Todesdrang: Thriller (German Edition)
antrat, beschlich ihn das untrügliche Gefühl, auf der dunklen Seite angekommen zu sein.
Schon von Weitem fiel ihm der hell erleuchtete Innenhof seines Hauses auf. Im Vorbeifahren erkannte Dirk drei Autos. Und er hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass es zivile Fahrzeuge der Polizei waren. Er sah zwei Männer aus der offenen Tür des Hauses kommen. Der eine hielt einen Karton in den Händen, der vermutlich voll war mit Unterlagen, die sie beschlagnahmt hatten. Der andere Mann trug Dirks Computer die Treppe hinunter und brachte ihn zu einem der Fahrzeuge. Auch die Garage stand offen und war beleuchtet.
Dirk beschleunigte seine Fahrt. Trotz seiner totalen Erschöpfung begann die dunkle Seite seiner selbst in ihm zu arbeiten. Er würde sich bald auch von dem Auto trennen müssen, da wahrscheinlich schon danach gefahndet wurde. Aber wo sollte er jetzt hin? Er musste sich irgendwo verstecken. Doch ganz ohne fremde Hilfe würde er nicht weit kommen. Und er kannte im Moment nur einen Ort, wo er diese finden konnte.
Er bog in Richtung Ortskern ab und parkte den Wagen in einer Nebenstraße. Dort würde er vorerst niemandem auffallen. Und vor allem konnte die Polizei so keine Schlüsse daraus ziehen, wohin er verschwunden war. Nachdem er eine Stunde gewartet hatte, stieg er aus und humpelte frierend zurück zu seinem Haus.
Niklas Weber betrat seinen Vorgarten an diesem Abend später als gewöhnlich. Es war halb neun, als er den Müll rausbrachte. Erst vor einer halben Stunde hatten sie zu Abend gegessen, und sein Appetit war nicht sonderlich groß gewesen. Die beunruhigenden Vorgänge im Haus seines Nachbarn waren ihm auf den Magen geschlagen. Gut eineinhalb Stunden waren vergangen, seit die Polizei an seiner Tür geklingelt und ihn über seinen Nachbarn ausgefragt hatte. Wie sein Verhältnis zu ihm sei? Wann Dirk üblicherweise nach Hause komme? Wie er zu seiner Familie gestanden habe? Ob ihm irgendetwas an seinem Verhalten aufgefallen sei? Anschließend hatten sie ihm einige Fotos gezeigt. Beängstigende Fotos, von blutverschmierten Gegenständen, die er eindeutig Dirk zuordnen konnte. Darunter auch dessen Motorsäge, die er anhand des Aufklebers sofort erkannt hatte. Auf seine Frage, was denn um Himmels willen passiert sei, waren die Kriminalbeamten nicht eingegangen. Stattdessen hatten sie ihn gebeten, sich vorübergehend Dirks Hund anzunehmen, da er die Beamten bei der Hausdurchsuchung behindere.
Nun war das Haus wieder verdunkelt und die Autos verschwunden. Sorgenvoll betrachtete Niklas das Nachbargrundstück, während er sich seine Mütze aus der Stirn schob und einen Zigarillo rauchte. Von seiner letzten Begegnung mit Dirk hatte er den Polizisten nichts erzählt, denn er hatte seinen Nachbarn noch nie zuvor so berechnend und gefühlskalt erlebt. Aber er konnte sich nicht vorstellen, dass Dirks Veränderung allein mit dem Tod seines Sohnes zu tun hatte. Nach einem solchen Schicksalsschlag war es zwar durchaus normal, dass man sich zurückzog. Dirk jedoch schien eher wütend als traurig gewesen zu sein.
Sein Blick fiel auf Cookie, der lustlos vor seinen Füßen im Schnee hockte. Niklas beugte sich zu dem Hund hinab und kraulte ihm den Kopf. »Du vermisst dein Herrchen, nicht wahr?« Cookie sah traurig zu ihm auf. »Ja, ich hoffe auch, dass es ihm gut geht.« Wieder fiel Niklas’ Blick auf das verdunkelte Nachbarhaus.
Plötzlich vernahm er hinter sich ein Geräusch. Auch Cookie schien es bemerkt zu haben, denn er fing an zu knurren und zog an der Leine. Niklas fuhr herum und griff sich an die schmerzende Hüfte. Zunächst konnte er im Licht der Straßenleuchten nichts erkennen, doch dann fielen ihm die frischen Spuren im Schnee auf, die seitlich am Haus entlangführten.
»Ist da jemand?«, rief er in das zwielichtige Dunkel hinein, während Cookies Knurren in ein Kläffen überging. Dann verstummte der Hund plötzlich und wedelte freudig mit dem Schwanz, als er eine vertraute Stimme hörte.
»Ich bin’s nur«, drang es schwach und flüsternd zu ihnen herüber.
Niklas erkannte die dunkle Kontur eines Mannes, der hinter dem Stamm eines Obstbaumes hervortrat. »Dirk?«
»Nicht so laut. Ich bin nicht sicher, ob die mein Haus observieren.« Er deutete auf den rückwärtigen Teil des Grundstücks.
Niklas verstand die Geste und nickte eifrig. Er packte Cookie, der sich kaum noch beruhigen ließ, und ging ins Haus. Eilig hastete er durch den Wohnraum, wo seine Frau vor dem Fernseher saß.
»Was ist denn
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