Tochter des Glücks - Roman
für eine Heiratsgenehmigung einreichten – ein Prozedere, das in der Stadt viel schwieriger ist als auf dem Land.
»Was ist mit Z. G.?«, fragte ich. »Wird er nicht auch mitwollen?«
Bei der Vorstellung, dass May und Z. G. wieder zusammenkommen könnten, zuckte meine Mutter nicht einmal, so sehr liebte sie Dun.
»Fragen wir Z. G.«, antwortete sie. »Aber ich glaube kaum, dass er uns begleiten will. Du etwa?«
Auch ich fand, das sei kaum anzunehmen, in Anbetracht seiner Berühmtheit hier. In Amerika würde er ganz von unten anfangen müssen. Vielleicht würde meine Mom ihn als Tellerwäscher im Café anstellen. Das konnte ich mir gar nicht vorstellen. Und auch wenn er May eindeutig noch liebt, ein Hase kämpft nie für das, was er will. Er sucht sich jedes Mal den einfachsten, bequemsten und vertrautesten Weg. Und genauso machte es Z. G.
»Es ist besser, wenn ich euch bei eurem Plan helfe«, sagte er.
Er sollte sogar eine entscheidende Rolle spielen, aber das wussten wir damals noch nicht, und meine Mom, die dabei war, den Brief zu schreiben, sagte: »Erwähnen wir das May gegenüber noch nicht. Ich möchte nicht, dass sie enttäuscht ist.«
Als sie mit dem Brief fertig war, steckte meine Mutter das Baby und mich in Tante Mays Bett. Ich hätte mir früher nie vorstellen können, wie sie uns in diesem Moment anschaute. Sie strahlte vor Liebe und Glück. Ich hätte mir auch nie vorstellen können, dass sie Ta-ming erlaubte, sich in ihrem Einzelbett an sie zu kuscheln. Ich sah, dass meine Mutter – endlich – in körperlicher Zuwendung Trost und Ermutigung gefunden hatte, ob sie mich nun umarmte, das Baby tröstete, Ta-ming vor der Dunkelheit schützte oder sich auf ihr neues Leben mit ihrem Professor freute.
Glück aus dem Grauen heraus, so empfand ich das. Als ich versuchte, meiner Mutter das zu erklären, sagte sie von ihrem Bett aus: »Wenn ich dich anschaue, sehe ich eine doppelte Rose – zwei schöne Farben, eine in hellem Gelb, die andere leuchtend rosa. Du bist zur Hälfte May und zur Hälfte ich, und das macht mich sehr glücklich.« Wieder sah sie mich mit ihrem überraschend offenen und zärtlichen, liebevollen Blick an. »Was kann eine Frau sonst noch glücklich machen?«
»Ein Ehemann, der sie liebt, sie unterstützt und sie ermutigt, ein ganzer Mensch zu sein – wie du ihn mit Dad hattest«, antwortete ich. »Und wie du ihn auch in Dun bekommen wirst.«
Meine Mutter hat zwei Männer gefunden, die sie liebten, während ich …
»Es tut mir wirklich leid, dass deine Ehe gescheitert ist«, sagte sie teilnahmsvoll. »Du konntest nicht wissen, was Tao für ein Mensch war.«
Die Antwort darauf sollte lauten: Aber du und Z. G., ihr wusstet es!
Vor meiner Heirat hatte Z. G. mich gewarnt, Tao würde mich nur dazu benutzen, dem Dorfleben zu entfliehen, während Taos Mutter mir oft unterstellte, ich würde ihn ihr wegnehmen und nach Shanghai mitnehmen wollen. Wir wissen jetzt, wer recht hatte. Taos Wunsch ging in Erfüllung: Er ist in Shanghai. Und es lief alles sehr gut für ihn. Nachdem wir wieder etwas bei Kräften waren, hielt die Künstlervereinigung eine Zeremonie ab, um Tao eine Auszeichnung als Vorbildkünstler zu überreichen. Z. G. und meine Mutter sagten mir, ich müsse unbedingt auch daran teilnehmen, denn die Künstlervereinigung habe auch meine Rückkehr in die Stadt unterstützt, und ich würde Taos Geschichte noch interessanter machen. Tao und ich gaben ein jämmerliches Paar ab. Die Kleidung hing schlaff an uns herab. Unsere Augen waren noch dunkle Höhlen. Aber jetzt ist mein Mann so eine Art Berühmtheit. Er erzählt uns und allen, die es hören wollen, dass er die Idee zu dem Wandbild hatte und es dann mit »ein wenig Hilfe« einiger Mitglieder der Kommune gemalt hat. Glücklicherweise ist er oft nicht in der Stadt, weil er als Vorbild-Bauernkünstler durch das Land reist. Im Juli und August besuchte er den Dritten Nationalkongress für Literatur- und Kunstarbeiter in Peking. »Ich war einer von zweitausenddreihundert Kulturdelegierten«, prahlte er bei seiner Rückkehr. »Das Leben der Menschen ist vielfältig. Das sollte sich in der Kunst widerspiegeln. Wir stehen vor einer neuen Blüte!« Das ist kein Grund zur Begeisterung, denn die letzte Blütezeit endete mit der Anti-Rechts-Bewegung. Aber so ist mein Ehemann: ein kleiner Rettich, der denkt, er kenne sich aus.
Doch lange bevor dies alles geschah, sagte meine Mutter einmal zu mir, als wir zusammen in ihrem Zimmer waren:
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