Todesdrang: Thriller (German Edition)
heranzulassen. »Sonst noch etwas?«
Daum kratzte sich die Bartstoppeln am Kinn. »Ich weiß, es klingt ein wenig seltsam, aber die Haare des Opfers wurden mit gelber Farbe besprüht.«
Becker senkte die Augenbrauen. »Irgendeine Ahnung, was das bedeuten könnte?«
Daum zuckte mit den Schultern. »Nicht die geringste.«
»Also wenn ihr mich fragt«, mischte sich Kommissar König ein, der mittlerweile zu ihnen gestoßen war, »würde ich sagen, der Täter offenbart uns damit sein Motiv.«
»Und was veranlasst dich zu dieser erstaunlichen Theorie?«, fragte Becker.
»Farben wurden schon sehr früh dazu benutzt, um emotionale Zustände zu beschreiben«, sagte König. »In der Farbsymbolik des Mittelalters, zum Beispiel, stand die Farbe Gelb für Neid und Verrat.«
Becker und Daum sahen ihren Kollegen verdutzt an.
»Ich habe ein gewisses Faible für Computerspiele, die in dieser Epoche angesiedelt sind«, sagte König kleinlaut. Als sein Handy klingelte, hob er entschuldigend die Hand und entfernte sich wieder von den beiden.
»Tja«, meinte Daum, während er König argwöhnisch hinterherblickte, »wenn wir diese höchst wissenschaftliche These einmal in Betracht ziehen, dann könnte es durchaus sein, dass hier jemand zum Schweigen gebracht wurde.«
»Organisierte Kriminalität?«, fragte Becker ungläubig. »Habt ihr denn irgendwelche Hinweise darauf gefunden? Drogen, Waffen oder dergleichen?«
Daum schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Vielleicht will jemand auch nur, dass es so aussieht«, sagte Becker. »Was ist mit der anderen Leiche?«
»Mit ihr hat der Täter sich weniger Zeit gelassen.« Er musste niesen, griff erneut nach dem Taschentuch und schnäuzte sich die Nase. »Laut dem Ausweis, den wir in seinen Sachen gefunden haben, lautet der Name des Opfers Christian Kuhn, 32 Jahre alt. Seine Identität konnte jedoch noch nicht einwandfrei bestätigt werden.«
»Und weshalb nicht?«
»Sein Kopf fehlt.«
Becker stieß einen leisen Pfiff zwischen den Zähnen aus. »Hier scheint sich ja jemand richtig ausgetobt zu haben.«
»Das kannst du laut sagen«, sagte Daum. »Der Rest des Opfers ist über zwei Räume verteilt. Arme und Beine haben wir in der Badewanne gefunden. Zerlegt wurde der Körper allerdings im Büro des Hauseigentümers, in dem wir auch die Tatwaffe gefunden haben. Eine Motorsäge.«
»Heilige Scheiße«, entfuhr es Becker. Dieser Fall schien selbst seine Vorstellungskraft an ihre Grenzen zu führen. »Da hat wohl einer zu viele schlechte Filme gesehen.«
»Ich musste bereits einen meiner Mitarbeiter nach Hause schicken«, sagte Daum. »Der hätte mir sonst hier alles vollgekotzt.«
»Eine solche Säge macht doch einen ziemlichen Lärm«, sagte Becker. »Das muss doch jemandem aufgefallen sein.«
»Nicht unbedingt«, sagte Daum. »Das hier sind massive Mauern, kein Leichtbau. Und das Haus grenzt auf dieser Seite an kein Nachbargebäude. Hinter dem Garten sind dann nur noch freie Felder. Ich denke nicht, dass da viel nach außen gedrungen ist, zumal das Ganze nicht lange gedauert haben kann.«
»Könnt ihr denn schon was über den genauen Todeszeitpunkt sagen?«
»Hier drin herrschen Temperaturen wie in einem Kühlschrank«, sagte Daum. »Der Gerichtsmediziner konnte sich bislang nur auf einen groben Zeitraum zwischen drei und zwölf Stunden festlegen. Für eine genauere Bestimmung sind weitere Untersuchungen nötig. Aber selbst die dürften uns keine exakte Klarheit bringen. Es hat den Anschein, als wollte sich der Täter einen zeitlichen Spielraum verschaffen, indem er hier alle Türen und Fenster aufgerissen hat.«
»Könnten es auch mehrere Täter gewesen sein?«
»Zumindest ist das nicht auszuschließen«, sagte Daum. »Wir haben zwei verschiedene Schuhabdrücke gefunden. Die einen stammen von einem ziemlich groben und ausgeprägten Profil, das wir den Stiefeln im Schlafzimmer zuordnen konnten. Diese verteilen sich quasi über das gesamte obere Stockwerk und stammen eindeutig vom Täter. Die anderen fanden wir dagegen nur im Büro, in dem auch die Leiche zerteilt wurde. Allerdings war das Blut, in dem die Abdrücke hinterlassen wurden, schon zum Teil geronnen, was darauf schließen lässt, dass sich die betreffende Person einige Zeit nach dem Mord dort aufgehalten hat.«
»Das würde sich immerhin mit den Angaben der Kollegen decken«, sagte Becker. »Auf deren Wache wurde gegen halb vier anonym ein Einbruch unter dieser Adresse gemeldet. Der männliche Anrufer sprach von einer
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