Todesspiel
LuEllen strich mit den Fingerknöcheln an meiner Wirbelsäule entlang, und ich seufzte wohlig: »Mann, tut das gut!«, aber sie hörte plötzlich auf, lehnte sich vor, las den Text.
»Was ist los?«
»Da stimmt was nicht«, sagte sie. »Wie kommst du zum nächsten Kapitel?«
Ich klickte »Chapter2« auf der Inhaltsangabe an. Sie las einen Moment, sagte dann: »Strom hat das da nicht geschrieben. Das ist ein Roman von Janet Evanovich. Ich habe ihn vor ungefähr zwei Jahren gelesen.«
»Tatsächlich?«
»Ja.« Sie streckte den Finger aus, berührte den Bildschirm,
was sie manchmal tat und dabei zu meinem Zorn ölige Fingerabdrücke auf dem Screen produzierte. »Kann man heutzutage Romane als Computerdateien kaufen?«
»Ich weiß nur, dass Romane für die kleinen PalmPilots angeboten werden … E-Books. Ich wusste nicht, dass sie auch im Word-Format zu haben sind. Der Anbieter klaut sie dem Herausgeber wahrscheinlich.«
Sie wandte sich wieder meinen Schultermuskeln zu. »Ich könnte ein Buch nicht auf diese Weise lesen«, sagte sie. »Kids können das aber wahrscheinlich. Verstehst du, junge Leute, die schon als Babys ihren ersten Computer hatten.«
»Du hast Recht, keine angenehme Art und Weise, ein Buch zu lesen«, sagte ich. »Höchstens gut fürs Nachschauen bei Querverweisen oder so was.« Ein Gedanke zuckte in meinem Kopf auf, und ich sagte: »Mach mal eine Pause. Ich muss mir was ansehen.« Ich brauchte einige Minuten, die Kapitel zu einer einzigen großen neuen Datei zusammenzufügen, ließ dann eine Suche nach dem Zahlenzeichen 1 laufen, aber das brachte nichts ein: Es kamen keine Folgezeichen eines Passworts dabei heraus.
Auch bei der 2 Fehlanzeige, aber dann, mit der 3, landete ich zwei Volltreffer: 39 @ 1czt8 * p * und 115f4 ! 351p0.
»Strom hat ihre Passwörter in dem Roman versteckt!«, stieß ich aus. Mein Erfolg ließ ein Gefühl aufkommen wie an Weihnachten, und ich lachte laut. »Verdammt clever! Über den kleinen USB-Stick, den sie in der Handtasche mitführen kann, hat sie in Verbindung mit ihrem Laptop jederzeit und überall Zugang zu den Passwörtern, und man muss erst mal darauf kommen, dass sie sie in dem Roman versteckt hat!«
»Wobei ich mich frage, ob sie Janet Evanovich um Erlaubnis gebeten hat«, sagte LuEllen. Aber sie war sehr zufrieden mit sich selbst; ich erkannte das nicht zuletzt auch daran, dass sie mich aufs Bett zerrte …
Später fuhren wir wieder zu unserem Wi-Fi-Gelände und öffneten Stroms Account. Ich hatte zwei Passwörter zur Auswahl.
»Du weißt nicht, welches das Richtige ist?«, fragte LuEllen. Wir saßen in einem dunklen Bereich am Straßenrand im Wagen.
»Nein, das kann ich nicht erkennen.«
»Dann machen wir das Schere-Papier-Stein-Spiel. Du bist das erste Passwort, ich das zweite.«
Wir machten das Fingerspiel, drei Runden, und LuEllen gewann. Ich gab das zweite Passwort ein, und der Computer knackte auf wie ein Ei.
»Wow!«, sagte ich.
Bei jedem Menschen gibt es wahrscheinlich Momente im Leben, in denen er das Gefühl hat, in Alices Kaninchenhöhle gefallen zu sein. Mich überfiel dieses Gefühl, als ich in DDC - Arbeitsgruppe Bobby eindrang.
Als Erstes stellte ich fest, dass DDCWG – Deep Data Correlation Working Group, meist abgekürzt DDC – die offizielle Bezeichnung war, ohne den Zusatz »Bobby«, wenngleich Bobby in den Unterlagen dieser »Arbeitsgruppe zur Herstellung von Wechselbeziehungen zwischen fundamentalen Datenbanken« eine bedeutsame Rolle spielte. Die DDC-Arbeitsgruppe, so schien es, hatte den Auftrag, ein aktuelles Erprobungsprogramm für ein ganzes Paket von Anti-Terrorismus-Maßnahmen, zusammengestellt vom Militär und den verschiedenen Geheimdiensten, zu entwickeln. Einer der Tests bestand darin, Bobby mithilfe einer ganzen Phalanx von Internet-Prüfmechanismen und -Überwachungsmaßnahmen aufzuspüren.
Ich öffnete eine Datei mit der Bezeichnung South und stieß auf eine ausführliche Abhandlung, dass Bobby wahrscheinlich
in Louisiana lebte, da eine Analyse des Namens DuChamps auf eine »Cajun«-Abstammung – einen Einwohner Louisianas französischer Herkunft – schließen lasse, nachdem andere Analysen bereits ergeben hatten, dass er vermutlich in einem der Golf-Staaten wohne.
In der Datei war jedoch auch das Gegenargument festgehalten, dass Bobby in rassischen Angelegenheiten aktiv und vermutlich Schwarzer sei, daher keinesfalls ein Cajun.
»Sie kamen dem Kern der Sache näher, hatten aber keine Vorstellung,
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