Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit
lauerten, zog einen Teppich beiseite, und dann mußten sie entsetzt zusehen, wie er eine Tür öffnete und direkt neben ihnen in den schmalen Gang trat. Sir Guy starrte sie einen Augenblick lang an und schrie dann: »Die Gefangenen! Alle entkommen! Die Gefangenen!«
Der Schrei wurde aufgenommen von Lady Claire, die nach Soldaten rief.
Im Gang sagte der Professor zu den anderen: »Wenn wir getrennt werden, geht zum Kloster. Sucht Bruder Marcel. Er hat den Schlüssel zum Geheimgang. Okay?«
Bevor einer etwas erwidern konnte, stürzten Soldaten in den Gang. Chris spürte, wie Hände ihn am Arm packten und ihn grob davonzerrten.
Sie waren wieder gefangen.
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30:10:55
Eine einsame Laute spielte in der Halle, während die Diener die Speisen auftrugen. Lord Oliver und Sir Robert hielten ihre Mätressen an den Händen, tanzten nach dem Takt, den der Zeremonienmeister durch Klatschen vorgab, und lächelten begeistert. Als Lord Oliver nach einigen Schritten eine Drehung machte, um sich seiner Partnerin zuzuwenden, mußte er feststellen, daß sie ihm noch den Rücken zukehrte. Oliver fluchte. »Nur eine Winzigkeit, Mylord«, sagte der Zeremonienmeister hastig und mit gefrorenem Lächeln. »Wenn Euer Gnaden sich erinnern wollen, es geht vorwärts-zurück, vorwärts-zurück, Drehung, zurück, und Drehung, zurück. Wir haben eine Drehung ausgelassen.«
»Ich habe keine Drehung ausgelassen«, sagte Oliver.
»In der Tat, Mylord, das habt Ihr nicht«, sagte Sir Robert sofort. »Es war ein Schnörkel in der Musik, der diese Verwirrung verursacht hat.« Er warf dem Jungen, der die Laute spielte, einen bösen Blick zu.
»Nun denn.« Oliver nahm seine Position wieder ein und streckte dem Mädchen die Hand hin. »Wie geht es?« fragte er. »Vorwärts-zurück, vorwärts-zurück, Drehung, zurück…«
»Sehr gut«, sagte der Zeremonienmeister lächelnd und klatschte wieder den Takt. »Genau, jetzt habt Ihr's…«
Die Musik hörte auf. Lord Oliver drehte sich verärgert um und sah Sir Guy mit Wachen, die den Professor und einige andere umringten. »Was ist denn jetzt?«
»Mylord, es scheint, der Magister hat Gefährten.«
»Äh? Was für Gefährten?«
Lord Oliver ging zu der Gruppe. Er sah den Hainauter, den törichten Iren, der nicht reiten konnte, und eine kleine, aber trotzig dreinblickende Frau. »Was für Gefährten sind das?«
»Mylord, sie behaupten, die Gehilfen des Magisters zu sein.«
»Gehilfen?« Oliver hob eine Augenbraue und musterte die Gruppe. »Mein lieber Magister, als Ihr sagtet, daß Ihr Gehilfen hättet, war mir nicht klar, daß sie sich bereits mit Euch hier in der Burg befanden.«
»Ich wußte es selbst nicht«, sagte der Professor.
Lord Oliver schnaubte. »Ihr könnt keine Gehilfen sein.« Er schaute von einem zum anderen. »Ihr seid um zehn Jahre zu alt. Und heute morgen hörte ich von Euch kein Wort, daß Ihr den Magister kennt… Ihr sprecht nicht wahr. Keiner von Euch.« Er schüttelte den Kopf und wandte sich an Sir Guy. »Ich glaube ihnen nicht, aber ich werde die Wahrheit herausfinden. Doch nicht jetzt. Bringt Sie ins Verlies.«
»Mylord, sie waren im Verlies, als sie entkamen.«
»Sie entkamen? Wie?« Er hob ungeduldig die Hand. »Was ist unser sicherster Ort?«
Robert de Kere kam zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr.
»Mein Turmzimmer? Wo ich meine teure Alice verwahre?«
Oliver lachte auf. »Das ist in der Tat sicher. Ja, sperrt sie dort ein.«
»Wie Ihr befehlt, Mylord«, sagte Sir Guy.
»Diese ›Gehilfen‹ werden meine Gewähr für das Wohlverhalten ihres Herrn sein.« Oliver lächelte düster. »Ich glaube, Magister, Ihr werdet noch lernen, mit mir zu tanzen.«
Die drei jungen Leute wurden grob davongezerrt. Lord Oliver wedelte mit der Hand, und der Lautenspieler und der Zeremonienmeister entfernten sich mit einer stummen Verbeugung. Die Frauen ebenfalls. Sir Robert blieb noch zurück, aber nach einem scharfen Blick von Sir Oliver verließ er ebenfalls den Saal.
Jetzt waren nur noch die Diener anwesend, die die Tische deckten. Ansonsten war alles still im Saal.
»Nun, Magister, was für ein Spiel ist dies?«
»Gott ist mein Zeuge, sie sind wirklich meine Gehilfen, wie ich Euch sagte«, erwiderte der Professor.
»Gehilfen? Einer ist ein Ritter.«
»Er steht in meiner Schuld, und deshalb dient er mir.«
»Ach so? Warum steht er in Eurer Schuld?«
»Ich rettete seinem Vater das Leben.«
»In der Tat?« Oliver ging um den Professor herum. »Wie habt Ihr es
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