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Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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mir.
    »Wir dürfen trotz allem seine Waffe nicht vergessen«, sagte ich. »Wir müssen versuchen, ihn im Freien zu stellen, vielleicht hat er dann Angst, sie einzusetzen.«
    »Wir müssen das Mädchen vor ihm schützen«, sagte John. »Das hat Vorrang vor allem anderen.«
     
    Wir steuerten geradewegs Rachels Haus an. Sahen keinen Corolla, nur die uns schon bekannten vergammelten Chevys und Oldsmobiles. Ein Stück die Straße hinunter putzte ein Mann die Fußmatten seines Wagens; er war der einzige sichtbare Mensch weit und breit.
    Bei der Ankunft vor Rachels Haus sprang John bereits aus dem Wagen, noch ehe ich angehalten hatte, hastete auf die Haustür zu. Ich eilte hinter ihm her, rief: »Langsam, langsam!« LuEllen folgte mir dichtauf, und wir versuchten, zu John aufzuschließen, aber er hatte zehn Meter Vorsprung, und wir wollten nicht laufen, denn das erregt Aufmerksamkeit …

    Dann war John an der Tür, klopfte nicht an, warf sich mit der Schulter dagegen, und dann verschwand er in der Wohnung, und ich hörte ihn »Heh, heh!« rufen, und dann war ich vom Halbdunkel im Inneren umfangen und blinzelte … John stand ein Stück weit in dem kleinen Wohnzimmer, Rachel Willowby saß an dem Küchentisch vor ihrem Laptop, und Carp stand dicht neben ihr.
    Er hatte seine Waffe in der Hand.
    »Wer seid ihr Arschlöcher?«, schrie er uns entgegen.
    »Freunde von Rachel«, antwortete John. »Wir sind Freunde von Rachel, und sie hat uns mitgeteilt, sie wär’ in Schwierigkeiten …«
    »Das da soll ein Freund von Rachel sein?«, fauchte Carp und wedelte mit dem Lauf der Waffe in meine Richtung. »Was zum Teufel hat der Typ hier zu suchen? Und wer ist das da?« Er sah an mir vorbei auf LuEllen, die um den Türrahmen lugte und jetzt sagte: »Wir haben einen Notruf abgesetzt, die Cops sind schon unterwegs.«
    Carp schaute nervös zur Hintertür am Ende der Küche, ließ die Zunge über die Oberlippe gleiten. »Klar, ihr Typen seid von der Arbeitsgruppe. Sagt Krause, er soll mich in Ruhe lassen, oder ich geh’ mit Sprengsätzen auf sie los! Ich sprenge den ganzen Sauhaufen in die Luft!«
    »Was? Was für eine Arbeitsgruppe? Wovon reden Sie da?«, fragte John. Er machte einen Schritt auf Carp zu, sah jedoch zu mir herüber. Noch war Carp nicht in Johns Reichweite.
    »Krause!«, schrie Carp.
    »Was?«, schrie John zurück. Und schob sich noch ein Stück auf Carp zu.
     
    Carp schoss auf ihn.
    Seine Waffe war eine 22er, aber selbst ein Schuss aus so einer kleinen Waffe dröhnt wie ein Kanonenschuss in einem
kleinen Raum wie diesem. Das Mündungsfeuer zuckte durch das Halbdunkel, und John taumelte und stürzte zu Boden, und Carp verschwand durch die Küche und die Hintertür hinaus ins Freie. Ich rannte ihm nach, bis zur Tür, sah ihn über das Grundstück auf die Lücke zwischen zwei Doppelhäusern zulaufen. Er hat seinen Wagen in der Parallelstraße abgestellt, dachte ich. Er lief schwerfällig, und ich erkannte, dass ich ihn einholen konnte, machte zwei schnelle Schritte durch die Tür, aber LuEllens Stimme stoppte mich: »Kidd!«
    Ich ging zurück ins Wohnzimmer.
    »John ist verletzt«, sagte LuEllen. »Wir müssen schleunigst von hier verschwinden.«
    Rachel saß wie erstarrt vor ihrem Laptop. John war wieder auf die Füße gekommen, stand vor Rachel, klammerte die linke Hand um den rechten Oberarm, sagte zu dem Mädchen: »Hör zu, ich bin ein ziemlich netter Kerl, ich wohne ein Stück weiter nördlich am Mississippi, ich habe zwei Kids und eine nette Frau. Wenn du willst, kannst du mit mir kommen und bei uns bleiben, bis wir deine Mutter gefunden haben. Aber du musst dich sofort entscheiden.«
    Rachel sah lange drei Sekunden zu John hoch, dann zog sie das Laptopkabel aus der Steckdose. »Ich komm’ mit. Muss nur noch meine Tasche packen.«
     
    Der Schuss war mitten in Johns rechten Oberarmmuskel eingedrungen. Die Kugel schien den Knochen nicht durchschlagen zu haben, hatte ihn wahrscheinlich jedoch angeritzt. Das Geschoss steckte noch im Arm, und auf dem Weg zum Wagen waren Johns Schritte unsicher: starker Adrenalinstoß nach der Auseinandersetzung mit Carp, gefolgt von einem leichten Schockzustand. Es herrschte noch helles Tageslicht, aber man schien uns nicht viel Aufmerksamkeit zu schenken – wir hörten den Verkehrslärm von der Hauptstraße, das Brummen eines
Flugzeugs über uns und Musik aus einem der Nachbarhäuser; zu sehen war niemand. Ich habe einmal die Theorie gehört, man könne einen Schuss aus einer

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