Todesspiel
eine Waffe hatte, und trotzdem … Warum habt ihr nicht die Cops gerufen? Ich scheiße auf diesen verdammten Laptop! Was ist nur in euren dämlichen Köpfen vorgegangen? Habt ihr da überhaupt was drin? Schaut euch diesen Blödmann da am Küchentisch mit seinem dicken Verband an: Er sitzt da und grinst dümmlich wie so ein Wassermelonen fressender schwarzer Clown in einem verdammten Wanderzirkus. O Herr, warum legst du deiner Dienerin eine so beschissene Last auf die Schultern? Warum nur, o Gott …?«
Na ja, irgendwie konnte man das verstehen.
John ging es gut, auch wenn George Recht behielt: Der Arm schmerzte höllisch. Auch Rachel ging es gut. Sie und Marvel waren zu einem Einvernehmen gekommen, wie der Aufenthalt des neuen Familienmitglieds zu gestalten war. Das Mädchen saß neben John am Küchentisch, löffelte ein Creme-Joghurt und genoss Marvels zornigen Auftritt. Nachdem wir Marvel beruhigt hatten – »beruhigen« traf nicht exakt zu, »ein wenig ruhiger machen« wäre der richtigere Ausdruck -, fuhr ich zurück zum Motel und machte weiter damit, Carps Laptop zu durchforsten, indem ich online ging und nach Namen, Orten, Daten suchte. LuEllen besuchte einen befreundeten Farmer auf der anderen Seite des Flusses. Am frühen
Nachmittag kam sie zurück und berichtete mir, dass die Norwalk-Virus-Sache Furore machte und kaum mehr etwas anderes in den TV-Nachrichten zu sehen war.
»Es ist wie in den Tagen nach dem elften September«, sagte sie. »Schreckliche Sache.«
Ich arbeitete weiter, da mir nichts einfiel, was ich sonst tun könnte.
Zwei Drittel der Namen in der PalmPilot-Sync-Datei waren über Google zu identifizieren: Ich gab den jeweiligen Namen ein, und die Information erschien auf dem Screen. Die meisten Namen standen in Verbindung mit dem Nachrichtendienstkomitee des Senats und bezogen sich auf kleinere politische Fische im Teich von Washington. Andere Namen gehörten zu Leuten aus Carps dienstlichem Umfeld, und nur einige wenige schienen sich auf persönliche Bekannte oder Freunde zu beziehen.
Es war am schwersten, über diese persönlichen Namen Informationen zu erhalten. Zwölf solcher Namen standen in der Datei; mit Google bekam ich nur über acht davon Auskünfte, aber ich konnte – bis auf seinen Zahnarzt – bei keinem irgendeine Verbindung zu Carp herstellen.
Die DDC - Arbeitsgruppe Bobby blieb ein Rätsel.
»Wir stehen vor einer unüberwindlichen Barriere«, sagte ich. Wir saßen in Johns Wohnzimmer beisammen, LuEllen, John und ich. Marvel war zum Rathaus gefahren, schmiedete mit ihren Stadtrat-Genossen das nächste kommunistische Komplott. Rachel hatte sie mitgenommen, und die beiden Kids machten ein Mittagsschläfchen.
»Könnten wir nicht das Computersystem von CNN hacken und bei der nächsten Attacke rausfinden, von wo sie gestartet wird?«, fragte John.
Ich schüttelte den Kopf. »Das würde nur gehen, wenn wir den Telefonanschluss lokalisieren könnten, über den er aktiv wird. Man müsste dazu tausende von Anrufen abhören.«
»Über seine Adresse kann man keine Rückschlüsse ziehen?«
»Nein, natürlich nicht. Er ist ja nicht dumm oder leichtsinnig. Er braucht sich nur ein Wi-Fi-System zu basteln, wie ich es getan habe, und seine Botschaften unter einer nur für diesen Zweck zugelegten E-Mail-Adresse zu verschicken. Ich bin ziemlich sicher, dass er das macht, denn sonst hätten die Feds ihn inzwischen längst geschnappt. Er ist wie Bobby – er kommt aus dem Nichts.«
LuEllen stellte die Schlüsselfrage: »Was denkst du über ihn?«
Ich antwortete: »Er könnte tatsächlich ein durchgedrehter Irrer sein. Er hat seinen Job verloren, er hat Bobby ermordet, er hat kein Geld und ist völlig verschuldet, er scheint keine Freunde zu haben, Frauen mögen ihn nicht, seine Mutter ist vor kurzem gestorben, und er meint, sein Anwalt hätte ihn bei der Erbschaft über den Tisch gezogen.«
»Viel auf einmal«, sagte John. »Vielleicht stellt sich auch noch raus, dass sein Hund ihm entlaufen ist.«
Wir diskutierten noch weiter über die Sache, fassten dann den Entschluss, uns mit Lemon, Bobbys Nachfolger, in Verbindung zu setzen. Unter anderem musste ich ihm sagen, dass Bobby tot war, falls er das noch nicht wusste, darüber hinaus galt es, ein Routineverfahren für unsere zukünftigen Kontakte abzusprechen. Außerdem wollte ich mich über den Fortgang der FBI-Ermittlungen informieren.
Am Abend fuhren LuEllen und ich nach Greenville und suchten uns ein Lagerhaus
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