen Hals gelegt und erwiderte den Kuß mit ähnlichem Feuer.
    Chris starrte nur hin.
    Nun trennten sich die Liebenden, und Guy sprach zu ihr, während sie ihm tief in die Augen schaute. »Mylady«, sagte er, »Euer öffentliches Gebaren und Eure barsche Unhöflichkeit verleiten viele dazu, mich hinter meinem Rücken auszulachen und mich der Unmännlichkeit zu zeihen, weil ich Euch solche Beleidigungen durchgehen lasse.«
    »Aber es muß so sein«, sagte sie. »Um unser beider willen. Dies wißt Ihr sehr genau.«
    »Doch hätte ich es gern, wenn Ihr es nicht gar so heftig  treiben würdet.«
    »Ach so. Und wie denn dann? Wollt Ihr das Vermögen aufs Spiel setzen, das wir beide erstreben? Es gibt auch anderes Gerede, guter Ritter, das wißt Ihr nur zu gut. Solange ich mich der Heirat widersetze, teile ich den Verdacht, den viele hegen: daß Ihr beim Tod meines Gatten eine Hand im Spiel hattet. Doch wenn Lord Oliver mir diese Heirat aufzwingt, trotz aller meiner Gegenwehr, dann kann mir niemand mangelnde Achtung vor dem Toten vorwerfen. Habe ich recht?«
    »Ihr habt recht«, erwiderte er und nickte unglücklich.
    »Doch wie anders wären die Umstände, wenn ich Euch meine Gunst bezeugen würde«, fuhr sie fort. »Dieselben Zungen, die jetzt lästern, würden bald flüstern, daß auch ich Anteil hatte am unzeitigen Tod meines Gatten, und solche Gerüchte würden sehr schnell die Familie meines Gatten in England erreichen. Schon jetzt trachten sie danach, mir seine Ländereien wieder wegzunehmen. Es fehlt ihnen nur noch ein Vorwand dazu. Deshalb hat Sir Daniel ein wachsames Auge auf alles, was ich tue. Guter Ritter, mein Ruf als Frau ist schnell besudelt und dann nicht wiederherzustellen. Unsere einzige Sicherheit liegt in meiner unbeugsamen Feindseligkeit Euch gegenüber, und deshalb bitte ich Euch, ertragt, was Euch jetzt auch bekümmern mag, und denkt statt dessen an die winkende Belohnung.«
    Chris blieb der Mund offen stehen. Sie legte die gleiche innige Vertraulichkeit an den Tag – die tiefen Blicke, die sanfte Stimme, das zärtliche Streicheln im Genick —, die sie auch bei ihm benutzt hatte. Er hatte es als Zeichen dafür genommen, daß er sie verführt hatte. Aber jetzt war klar, daß sie ihn verführt hatte.
    Sir Guy war verdrossen, trotz ihrer Zärtlichkeiten. »Und Euer Besuch im Kloster? Ich hätte es gern, wenn Ihr nicht mehr dorthin geht.«
    »Wie das? Seid Ihr eifersüchtig auf den Abt, Mylord?« fragte sie neckisch.
    »Ich sage nur, ich hätte es gern, wenn Ihr nicht mehr dorthin geht«, erwiderte er stur.
    »Und doch tat ich es aus wichtigem Grund, denn wer das Geheimnis von La Roque kennt, hat Sir Oliver in der Hand. Er muß tun, was man von ihm verlangt, will er das Geheimnis erfahren.«
    »Wie wahr, Mylady, und doch habt Ihr das Geheimnis nicht erfahren«, sagte Sir Guy. »Kennt der Abt es denn?«
    »Ich habe den Abt nicht gesehen«, erwiderte sie. »Er war unterwegs.«
    »Und der Magister behauptet, er kenne es nicht.«
    »Ja, das behauptet er. Doch ich will den Abt noch einmal fragen, vielleicht morgen.«
    Es klopfte an der Tür, eine gedämpfte männliche Stimme war zu hören. Beide drehten sich um. »Das muß Sir Daniel sein«, sagte er.
    »Schnell, Mylord, in Euer Versteck.«
    Sir Guy ging hastig zu der Wand, hinter der sie

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