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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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heute bin ich jedenfalls ein Außenseiter.«
    »Und aus gutem chirurgischen Grund – was für Sie eine Erleichterung sein dürfte.«
    »Nein!«
    Mein Zorn galt nicht so sehr seiner gemeinen Lüge als der Art und Weise, wie er mich dazu gebracht hatte, sie zu verneinen. ›Ja‹, hatte Tracey gesagt, ›das mußt du wohl.‹ Und sie hatte sich Sorgen gemacht. Etwas – meine Widerstandskraft? – hielt mich, wenn auch knapp, davon ab, ihn körperlich anzugreifen, während er dort reglos und beobachtend am Ende seiner langen, schwarzen Kette saß.
    »Sie irren sich, Klausen.« Mehr brachte ich nicht über die Lippen. »Glauben Sie mir, Sie irren sich.«
    Endlich bewegte er sich; er hob die Füße, so daß der Sitz langsam herumschwang. »Überzeugen Sie mich«, sagte er.
    »Warum sollte ich mir die Mühe machen?«
    »Weil Sie sich die Mühe gemacht haben, mir überhaupt zu widersprechen. Wir beide wissen: Mein Bericht hat mehr als alles andere dazu geführt, daß Sie den Job bekamen. Wir haben nicht immer gegeneinander gestanden.«
    »Wir haben nie dieselbe Sprache gesprochen«, sagte ich, ohne ihm zu antworten.
    »Ich bin sicher, Sie wissen, Roddie, daß Ihre Entfremdung im Grunde nicht von anderen Menschen, sondern von Ihnen selbst ausgeht.«
    »So steht’s in den Büchern.«
    »Bücher haben oft recht.«
    Seine pathetische, priesterhafte Selbstgefälligkeit störte mich nun nicht mehr. »Deshalb bin ich also hier? Damit Sie mir sagen können, wie sehr ich mich selbst hasse?«
    »Ihnen zu sagen, was Sie bereits wissen, ist eine Sache – Sie dazu zu bringen, es zuzugeben, eine andere.«
    Einmal hatte mich dieser unglaubliche Mann hereingelegt. Aber damals hatte er natürlich etwas, das ich brauchte… Ich erwischte mich dabei, wie ich meinen Hintern von einer schwabbeligen Seite auf die andere verlagerte, immer wieder.
    »Erkenne dich selbst, sagt der Prophet.« Außerdem war der verdammte Stuhl hart – was wollte er also? »Was interpretiert bedeutet, Klausen, masturbiere, was du kannst.«
    Er tat, als habe er das alles schon mal gehört. »Ich bezweifle freilich, daß Sie das noch können, wenn Vincent dauernd zusieht.«
    »Der braucht das gar nicht zu wissen. Ich kann den Ton leise stellen und woanders hinschauen.«
    Zu spät erkannte ich, daß er zumindest diesen Punkt für sich buchen konnte. Doch er sah großzügig darüber hinweg. »Haben Sie den Ton leise gestellt, ehe Sie hier hereinkamen?« fragte er.
    »Ich habe das Gerät gar nicht um. Es mußte für die Ärzte runter, und da hab’ ich’s noch nicht wieder angelegt.«
    »Das freut mich.« Er hievte sich aus dem Hängesessel und brauchte jetzt offenbar eine Pause. Er ging zum Fenster. Die Klinik hatte einen Klinikgarten, einen Klinikbrunnen, Klinikbäume. »Ihre Widerstandskraft«, sagte er zum Klinikgras, »wird auf die Probe gestellt werden. Ich wollte Ihnen nur begreiflich machen, in welchem Ausmaß.«
    Er erwartete eine Antwort, erhielt jedoch keine.
    »Das ist alles, Roddie. Ich wollte, daß Sie verstehen, wie groß die Belastung wird, die auf Sie zukommt.«
    Mein Schweigen bemitleidete ihn. Mein Gott, dieser Klausen widerte mich an.
    »Ich glaube, Sie wissen ohnehin Bescheid. Sie sind kein Narr, Roddie. Sie verstehen mich sehr gut. Ich hoffe, Sie schaffen es.«
    Da er fertig zu sein schien, stand ich auf und zog ab. Es wollte mir scheinen, daß die Punkte zuletzt ziemlich gleichmäßig verteilt waren. Und ich mußte arbeiten, während er anscheinend über viel Zeit verfügte. Nach dem Mittagessen hatte ich eine Verabredung mit Clement Pyke, dem Vater der einzig wahren Katherine Mortenhoe.
     
    Als Katherine zum Schloß kam, war es fast überfüllt mit Kindergruppen und Abendschichtarbeitern, die den sonnigen Vormittag vertrödelten. Innerhalb der Mauern durfte man sich nur im Kielwasser der viertelstündlichen Führungen bewegen. Sie und Harry warteten in der Schlange und schlossen sich dann einer Gruppe an – über die Zugbrücke mit dem Schild ›Zugbrücke‹, durch den Gefängnisturm, als ›Gefängnisturm‹ beschildert, um den abgeseilten und beschilderten Innenhof und in den ebenfalls mit Schildern übersäten, großen Saal. Sie schritten langsam aus und achteten auf einen möglichst großen Abstand zu dem kreischenden Lautsprecher des Fremdenführers.
    In der Waffenkammer – als ›Waffenkammer‹ beschildert – hinter dem großen Saal mußten sie lange warten, während die Leute die berühmte Wendeltreppe mit den dreihundert Stufen

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